Wir bauen unsere Seite für dich um. Klicke hier für mehr Informationen.

Seite 2: TV-Rechte vor Menschenrechte

So soll Mohammed bin Salman bei­spiels­weise mit­ver­ant­wort­lich für den Tod des Jour­na­listen Jamal Khash­oggi sein. Der Regie­rungs­kri­tiker war 2018 auf Staats­be­fehl aus der sau­di­schen Bot­schaft in Istanbul ent­führt und ermordet worden. Später soll er zer­sägt worden sein. Die eng­lisch­spra­chige Presse taufte den Kron­prinzen dar­aufhin Mister Bone Saw“. Immer wieder ver­schwinden im Land poli­ti­sche Rivalen oder werden zu hohen Haft­strafen ver­ur­teilt. Auch mas­sen­hafte Exe­ku­tionen sind Teil des poli­ti­schen Geschäfts. 149 sollen es nach Angaben von Amnesty Inter­na­tional 2018 gewesen sein. Erst im März sind drei Prinzen fest­ge­nommen worden, weil sie angeb­lich den Kron­prinzen stürzen wollten. Sys­te­ma­tisch lässt bin Salman poli­ti­sche Gegner aus­schalten.

Auch den Krieg im Jemen hat bin Salman in seiner Posi­tion als Ver­tei­di­gungs­mi­nister mit zu ver­ant­worten. Seit 2015 wütet dort ein ver­hee­render Stell­ver­tre­ter­krieg zwi­schen Saudi-Ara­bien und Iran. Das alles, um die Macht des sun­ni­tisch-wah­ha­bi­tisch geprägten Saudi-Ara­biens gegen­über dem schii­tisch geprägten Iran in der Region zu fes­tigen. Die Folge: Über 230.000 Kriegs­tote, laut Bericht der Ver­einten Nationen sind die meisten Opfer Kinder. Rund 28 Mil­lionen Jemenit*innen, oder 80 Pro­zent der Bevöl­ke­rung, sind auf aus­län­di­sche Hilfe ange­wiesen. Die Ver­einten Nationen benennen die Situa­tion in Jemen mit einem Super­lativ: die schlimmste huma­ni­täre Krise der Welt.“

Wäh­rend der Krieg weiter tobt und die huma­ni­täre Unter­stüt­zung der Jemenit*innen vor Kurzem hal­biert wurde, ver­sucht sich der Kron­prinz rein zu waschen. Der zukünf­tige Herr­scher Saudi-Ara­biens gibt sich vor­der­gründig als großer Reformer. So öffnet er sein Land dem Westen oder kehrt vom ultra­kon­ser­va­tiven Frau­en­bild ab. Im Hin­ter­grund aber lässt das Regime um bin Salman weiter Regierungskritiker*innen eis­kalt aus­schalten, führt Kriege oder unter­drückt Min­der­heiten.

TV-Rechte vor Men­schen­rechte

Jetzt könnte die Frage auf­kommen, ob ein umstrit­tener Staats­mann wie Mohammed bin Salman einen Pre­mier-League-Klub über­haupt über­nehmen darf. Eine Hürde gibt es in Eng­land. Wer einen Verein besitzen möchte, muss sich einer Prü­fung unter­ziehen. Der Owners‘ and Director’s Test“ sieht vor, die Inte­grität der Investor*innen oder Eigentümer*innen auf die Probe zu stellen. Eines der Kri­te­rien: Ver­hal­tens­weisen außer­halb des Ver­einten König­reichs werden über­prüft, die inner­halb des Ver­ei­nigten König­reichs einen Geset­zes­ver­stoß dar­stellen würden. In Bezug auf bin Salman und Saudi-Ara­bien dürfte die Liste erdrü­ckend lang sein. Die Liga inter­es­sierte sich aller­dings recht wenig für Men­schen­rechts­ver­let­zungen oder den Jemen-Krieg, son­dern sorgte sich mehr um illegal abge­fan­gene Bewegt­bilder der Liga­spiele. Sie for­derten Riad auf, die TV-Pira­terie zu beenden. Immer im Blick: ein neuer, mil­lio­nen­schwerer TV-Deal – das sagen zumin­dest die Kri­tiker.

Auch weite Teile der Fans des Tabellen-Drei­zehnten akzep­tieren das Ver­halten von bin Salman und des Regimes. Frei nach dem Motto Alles ist besser als Ashley“ befür­worten einer Umfrage einer Lokal­zei­tung zufolge über 80 Pro­zent den Ver­kauf an den sau­di­schen Staats­fond. Das ist zwar ein deut­li­ches Zei­chen, wie sehr Mike Ashley dem Tra­di­ti­ons­verein in seinen 13 Jahren als Eigen­tümer und Prä­si­dent geschadet hat und wie stark die Fan-Seele in dieser Zeit leiden musste. Es zeigt auf der anderen Seite aber wieder einmal, wie die Fuß­ball­ge­mein­schaft Men­schen­rechts­ver­let­zungen und Deals mit Dik­ta­turen igno­riert und wie ein­fach finan­zi­elle Inter­essen eines Ver­eins oder Ver­bandes huma­ni­täre Inter­essen von Mil­lionen Men­schen aus­he­beln.

Neue Taktik: Sports­washing

Dieses Vor­gehen kri­ti­siert der bri­ti­sche Ableger der Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tion Amnesty Inter­na­tional scharf. Es sei zwar nicht ihre Auf­gabe zu sagen, wer der Eigen­tümer von New­castle United sein soll, aber, so Felix Jenkins von Amnesty gegen­über dem eng­li­schen Guar­dian: Spieler, Mit­ar­beiter und Fans sollen sehen, was die Masche der Inves­to­ren­gruppe ist. Schlicht und ergrei­fend: Sports­washing.“ Man wolle den schlechten Ruf des auto­ritär geführten Wüs­ten­staats bei­spiels­weise mit der Aus­rich­tung von Sport­ver­an­stal­tungen rein­wa­schen. So war Saudi-Ara­bien Schau­platz des spa­ni­schen Super­cups, der eng­li­sche Box-Star Anthony Joshua kämpfte dort gegen Andy Ruiz. Auch die Rallye Dakar war zu Gast. Nun werden die Saudis zuneh­mend in der Pre­mier League aktiv. Mit Shef­field United steht bereits ein Klub im Besitz eines saudi-ara­bi­schen Geschäfts­mannes. New­castle soll nun das neue Vor­zei­ge­ob­jekt des Kron­prinzen bin Salman werden. Der Guar­dian berichtet, man wolle signi­fi­kant in den Klub inves­tieren. Von einer bes­seren Infra­struktur und neuen Spie­lern ist die Rede.

Bald ist sehr wahr­schein­lich also ein Mann an der Spitze eines eng­li­schen Tra­di­ti­ons­lubs, dessen Wirken Felix Jakens von Amnesty Inter­na­tional so beschreibt: Unter Kron­prinz Mohammed bin Salman wurde umfas­send gegen Men­schen­rechte vor­ge­gangen, zahl­reiche Akti­visten wurden inhaf­tiert, es gibt anhal­tende Bedenken wegen sau­di­scher Hacker­an­griffe und auch die von Saudi-Ara­bien geführte Mili­tär­ko­ali­tion im Jemen hat eine blu­tige Bilanz.“ Oder um es in den Worten der Mag­pies zu sagen: Alles ist besser als Mike Ashley.“