Peter Fischer ist ein Paradiesvogel. Er trinkt aus dem DFB-Pokal. Er wettert gegen die AfD. Nun legt er sein Amt bei Eintracht Frankfurt nieder. Nahaufnahme eines außergewöhnlichen Präsidenten.
Peter Fischer ist enttäuscht, dass sich kein Verein seinem Statement anschloss, obwohl es viele Klubs intern unterstützten. Das hängt wohl mit dem Zeitgeist zusammen, in der sich Politikerbausteine wie „ein Stück weit“, „Stand jetzt“ oder „zu einem gewissen Grade“ in der Alltagssprache etabliert haben und jede Meinungsäußerung noch mehr Verständnis bekommt. Wenn Politiker davon sprechen, Menschen zu „entsorgen“, fragen Moderatoren tatsächlich noch mal nett nach, wie das denn gemeint war.
Fischer ist deswegen im heute-journal und anderswo gefragt, weil er nicht nur ein Stück weit überrascht ist. Er spricht über Europa und Frieden. Darüber, wie sich der Sport, mit seiner gesellschaftlichen Bedeutung, einfach versteckt. Fischer erhält in diesen Tagen viele Ehrungen, wird auf der Straße angesprochen, fremde Leute recken ihm die Faust entgegen zum Zeichen, dass er weiter kämpfen solle. Andere fremde Leute schreiben ihm Mails, dass er ein widerlicher Hetzer sei. Dass sie ihn jagen werden. Oder dass er in Auschwitz vergessen wurde.
„Die Leute können mich alles nennen, Arschloch, Penner“
Am Abend fährt er durch das Bankenviertel zu seinem Stammitaliener „Saverios Florian“. Umarmungen, Küsschen für den Presidente. Er genießt das. Fischer ist ein Aufsteiger vom Arbeiterkind und Halbwaisen zu einer einflussreichen Persönlichkeit. Er kostete diesen Weg wie Gerhard Schröder mit Basta-Indifferenz und Lebemannattitüde aus. Aber anders als der Altkanzler klammert er sich fest an seine proletarischen Wurzeln. Als würde er noch heute in der Schmiede seines Opas anrufen.
Er sagt, dass er in einer Mietswohnung lebe, mit seiner brasilianischen Freundin und Bekannten. Für Restaurants hat er das Siegel „Gutes Essen, scheißeteuer“. Fischer hat einen Tsunami überlebt, er hat vor nicht allzu vielen Dingen Angst. Wohl aber große Furcht davor, zum Establishment, zur Elite gezählt zu werden. „Die Leute können mich alles nennen, Arschloch, Penner, keine Ahnung vom Fußball undundund. Aber sie können nicht sagen, dass ich arrogant bin. Das bin ich mit Sicherheit nicht.“
Eintracht Frankfurt für immer
Ein paar Tische weiter stellen sich Anzugträger mit Namen, Funktion und Arbeitgeber einander vor, schieben affektiert Visitenkarten hinterher. Fischer schaut genervt. Er ruft durch den ganzen Laden. „Saverio! Saverio!“ Alle Gäste drehen sich um. Ist das der Präsident von der Eintracht? Der Restaurantbesitzer Saverio schraubt gerade am Fernseher, die WM läuft.
Er schaut hoch und Fischer grölt: „Kannste vergessen. Italien bei der WM bekommst du nicht rein. Auf keinem Sender.“ Dann lacht Peter Fischer kehlig und geht. Er schlendert durch die Schlucht der Hochhäuser. Der wahrscheinlich einzige Mann im Bankenviertel, der im Sakko ein übergroßes Tattoo-Bild eingestickt hat. Mit Totenkopf, Adlerkopf und der Inschrift: Eintracht Frankfurt für immer.
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