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Seite 2: „Das waren Sekunden“

Carsten Byer­n­etzki: In der 26. Minute bringt Marcel Witeczek eine Ecke in den Straf­raum, Thomas Helmer setzt den Ball neben das Tor, aber Osmers ent­scheidet auf Tor. Kurz darauf spricht mich Bayern-Trainer Franz Becken­bauer an, der sich die Wie­der­ho­lung auf den Pre­miere-Moni­toren am Sei­ten­rand ange­schaut hat. Hab’s grad gesehen, der war nicht drin!’ Ich: Jetzt kann ich auch nix mehr machen.‘ Zur Halb­zeit weiß ich: Das war eine krasse Fehl­ent­schei­dung. Weil ich meine Kol­legen nicht ver­un­si­chern will, sage ich nichts. Beide gehen in die zweite Halb­zeit, ohne zu wissen, was wirk­lich pas­siert ist. Erst nach dem Spiel, beim Sport­schau gucken in der Bayern-Stube, erkennen sie die Fehl­ent­schei­dung. Ich habe noch nie zwei Men­schen so fertig gesehen.“

Hans-Joa­chim Osmers: Auf dem Weg in die Halb­zeit frage ich bei Jablonski nach, ob er sich sicher ist, dass der Ball drin war. Er bestä­tigt mir das. Doch auf den Bild­schirmen am Sei­ten­rand sehe ich, dass der Ball nie und nimmer drin war. Ich infor­miere Jablonski, der natür­lich fix und fertig ist. Aber wir müssen ja noch eine Halb­zeit durch­stehen. Es geht weiter.“

Osmers hat auf Tor ent­schieden

Fakt ist, dass der von Witeczek getre­tene Eck­ball in der 26. Minute auf Thomas Helmer ver­län­gert wird, der sich am langen Pfosten pos­tiert hat. Im Flug erwischt Helmer den Ball erst mit der rechten Wade, vom linken Knö­chel springt das Spiel­gerät zurück an das rechte Bein, mit der Außen­seite seines linken Schien­beins bekommt es der Defen­siv­spe­zia­list dann fertig, den Ball ins Aus zu beför­dern.

Nürn­bergs Tor­hüter Andreas Köpke tät­schelt seinen Natio­nal­mann­schafts­kol­legen, und macht sich dabei über mich lustig – zurecht“, wie sich Helmer erin­nert. Kurz darauf greift sich Köpke an den Kopf, Osmers hat auf Tor ent­schieden.

Warum wurde Helmer nicht gefragt? Das war damals nicht üblich, sagen die Schieds­richter heute, Osmers ver­ließ sich auf seinen Lini­en­richter Jablonski und fällte seine Ent­schei­dung. Ohne bei Jablonski nach­zu­haken. Head­sets gab es noch nicht, eine Ent­schei­dung zu lange hin­aus­zu­zö­gern, galt als Schwäche.

Das waren Sekunden“

Warum ging Helmer nicht zum Schieds­richter? Dass der Ball ins Aus gerollt war, wusste Helmer. Aber wo war der Ball kurz zuvor, beim Bil­lard­spiel zwi­schen seinen Beinen? Viel­leicht für einen Moment hinter der Linie? Das waren Sekunden“, erin­nert sich Helmer, in denen ich über­haupt keine Ent­schei­dung treffen konnte.“ Noch heute werfen ihm die Nürn­berger und sogar Schieds­richter Osmers vor, sein Nicht-Tor auch noch beju­belt zu haben, in den Auf­nahmen sieht man, wie Helmer die Arme in die Höhe streckt. Das war eher so eine Was-ist-los-Geste“, sagt Helmer. Ich habe nicht geju­belt.“

Bleibt die große Frage: Was hat Jörg Jablonski nur geritten, Hel­mers hilf­loses Gesto­cher als Tor­er­folg zu werten? Dem Kicker“ erklärte Jablonski die Szene am Tag nach dem Spiel so: Ich stehe genau an der Eck­fahne und gucke in die Sonne. Der Spieler Helmer steht am hin­teren Pfosten vor der Tor­linie. Ich sehe, wie Köpke auf den Ball zustürzt und wie Helmer den Ball über die Linie bringt. Ich war hun­dert­pro­zentig der Über­zeu­gung, dass der Ball hinter der Linie war. Erste Zweifel kamen mir aber schon, als der Ball neben dem Tor lag. Zumal Köpke und einige Club-Spieler auf mich zustürmten. Ich habe nach bestem Wissen und Gewissen gehan­delt.“

Auch Osmers ver­däch­tigt die schräg ste­hende Sonne als Hel­fer­lein bei diesem Fauxpas, Carsten Byer­n­etzki ver­mutet einen Blackout, wie er jedem Schieds­richter schon einmal pas­siert ist“.