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Seite 2: Bemerkenswerte Reaktionen

Spiel­ab­sage, Fest­nahmen, Pyro­technik, Ver­let­zungen, Platz­sturm – nor­ma­ler­weise wäre der Auf­schrei groß gewesen und die Schlag­zeilen vor­ge­druckt: Eine neue Welle der Gewalt? Die Rück­kehr der Hoo­li­gans? Eine Bedro­hung der Fuß­baller? In Eng­land geschah am Sonntag aller­dings etwas Bemer­kens­wertes: TV-Experten, Ex-Spieler, Jour­na­listen und Poli­tiker begeg­neten den Vor­fällen dif­fe­ren­ziert.

Man­ches­ters Bür­ger­meister ver­ur­teilte die Gewalt, sagte aber: Das könnte der rich­tige Moment sein, um den Fuß­ball zum Bes­seren zu ver­än­dern.“ Pre­mier­mi­nister Boris Johnson kri­ti­sierte Aus­schrei­tungen, äußerte aber eben­falls, dass er die Anliegen der Fans nach den Super League-Plänen ver­stehe. Man Uniteds Legende Roy Keane sagte bei Sky“: Es sind immer ein paar Idioten dabei, aber viel wich­tiger: Die Fans stehen für ihren Klub auf und erheben ihre Stimme.“ Keane konnte sich sogar den Scherz nicht ver­kneifen, dass die Pyro­fackel und die Dosen ja nur in Rich­tung von Jamie Car­ragher geworfen worden seien – eben jener Liver­pooler Legende, die im Sta­dion des Rivalen das Spiel ana­ly­sieren sollte.

Alle Fuß­ball­fans sollten sich hinter Uniteds Fans ver­sam­meln“

Gary Neville

Car­ragher redete sich sogleich in Rage, um Man­ches­ters Fans zu ver­tei­digen: Ich habe es schon als kleiner Junge erlebt, dass wegen ein paar Idioten alle Fans kri­mi­na­li­siert und zu Tieren erklärt werden. Die über­wie­gende Mehr­heit hat hier fried­lich pro­tes­tiert, weil sie sauer darauf ist, wie ihr Klub zer­stört wird. Ihr Anliegen darf jetzt nicht in den Hin­ter­grund rücken.“ Neben ihm hielt Ex-United-Spieler Gary Neville dann fast schon eine pas­to­rale Rede: Heute herrscht Zorn, aber ich hoffe, dass es morgen umschlägt in Mobi­li­sie­rung, Reform und Regu­lie­rung. Alle Fuß­ball­fans sollten sich hinter Uniteds Fans ver­sam­meln.“ Als Mode­rator Dave Jones spöt­tisch fragte, ob nun alle Fans für Spiel­ab­sagen sorgen sollten, kan­zelte ihn Neville mit den Worten ab: Lass mich aus­reden. Jetzt ist nicht die Zeit für Unter­bre­chungen.“

Neville machte in der Folge auf einen wich­tigen Punkt auf­merksam: Die Super League“ war nicht der erste Plan von gie­rigen Klub­be­sit­zern im Corona-Jahr. Unter dem Titel Big Pic­ture“ hatten die großen Ver­eine unlängst eine Ligen­re­form initi­iert, mit der sie ihre Stimm­rechte erwei­tern wollten. Das Pro­jekt wurde aller­dings von den anderen Ver­einen abge­schmet­tert. Ever­tons Vor­sit­zende Denise Bar­rett-Baxendale soll gar eine Ent­schul­di­gung der trei­benden Kräfte aus Liver­pool und Man­chester ver­langt haben. Dabei hätte ihr Klub vom Big Pic­ture“ pro­fi­tiert. Neben diesen Pro­jekten stießen die eng­li­schen Ver­eine außerdem Extra­zah­lungen fürs Pay-TV an oder bean­tragten Corona-Hilfen vom Staat, obwohl sie gleich­zeitig Rekord­um­sätze ver­mel­deten. Die Ent­frem­dung zwi­schen Ver­einen und Fans wuchs genau zu der Zeit, als die Fans sich nicht im Sta­dion dazu äußern konnten.

Fan-Themen werden nun in einer brei­teren Öffent­lich­keit behan­delt

Bei all den kruden Plänen regte sich ihr Wider­stand vor allem in den sozialen Netz­werken. Nach den Mel­dungen über die Super League“ und den Vor­fällen vom Sonntag scheinen die Fan­themen nun in einer brei­teren Öffent­lich­keit behan­delt zu werden. Der Auf­ruhr brachte die Aus­ein­an­der­set­zung (mit den Anliegen). Auch das erscheint als eine kuriose Volte der ver­gan­genen Wochen. Joe Smith, ein United-Fan, der am Sonntag fried­lich vor dem Sta­dion pro­tes­tiert hatte, sagte der BBC: Ich will weiß Gott nicht, dass jemand ver­letzt wird. Wir alle wollen einen fried­li­chen Pro­test. Aber in den ver­gan­genen Jahren haben wir erlebt, dass bei einem fried­li­chen Pro­test nie­mand auch nur eine Augen­braue hebt.“ Das scheint nun anders zu sein.