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Ger­hard Polt, wie fühlen Sie sich?
Wann? Heute oder morgen?

Jetzt, in diesem Moment. Fuß­baller werden das unmit­telbar nach dem Abpfiff gefragt.
Dann ist es eine dep­perte Frage. Wenn ich sie einem Men­schen stelle, der dampft und keucht, kann ich sie genauso gut einem Ster­benden stellen: Sie haben noch fünf Minuten zu leben, Ihr Herz oszil­liert nicht mehr. Wie fühlen Sie sich?“ Das hat was Vul­gäres.

Was würden Sie auf die Frage Wie bitter ist diese Nie­der­lage?“ ant­worten?
Ich würde zurück­fragen, ob der Herr Jour­na­list noch eine andere Frage parat hat. Dann möge er mir die doch bitte stellen.

Sie haben mal von der Wir­kungs­mäch­tig­keit des Banalen“ gespro­chen. Erkennen Sie diese in der Sprache des Fuß­balls wieder?
Durchaus. Was das Ganze nicht unko­misch macht. Im Urlaub, auf der Fähre von Neapel nach Ischia, habe ich mal eine Gruppe von Jungs gesehen, die Trai­nings­ja­cken mit der Auf­schrift Acca­demia della Calcio“ trugen – Aka­demie des Fuß­balls. Aka­demie! Über diese Anma­ßung musste ich lachen. Wie ich auch lachen muss, wenn der Trainer irgend­eines Zweit­li­gisten ganz sophisti­fi­ziert von einer Phi­lo­so­phie“ redet. Sie sehen also: Das Banale kann auch tröst­lich sein.

Viel­leicht benutzt der Fuß­ball solche Begriff­lich­keiten aus der seriösen Wis­sen­schaft, um die Summen zu recht­fer­tigen, die er umsetzt. Mario Götze etwa ver­dient inner­halb von vier Jahren 50 Mil­lionen Euro beim FC Bayern.
Ich bin froh, dass ich ihn nicht adop­tieren muss. Er kann zum Glück allein leben.

Sind solche Summen mora­lisch ver­tretbar?
Auch darin findet man etwas Banales, Komi­sches und somit Tröst­li­ches. Wer so viel ver­dient, wird auto­ma­tisch mit einer gesell­schaft­li­chen Bedeu­tung auf­ge­laden. Er wird dann nicht mehr gefragt, wie er sich fühle, son­dern was er über das Welt­ge­schehen denke. Dann gibt er natür­lich eine mediokre Ant­wort, und die Leute sagen: Na, so a Depp!“ Das finde ich auch zum Lachen.

Stehen Fuß­ball­ver­eine heute noch für poli­ti­sche Rich­tungen? Die roten Sechzger und die schwarzen Bayern?
Es gab zwar immer wieder SPD-Leute, die ver­sucht haben, bei 1860 Hand in Hand mit der Arbei­ter­schaft zu mar­schieren. Aber das ist ein ver­schwom­menes Bild, der Karl-Heinz Wild­moser war jetzt nicht gerade ein typi­scher Sozi­al­de­mo­krat. Und Theo Waigel von der CSU ist Löwen-Fan. Das Poli­ti­sche, die Inten­sität der Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen Links und Rechts, hat sich ohnehin ver­än­dert.

Woran bemerken Sie das?
Die SPD ist nicht mehr die Arbei­ter­partei, die sie mal war. Arbeiter in der frü­heren Erschei­nung gibt es kaum noch, dafür umso mehr Ange­stellte. Auch der Bau­ern­stand ist ver­schwunden, vor allem die Klein­bauern, es gibt nur noch in der Agrar­wirt­schaft tätige Leute. Ver­schwunden ist damit auch eine Men­ta­lität, die die Kultur auf dem Land mit­ge­prägt hat.

War diese Kultur etwas typisch Bay­ri­sches, das auch den FC Bayern geprägt hat?
Das mag mal so gewesen sein. Aber die Zeiten der klas­si­schen lokalen Iden­ti­fi­ka­tion sind eigent­lich vorbei. Der Fuß­ball ist längst global. Ich kenne eine Familie in Stock­holm, da ist ein Kind Bayern-Anhänger und das andere für Bar­ce­lona. In Schweden! Das müssen Sie sich mal vor­stellen! (Lacht.) Die Ver­eine sind inter­na­tio­nale Firmen – und wollen genau das auch sein.

Trotzdem treten bei den Meis­ter­feiern des FC Bayern Blas­ka­pellen und Schuh­plattler auf, und alle tragen Leder­hosen.
Aber das sind doch nur Wer­be­gags. Wenn Sie nach Ame­rika fahren, bekommen Sie auch einen Cow­boyhut auf­ge­setzt. Aber es wird ja im Ernst nie­mand annehmen, dass der Pep Guar­diola, wenn er jetzt eine Leder­hose anhätte … (kann den Satz vor Lachen nicht beenden). Er könnte ja auch einen Schot­ten­rock anziehen, wenn er viel­leicht in Edin­burgh arbeiten würde. (Lacht immer noch, fasst sich schließ­lich.) Des is alles so wurscht!

Ver­mut­lich soll das aber schon iden­ti­täts­stif­tend wirken.
Ja, klar. Das Wir-Gefühl wird seit jeher sichtbar gemacht, um es zu ver­stärken. Und weil die Gesell­schaft von Bil­dern sowieso über­flutet ist, muss man etwas finden, woran das Auge noch haften bleibt. Auch bei den Spielen in Byzanz gab es schon die Roten und die Blauen. Es diente schon damals der Unter­schei­dung der Lager: Das sind wir, und das seid ihr.

Das Wir ent­scheidet“, hat die SPD auf ihre Wahl­pla­kate dru­cken lassen.
Damit kann ich wenig anfangen. Ich war immer dafür, Wir“ zum Unwort des Jahres zu küren. Was unter dem Wort Wir“ schon alles pas­siert ist, das ist furchtbar! Wenn die Kanz­lerin sagt: Wir müssen end­lich …“, dann denke ich nur: Oha! Wer sind denn wir‘?“

Der FC Bayern würde ant­worten: Mia san mia“.
Das ist wieder ein ganz ein anderes Wir, und das hat auch nicht der FC Bayern erfunden. Das kommt ursprüng­lich aus dem bay­ri­schen Ober­land. Es resul­tierte aus einem aso­zialen Gefühl des Groß­bauern, der ziem­lich unab­hängig war, und diese Unab­hän­gig­keit, vor allem vom Staat, als höchstes Gut betrach­tete. Mia san mia und schreim uns Uns“ – das ist Aus­druck eines starken Eigen­ge­fühls, das den Staat und seine Beamten als Para­siten wahr­nimmt.
Schon um das Jahr 800 hat ein bay­ri­scher Mönch auf eine Per­ga­ment­rolle gekrit­zelt: Stulti sunt Romani, sapi­entes sunt Pai­oari.“ Die Römer sind dumm, die Baiern gescheit. Ist das Mia san mia“ darin schon ange­legt?
Das Leben in Alt­bayern war unter den Wit­tels­ba­chern relativ befriedet. Die Bau­ern­kriege fanden hier nicht statt, anders als etwa in Öster­reich oder in Schwaben, auch keine grö­ßeren Erobe­rungs­züge. Natür­lich waren die bay­ri­schen Bauern auch arme Hunde, aber immer noch bes­ser­ge­stellt als ihre Kol­legen woan­ders, und das wussten sie auch. Sie ließen sich also von ihrer Men­ta­lität her schwerer hys­te­ri­sieren und waren mit ihrem Katho­li­zismus ganz zufrieden.

Könnte diese Gelas­sen­heit auch dem Steu­er­hin­ter­zieher Uli Hoeneß zugu­te­kommen? Heißt es am Ende ein­fach: A Hund isser scho“?
Nein, das ist auf Franz Joseph Strauß gemünzt, dem sie manche Dinge eben nicht nach­weisen konnten. Auch das geht übri­gens auf die alten Grie­chen zurück, bei denen List und Tücke, sogar dezenter Betrug, durchaus ange­sehen waren, solange man damit durchkam. Nicht erwischt zu werden, war eine Tugend an sich.

Früher wäre ein sün­diger Bayer ein­fach zum Dorf­pfarrer gegangen und hätte gebeichtet.
So ist es. Beim Ablass­handel konnte man sogar einen noch zu bege­henden Mord bezahlen, das war ein Abwasch. Man konnte auch seine Enkel pro­phy­lak­tisch frei­kaufen, wenn man in seiner Familie eine gewisse Nei­gung zur Gewalt­tä­tig­keit hatte.

Das heu­tige Rechts­system ist da schon kom­pli­zierter.
Vor allem das Steu­er­system! Selbst der ein­fache Bauer, der auf dem Markt seinen Kohl­rabi ver­kauft, braucht einen Steu­er­be­rater. Denn wenn er aus Unkenntnis zu viel Steuern zahlt, ist der Staat nicht ehr­lich genug, es ihm zurück­zu­geben.

Viele sehen des­halb Steu­er­hin­ter­zie­hung als eine Art Selbst­ver­tei­di­gung gegen den raff­gie­rigen Fiskus. Uli Hoeneß war es, der mehr Steu­er­ehr­lich­keit von den Deut­schen ver­langte. Die Bild“-Zeitung for­derte dar­aufhin mehr Hoeneß in der Politik“.
Auf den Slogan wäre ich im Leben nicht kommen! Den kann man auch nur bringen, wenn die Vor­stel­lung von Politik nur bis zum eigenen Gar­ten­zaun reicht. Glauben Sie wirk­lich, dass sich die Ukrainer nach einem Hoeneß sehnen würden, selbst wenn er eine weiße Weste hätte?

Ärgert es Sie, dass der Fall Hoeneß in der öffent­li­chen Wahr­neh­mung die Gescheh­nisse in der Ukraine an den Rand gedrängt hat?
Ich bin immer wieder erstaunt, mit wel­chen Themen die Men­schen sich emo­tio­na­li­sieren lassen. So wie ich mich auch schon immer gefragt habe, welche Melodie der Rat­ten­fänger von Hameln wohl gespielt haben mag, dass ihm alle hin­ter­her­ge­laufen sind. Dass Nord­korea und der Iran gemeinsam eine Atom­bombe bauen, küm­mert nie­manden, das findet man in den ver­mischten Mel­dungen. Dass ein gewisser Uli Hoeneß gezockt hat, dar­über gab es hin­gegen stünd­lich Eil­mel­dungen.

Hat sie das Ausmaß der Bericht­erstat­tung über­rascht?
Selbst ein seriöses und mir sonst sehr ange­nehmes Blatt wie die Süd­deut­sche Zei­tung“ hatte nach dem Urteil den Fall Hoeneß an vier auf­ein­an­der­fol­genden Tagen als Schlag­zeile, obwohl es in den Welt­nach­richten wesent­lich Bedeu­ten­deres gegeben hätte. Das halte ich für sym­pto­ma­tisch dafür, was heute pas­siert: eine zuneh­mende Bou­le­var­di­sie­rung der Themen. Wir befinden uns in einem Circus Maximus, wo man ständig Men­schen damit lockt, den Daumen nach oben oder nach unten zu senken.

Müssten wir alle wesent­lich beun­ru­higter sein?
Ablen­kung ist Trost, das gilt für den Humor ebenso wie für den Sport. Viel­leicht würden die Men­schen das Leben sonst gar nicht ertragen. Wir können nicht exis­tieren wie das Kanin­chen vor der Schlange.

Schon der römi­sche Dichter Juvenal kri­ti­sierte die ent­po­li­ti­sierte Gesell­schaft. Alles was sie wün­sche, seien Brot und Spiele“.
Auch Seneca schrieb in einem Brief, er habe einen Freund nach einem Gla­dia­to­ren­kampf vor der Arena getroffen und ihn gefragt, warum er sich so etwas Schreck­li­ches antue – das Geschrei, den Blut­ge­stank. Der Freund habe ver­spro­chen, er werde nicht noch mal hin­gehen. Aber ein paar Wochen später habe er ihn erneut dort getroffen und gerufen: Du bist ja schon wieder hin­ge­gangen!“ Darauf der Freund: Ja, tut mir leid. Ich kann ein­fach nicht anders!“ Da war er nicht anders als ein HSV-Fan heut­zu­tage. Die Men­schen brau­chen ihre Zufluchts­orte. Orte, an denen vor­ge­geben ist, wie sie sich zu ver­halten haben.

Werden unsere Nach­fahren mit ähn­li­chem Befremden auf den Fuß­ball schauen wie wir auf die Gla­dia­to­ren­kämpfe?
2000 Jahre sind eine lange Zeit. Ich weiß nicht, was dann sein wird. Ich glaube aber, dass es den homo ludens, den spie­lenden Men­schen, auch dann noch geben wird.

Mär­chen­könig Ludwig II. hat gesagt: Es ist not­wendig, sich Para­diese zu schaffen, poe­ti­sche Zufluchts­orte, wo man auf einige Zeit die schau­der­hafte Zeit, in der wir leben, ver­gessen kann.“ Wäre er gern in die Allianz Arena gegangen?

Ja, aber nur, wenn er sie für sich allein gehabt hätte. Sich dem Volk als umju­belter Herr­scher zu prä­sen­tieren, hätte nicht seinem Wesen ent­spro­chen. Der wollte seine Ruhe haben. Wahr­schein­lich hätte er sich noch eine Grotte ein­bauen lassen.

Da war er anders als heu­tige Mär­chen­kö­nige wie Silvio Ber­lus­coni.
Oder auch Roman Abra­mo­witsch, ein Putin-Freund, wenn ich mich nicht irre. Mich fas­zi­niert die Nähe des Geldes zum Sport, der die Massen anzieht. Ich hab noch nie erlebt, dass sich so ein Magnat für Säbel­fechter oder Kanuten enga­giert.

Würden Sie sich von Edmund Stoiber in die VIP-Loge ein­laden lassen?
Nein, von Haus aus nicht. Was soll ich da? Aber der Thea­ter­re­gis­seur Dieter Dorn musste mal in eine solche VIP-Loge und hat mir hin­terher davon erzählt: Da sei nur gefressen worden, und irgend­wann sei einer rein­ge­kommen mit der Mel­dung, es stehe jetzt 1:0. Was aber nie­manden erregt habe, weil alle mit ihrem Lei­bes­wohl beschäf­tigt waren.

Erst kommt das Fressen, dann kommt der Pokal.
Ja, das Spiel, das unten auf dem Rasen lief, wurde in dieser VIP-Loge im Fern­sehen gezeigt. Aber selbst der Fern­seher, so Dorn, sei nicht im Spei­se­saal gewesen, son­dern für die Fresser unsichtbar in einem anderen Raum.

Wussten Sie, dass man die Allianz Arena bei gutem Wetter bis ins Salz­burger Land leuchten sieht?
Das wun­dert mich nicht. Es hat einen bay­ri­schen Minister gegeben, der hat wört­lich gesagt: Venedig ist der natür­liche Hafen von Bayern.“ Inso­fern ist die Hal­tung, die hinter einem sol­chen Bau steckt, nichts Neues. Franz Josef Strauß hätte sich dort bestimmt wohl gefühlt.

Warum gibt es eigent­lich noch keinen Fuß­ball­film von Ihnen?
Wissen Sie, ich habe mal den Fehler gemacht, Waldis WM-Klub“ zu schauen. Nicht lange, dann habe ich umge­schaltet. Aber doch lange genug, um zu erkennen: Da werden im Fern­sehen Witze über Dinge gemacht, die man aus dem Fern­sehen kennt. Es ist eine Art exzes­siver Selbst­re­fle­xion, die in sol­chen Gre­mien betrieben wird. Ich hin­gegen habe stets ver­sucht, das Mate­rial für meine Art der Komik an Orten zu suchen, die außer­halb der Medien liegen.

Dann wären Sie beim lokalen Kreis­li­gisten auf der rich­tigen Spur.
Ich setze mich manchmal sonn­tags in die Wirt­schaft und lau­sche mit inner­li­cher Begeis­te­rung der Erregt­heit der Leute. Nur ist es mir egal, ob die da jetzt über Fuß­ball reden oder über Ping­pong.

Was ging Ihnen durch den Kopf, als wäh­rend der Welt­meis­ter­schaft 2006 Autos mit Deutsch­land­fähn­chen auf dem Dach durch die Gegend fuhren?
Mir hat eine Ärztin erzählt, die in der Schwa­binger Not­auf­nahme arbeitet, dass sie noch nie so viele schreck­liche Ver­let­zungen wie in diesen vier Wochen gesehen hat. Aber das ist nur die Per­spek­tive dieser Frau. Offi­ziell war ja alles fried­lich und schön.

Man spricht deutsh“, einer Ihrer Filme, han­delt von der Familie Löffler, die am Mit­tel­meer die deut­sche Ord­nung sucht. Wir würden die Löff­lers gern in einem zweiten Teil auf der Fan­meile sehen.
Ob das für einen Film reicht, weiß ich nicht. Aber die Löff­lers wären sicher­lich gute Cla­queure. Frei­lich nur, wenn man sie dafür bezahlt. Im alten Rom war das ein Beruf, diese Leute konnte man mieten. Was soll’s denn sein?“ – Einmal Enthu­si­asmus, bitte!“

Gerd Müller hat das Lied Dann macht es Bumm“ gesungen. Das wäre doch auch ein schöner Titel für einen Fuß­ball­film von Ihnen.
Aber auch für einen Kriegs­film.

Oder für eine neue Folge von Auf der Alm, da gibt’s koa Sünd“.
Pfui!

Franz Becken­bauer sagte: Der liebe Gott hat alle Kinder lieb.“ Er hat damit einen Sei­ten­sprung gerecht­fer­tigt.
Das finde ich in Ord­nung. Die Ita­liener nennen solche Kinder un bam­bino natu­rale“. Das ist doch schön.

Dem soge­nannten Kaiser ver­zeiht man alles. Dem Steu­er­sünder Uli Hoeneß auch?
Das kommt wohl ganz darauf an, wo man wohnt. Ich habe den Ein­druck, dass ihm aus dem Norden, wo sein Verein ein soge­nanntes Feind­bild dar­stellt und man ihm jedes Schla­massel gönnt, mehr Häme ent­ge­gen­schlägt als aus Bayern, wo man eher geneigt ist, ihn zu ent­schul­digen. Wie es im Fuß­ball halt ist: Es gibt die Fede­lis­simi, deren Nibe­lun­gen­treue durch nichts zu zer­stören ist. Und andere, die schon von vorn­herein den Stab über ihn gebro­chen haben. Ob er nach seiner Haft­strafe als reha­bi­li­tiert gelten kann? Ich weiß es nicht, und es ist mir auch ziem­lich wurscht.

Ist es, wie einige meinen, ein Zei­chen von Anstand, dass Hoeneß ins Gefängnis geht, ohne zuvor alle recht­li­chen Mög­lich­keiten aus­zu­loten?
Ich bin Hoeneß einmal kurz begegnet, er ist kein Mensch, den ich kenne. Des­wegen kann ich dazu nichts sagen. Ich will auch gar nichts dazu sagen, weil schon alles gesagt ist. Ich will nichts zu einer The­matik bei­tragen, die schon über­voll ist mit Mei­nungen.

Hätte es nicht seinen Reiz, den Häft­ling Hoeneß zu fragen: Wie fühlen Sie sich?“?
Nein, das ist genau das, was ich nicht möchte. Wie gesagt: Ich möchte ja auch nicht, dass man jemanden beläs­tigt, der an Schläu­chen im Kran­ken­haus hängt. Ich hatte mal ein sol­ches Erlebnis. Ich war in einem Kran­ken­zimmer, wo ein dem Tode Geweihter lag. Und in diesem Zimmer lief im Radio Bayern 3“ mit den Ver­kehrs­mel­dungen. Da sagte sein Bett­nachbar, man möge doch bitte das Radio leiser stellen, weil einer, der am Hin­über­se­geln in die andere Welt sei, dabei nicht auch noch den Ver­kehrs­funk hören müsse. (Lacht herz­haft.)

Aber was bedeutet das nun in Bezug auf Uli Hoeneß?
Ob einer nun in einer Aus­nah­me­si­tua­tion Wie fühlen Sie sich?“ gefragt wird oder Ver­kehrs­mel­dungen hören muss: Es ist Aus­druck der Zeit, dass man keine Zeit hat. Keine Ruhe. Immer muss alles prompt sein. Egal ob einer auf dem Sie­ger­trepp­chen steht oder ganz unten ist, er muss imstande sein, sofort zu ant­worten.

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Ger­hard Polt
kam am 7. Mai 1942 in Mün­chen zur Welt. Anfang der Acht­ziger wurde er durch seine Sketch­reihe Fast wia im rich­tigen Leben“ und Gast­auf­tritte in der Sen­dung Schei­ben­wi­scher“ deutsch­land­weit bekannt. Es folgten Kino­filme wie Kehraus“, Man spricht deutsh“, Ger­ma­nikus“ und zuletzt Und Äktschn!“. Polt lebt in Schliersee.