Bochum will das „dritte Wunder“ schaffen. Und das mit den schlechtesten Voraussetzungen der Liga. Trainer Reis muss daher seine Gärtner-Qualitäten einsetzen.
Was ist neu: Transfereinnahmen in Hülle und Fülle. Armel Bella-Kotchap wechselte für 10 Millionen Euro nach Southampton, Maxim Leitsch für 3,5 Millionen Euro zu Mainz 05, Sebastian Polter ließ sich Revierrivale Schalke 1,5 Millionen Euro kosten – macht am Ende 15 Millionen Euro Einnahmen, bei nur 750.000 Euro Ausgaben für neue Spieler. Der Verein kann das Geld dringend gebrauchen. Denn auf der zurückliegenden Jahreshauptversammlung im vergangenen Oktober verkündete Finanzvorstand Ilja Kaenzig ein Minus von 5,1 Millionen Euro. Trotz der Einnahmen waren für den VfL in diesem Sommer also keine Großinvestitionen auf dem Transfermarkt möglich. Was die Rolle in der Liga nicht gerade einfacher erscheinen lässt. Denn die ist ebenfalls neu. Nachdem die kultige Blume des Reviers als Aufsteiger im vergangenen Jahr noch Siege in Dortmund oder gegen Bayern als unterschätzter Underdog feiern durfte, hat Bochum in diesem Jahr mehr zu verlieren. Dafür muss der bullige Thomas Reis seinen inneren einfühlsamen Gärtner entdecken und besonders viel Liebe und Pflege investieren, damit die Blume nach den Sommermonaten nicht verwelkt.
Was ist so geblieben (verdammt nochmal): Der Status als Abstiegskandidat. Wo im letzten Jahr womöglich noch Fürth und Bielefeld als noch gefährdeter gehandelt wurden, steht nun der VfL an erster Stelle. Als „Wunder von Bochum“ oder „Ein Märchen für Fußballromantiker“ bezeichneten Medien den Klassenerhalt des VfL. Auch Trainer Thomas Reis spricht beim Gedanken an den neuerlichen Klassenerhalt von nicht weniger als dem „dritten Wunder“ (nach Aufstieg und Klassenerhalt). Doch sollten es die Jungs „vonne Castroper“ in dieser Spielzeit am Ende tatsächlich erneut packen, wäre das vermutlich genau das. Mit dem kleinsten Etat der Liga sind für den VfL sogar die Aufsteiger-Schwergewichte aus Bremen und Gelsenkirchen ein anderes Kaliber.
Was fehlt: Ein wenig die Hoffnung. Wobei die Stimmung ganz so düster dann doch nicht ist rund um das Ruhrstadion. Aber auch VfLer werden zugeben müssen, dass ohne Leitsch, Bella-Kotchap und Herbert Bockhorn ein nicht unerheblicher Teil der Defensive weggebrochen ist. Immerhin kam mit dem Ukrainer Ivan Ordets ein Ersatz, der ohne die aktuelle Sonderregelung der Fifa gar nicht möglich gewesen wäre. Der Innenverteidiger wechselte von Dinamo Moskau per Leihe nach Bochum, sein Vertrag in Russland ist bis zum Ende der Saison ausgesetzt. Mit fünf Millionen Euro Marktwert ist er gleich mal der wertvollste Mann im Kader.
Wenn dieser Klub ein Getränk wäre: Fanta Korn. Eine ehrliche und bodenständige Kombination, die ohne viel Schnickschnack und Beiwerk auskommen muss. Das Getränk ist nicht wirklich was fürs Auge, performt so naja bis irks und tut nur das Mindeste: es wirkt. Aber Obacht: Gönnt man sich davon zu viel endet man schnell über der Schüssel und der Abend bzw. die Saison ist gelaufen. Gegen hippe Trendgetränke kann Fanta Korn auch nur bedingt mithalten. Daher ist es unwahrscheinlich, dass das Konzept Fanta Korn an drei aufeinanderfolgenden Abenden wirklich aufgeht.
Das 11FREUNDE-Orakel: Der Saisonstart gegen Gegner wie Mainz, Hoffenheim und Bremen gelingt noch einigermaßen. Zur Katar-Pause im November steht der VfL aber durch knappe und ärgerliche Niederlagen, charakteristisch für Absteiger, schon auf Rang 17. In der Rückrunde gelingen zwar hier und da noch Achtungserfolge, wie die erkämpften Punktgewinne bei den hitzigen Derbys gegen Schalke und den BVB, aber am Ende reicht das nicht für den Klassenerhalt. Bochum muss auf Platz 18 wieder den Gang in die zweite Liga antreten. Highlight der Saison: Als der Abstieg schon feststeht, schmettert Grönemeyer beim letzten Heimspiel gegen Leverkusen noch einmal die Vereinshymne live vor der Ostkurve. Das anschließende 0:5 wird dann im Bermudadreieck begossen und für immer vergessen.
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