Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Seite 5: „Die Leute können mich alles nennen, Arschloch, Penner“

Peter Fischer ist ent­täuscht, dass sich kein Verein seinem State­ment anschloss, obwohl es viele Klubs intern unter­stützten. Das hängt wohl mit dem Zeit­geist zusammen, in der sich Poli­ti­ker­bau­steine wie ein Stück weit“, Stand jetzt“ oder zu einem gewissen Grade“ in der All­tags­sprache eta­bliert haben und jede Mei­nungs­äu­ße­rung noch mehr Ver­ständnis bekommt. Wenn Poli­tiker davon spre­chen, Men­schen zu ent­sorgen“, fragen Mode­ra­toren tat­säch­lich noch mal nett nach, wie das denn gemeint war.

Fischer ist des­wegen im heute-journal und anderswo gefragt, weil er nicht nur ein Stück weit über­rascht ist. Er spricht über Europa und Frieden. Dar­über, wie sich der Sport, mit seiner gesell­schaft­li­chen Bedeu­tung, ein­fach ver­steckt. Fischer erhält in diesen Tagen viele Ehrungen, wird auf der Straße ange­spro­chen, fremde Leute recken ihm die Faust ent­gegen zum Zei­chen, dass er weiter kämpfen solle. Andere fremde Leute schreiben ihm Mails, dass er ein wider­li­cher Hetzer sei. Dass sie ihn jagen werden. Oder dass er in Ausch­witz ver­gessen wurde.

2018 11 Freunde Fischer Hi Res 4 RZ
Ramon Haindl

Die Leute können mich alles nennen, Arsch­loch, Penner“

Am Abend fährt er durch das Ban­ken­viertel zu seinem Stam­mi­ta­liener Save­rios Flo­rian“. Umar­mungen, Küss­chen für den Pre­si­dente. Er genießt das. Fischer ist ein Auf­steiger vom Arbei­ter­kind und Halb­waisen zu einer ein­fluss­rei­chen Per­sön­lich­keit. Er kos­tete diesen Weg wie Ger­hard Schröder mit Basta-Indif­fe­renz und Lebe­man­nat­ti­tüde aus. Aber anders als der Alt­kanzler klam­mert er sich fest an seine pro­le­ta­ri­schen Wur­zeln. Als würde er noch heute in der Schmiede seines Opas anrufen.

Er sagt, dass er in einer Miets­woh­nung lebe, mit seiner bra­si­lia­ni­schen Freundin und Bekannten. Für Restau­rants hat er das Siegel Gutes Essen, schei­ße­teuer“. Fischer hat einen Tsu­nami über­lebt, er hat vor nicht allzu vielen Dingen Angst. Wohl aber große Furcht davor, zum Estab­lish­ment, zur Elite gezählt zu werden. Die Leute können mich alles nennen, Arsch­loch, Penner, keine Ahnung vom Fuß­ball und­undund. Aber sie können nicht sagen, dass ich arro­gant bin. Das bin ich mit Sicher­heit nicht.“

Ein­tracht Frank­furt für immer

Ein paar Tische weiter stellen sich Anzug­träger mit Namen, Funk­tion und Arbeit­geber ein­ander vor, schieben affek­tiert Visi­ten­karten hin­terher. Fischer schaut genervt. Er ruft durch den ganzen Laden. Saverio! Saverio!“ Alle Gäste drehen sich um. Ist das der Prä­si­dent von der Ein­tracht? Der Restau­rant­be­sitzer Saverio schraubt gerade am Fern­seher, die WM läuft.

Er schaut hoch und Fischer grölt: Kannste ver­gessen. Ita­lien bei der WM bekommst du nicht rein. Auf keinem Sender.“ Dann lacht Peter Fischer kehlig und geht. Er schlen­dert durch die Schlucht der Hoch­häuser. Der wahr­schein­lich ein­zige Mann im Ban­ken­viertel, der im Sakko ein über­großes Tattoo-Bild ein­ge­stickt hat. Mit Toten­kopf, Adler­kopf und der Inschrift: Ein­tracht Frank­furt für immer.