Noch in der Umkleidekabine holt der FC Bayern seine neunte deutsche Meisterschaft in Folge. Die Art und Weise, wie die Münchner den Titel feiern, zeigt, wie viel im deutschen Fußball schief läuft.
Was da falsch läuft, ist hinlänglich diskutiert: Die Verteilung der TV-Einnahmen und die monströsen Einnahmen aus der Champions League, die die nationale Vormachtstellung der Bayern immer fester zementieren. Ja, sogar über mögliche Unfähigkeit der anderen Klubs wurde geredet.
Doch fernab dieser Diskussionen um Geld und Möglichkeiten sollte vor allem die zunehmende Emotionslosigkeit, mit der die Bayern ihre nationalen Erfolge feiern, oder besser: zur Kenntnis nehmen, zu denken geben. Natürlich beteuerten die Akteure am Samstagabend, dass man sich an dieses Gefühl niemals gewöhne und es immer etwas ganz besonderes sei. Doch es war schon auffällig, dass sich Manuel Neuer kurz nach dem Gewinn seiner neunten deutschen Meisterschaft im Interview bei Sky ausgerechnet an seine erste im Jahr 2013 erinnerte: „Freude pur“, sei das damals gewesen. Es ist natürlich Interpretation, aber wer Neuer in diesem Moment genau beobachtete, kam möglicherweise nicht umhin, ihm einen „Im Gegensatz zu heute“-Gedanken anzudichten.
Dass jedoch selbst ein Erfolg aus der Ferne vor trostloser Kulisse unbändige und unkontrollierte Emotionen auslösen kann, haben übrigens die unterlegenen Gladbacher in dieser Saison bewiesen. Am 9. Dezember unterlagen sie bei Real Madrid mit 0:2 und waren damit eigentlich aus der Champions League ausgeschieden. Doch weil sich Inter Mailand und Schachtar Donezk im Parallelspiel nicht auf einen Sieger einigen konnten, zogen die Borussen dennoch ins Achtelfinale ein. Die letzten Minuten der Partie verfolgten sie nach Abpfiff des eigenen Spiels gebannt auf den Bildschirmen ihrer Smartphones und Tablets in der Ödnis des Estadio Alfredo Di Stéfano. Als auch in Mailand der Schiedsrichter abpfiff, gab es kein Raunen, die Spieler freuten sich auch nicht ein bisschen, sondern sie jubelten wie kleine Kinder.
Es war dies eben ein ganz besonderer Moment, etwas das ganz und gar nicht alltäglich ist. Für die Bayern hingegen ist der Gewinn der deutschen Meisterschaft mittlerweile Routine, das Feiern Pflichtprogramm. Das ist schade. Vielleicht sehen sie das ja irgendwann sogar in München ein.