Nach rassistischen Ausfällen der Fans tritt Trainer Alan Pardew bei ZSKA Sofia zurück. Ohne betroffen zu sein. Damit hat er eine Chance vertan.
Das Team von ZSKA Sofia, Rekordmeister Bulgariens, fährt am Nachmittag des 19. Mai vor dem eigenen Stadion vor, um sich auf das bevorstehende Spiel der Meisterrunde gegen Botev Plovdiv vorzubereiten. Statt aber konzentriert das Duell gegen den direkten Tabellennachbarn angehen zu können, werden sie von einem Mob empfangen. Schwarze ZSKA-Spieler werden mit Bananen beworfen. Der Pulk entpuppt sich als Anhängerschaft des eigenen Klubs. Aus Wut über das kurz zuvor verlorene Pokalfinale meinen sie, ihre Mannschaft auf diese Weise empfangen zu müssen. So berichten mehrere internationale Medien übereinstimmend.
Merkwürdigerweise steht nun, zwei Wochen später, aber ein Mann im Mittelpunkt der Geschehnisse, dem der rassistische Angriff überhaupt nicht gegolten hatte: Alan Pardew, Trainer von ZSKA Sofia.
Der Engländer ist nämlich infolgedessen zurückgetreten. In Sofia war er seit anderthalb Jahren in verschiedenen Funktionen aktiv gewesen; vor dem Traineramt auch als Technischer Direktor und als Berater. In einem langen Statement auf der vereinseigenen Website hat er sich kurz nach dem Spiel gegen Plovdiv von ZSKA getrennt. „Die kleine Gruppe organisierter rassistischer Fans, die versucht haben, dieses Spiel zu sabotieren, sind nicht die, vor denen ich das Team trainieren möchte“, ließ Pardew verlauten. Also ging er. Die Spieler hingegen, die den Anfeindungen ausgesetzt waren, bleiben im Verein – sie haben entweder Vertrag oder keine bessere sportliche Aussicht. Hätte Pardew auf andere Weise öffentlich reagieren sollen? Sich schützend vor seine Spieler stellen müssen?
Der Engländer, der in seiner über 20-jährigen Trainerlaufbahn unter anderem die Geschicke bei West Ham und Newcastle United leiten durfte, begründet seinen Rücktritt unter anderem mit der Lage seines Assistenten Alex Dyer. Der war der erste Schwarze mit einem Trainerposten bei ZSKA. Genau wie für die Spieler seien die Ereignisse auch für Dyer inakzeptabel gewesen, berichtet Pardew. Dass er auf die Befindlichkeiten seines gesamten Stabs Acht gibt, ist wichtig. Und doch wirkt Pardews Aufbruch aus Bulgarien in einigen Facetten, als würde er sich aus der Verantwortung ziehen.
So schreibt der 60-Jährige in seiner Stellungnahme, bezogen auf die Situation am 19. Mai: „Definitiv ist das nicht der richtige Weg zugunsten von ZSKA, denn ein solcher Verein verdient viel mehr.“ Darüber hinaus dankt er ausdrücklich den „echten“ ZSKA-Fans für ihre Unterstützung und Leidenschaft, sieht also noch nicht Hopfen und Malz verloren. Allerdings überlässt er somit den offen rassistischen Anhängern das Feld. Und er nimmt dem Klub eine Stimme, die wirksam dagegen hätte ansprechen können: Seine eigene.
Alan Pardew also ist weg aus Sofia, die aggressive Diskriminierung hingegen wird wohl bleiben. Er hätte zu der positiven Entwicklung beitragen können, die er dem Klub in seinem Statement selbst wünscht. Auch den betroffenen Spielern bringt sein Rücktritt nichts. Ursprünglich hatten sie nach den Bananen-Würfen gar nicht antreten wollen, waren aber aus Loyalität gegenüber des Klubs doch angetreten, wie ihr jetziger Ex-Coach sagt. Genau die ließ er selbst vermissen. Pardew schließt seine Erklärung mit den Worten: „Es gibt kein Bedauern, nur Hoffnung auf eine bessere Zukunft für ZSKA!“
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