Einst ließen wir Profis Fußballfloskeln nachstellen. Spaßvogel Pierre Littbarski ließ sich die Gelegenheit natürlich nicht entgehen. Und ließ mal wieder zwei aussteigen.
Ron Ulrich, Redakteur:
Viele Ideen für Heftartikel entstehen beim Mittagessen – und aus den privatesten Unterhaltungen. Das wollen wir an dieser Stelle besser nicht vertiefen, sondern uns auf einen speziellen Dialog konzentrieren. Beim obligatorischen Gang zum Pizzamann fragte ich den Kollegen Andreas Bock, was denn seine Freundin beruflich mache. Er entgegnete: „Sie ist Regisseurin.“
„Sie führt Regie? Also wie Uwe Bein?“
„Uwe Bein war Regisseur?“
„Hallo? Uwe Bein war jahrelang Mittelfeldregisseur.“
Ein flacher Gag, wie er sich leider zu oft bei uns ereignet und eigentlich keine weitere Beachtung verdient. Wenn es da nicht den Kollegen Stephan Reich geben würde, der in diesem Leben vor allem Queen und Hackfleisch mag, aber noch viel mehr: flache, durchschaubare Gags und Uwe Bein. Am Vorabend des Pokalfinales 2017 stand ich also bei einem Bierchen mit Stephan Reich zusammen und erzählte ihm vom Dialog mit Andreas Bock. Während andere Menschen müde und mitleidig gelächelt hätten, war Reich sofort Feuer und Flamme. Er ergänzte:
„Stark. Viele wissen ja auch nicht, dass Uwe Bein mal Arzt war.“
„Warum?“
„Na, er hat schließlich im Mittelfeld die Fäden gezogen.“
Und so ging es in den nächsten Minuten weiter. Uwe Bein war ja auch im Tourismus beschäftigt, weil er Anthony Yeboah regelmäßig auf die Reise schickte. Uwe Bein arbeitete in der Küche, wo er mit seinen Pässen ganze Abwehrreihen filetierte. Uwe Bein musste auch zur Diabetes-Vorsorge, weil alle seine Pässe Zucker waren.
Dann kam uns die Idee: „Ey, das müsste man mal nachstellen. Uwe Bein steht irgendwo in der Stadt und findet die Gasse…“
Reich: „Genau, und dann lugt da Jörn Andersen um die Ecke – und wir schreiben: ‚Uwe Bein findet die Gasse für Jörn Andersen.‘“
Wie so oft bei Ideen in einer Bierlaune kann man sich an sie am anderen Tag nicht mehr erinnern. Glücklicherweise leben wir in einer Welt voller Handys und hatten folgerichtig alle Einfälle im Smartphone gespeichert. Im nüchternen Zustand klang die Erinnerung auf dem Display „Uwe Bein findet die Gasse“ zwar etwas komisch, aber glücklicherweise sind wir auch bei den Themensitzungen selten im nüchternen Zustand anzutreffen. So entstand die Idee, Fußballfloskeln mit den großen Fußballern für eine Fotostrecke nachzustellen. Doch mal ernsthaft: Wer würde sich darauf einlassen? Wir übergaben die Idee – faul wie wir nun mal sind – an unseren Fotochef Kai Senf und machten uns auf zum Pizzamann.
Kai Senf, bis 2017 Fotochef bei 11FREUNDE:
Besitzen Fußballer eigentlich einen Sinn für Humor? Das war die große Frage. Wir hatten die Befürchtung, dass viele ehemalige Profis nicht viel von unserer Idee halten würden. Doch ausnahmslos alle, die wir anfragten, waren hellauf begeistert und wollten mitmachen. Jetzt ging es an die Umsetzung: Pierre Littbarski sollte zwei aussteigen lassen – am besten aus einem Taxi.
Ich suchte also nach einem Mercedes-Taxi, was gar nicht so leicht war, schleißlich arbeitet „Litti“ in Wolfsburg. Als wir das Shooting dann doch in einem Taxi mit Stern organisierten, bekamen wir einige Sprüche von der Seite zu hören. Wir fotografierten direkt vor dem VW TOR 17, als hunderte Arbeiter gerade wegen des Schichtwechsels heraus strömten. Und hörten: „Oh, Litti, ein VfL-Angestellter im Fremdfahrzeug – das gibt Ärger!“ Doch unser Foto-Modell ließ ungerührt zwei aussteigen, wie er es auch als Spieler so herausragend beherrschte.
Wir fuhren weiter durchs Land, nach Stuttgart, nach Köln – und auch nach Hattingen. Dort wartete Olaf Thon auf uns, um vor der Linse die Gasse zu finden. Selbst nach zweitägigem Locationscouting hatten wir keine geeignte (regensburgesque) Gasse in Gelsenkirchen gefunden und mussten so nach Hattingen ausweichen.
Für Thon war es trotzdem ein Heimspiel, denn schon nach wenigen Minuten rief ein Passant: „Olaf Thon in meinem Hattingen! Dass ich das noch erleben darf!“ Woraufhin unser Fotomodell trocken antwortete: „Klar, ich stehe jetzt immer hier! Jeden Tag ab 15 Uhr auf einem Podest.“ Anderen Passanten teilte Thon mit, dass er nun Trainer vom VfL Bochum werde, da ja Peter Neururer bei Inter Mailand anheuerte. Die Hattinger waren schwer begeistert.
Und wir hatten die Antwort: Ja, Fußballer können durchaus Humor haben!
In unserer Ausgabe 11FREUNDE #192 seht ihr die komplette Fotostrecke mit all den anderen Floskeln und u.a. Mario Basler und Guido Buchwald. Die Ausgabe gibt es bei uns im Shop.