Unsere neue Serie: Ab sofort präsentieren wir jeden Tag das aktuelle Mannschaftsfoto eines Bundesligisten und zeigen in unserer Bildergalerie die schönsten historischen Schüsse. Als drittes Team folgt heute der FC Augsburg.
1.
Der neue Star
In Augsburg ist die Mannschaft der Star und das Kollektiv wichtiger als … nein, genug der Phrasendrescherei: Lorenzo Davids (obere Reihe, 1. v. r.) kam vom NEC Nijmegen mit der fantastischen Referenz von 132 Spielen, fünf Toren und: ein Cousin von Edgar Davids zu sein. Noch keine Schnappatmung bei der Konkurrenz? Hm. Lorenzo Davids spielt auch im linken defensiven Mittelfeld, stammt auch aus Suriname, sieht mit seinen langen Dreadlocks auch aus wie der Predator, wird auch „Pitbull“ gerufen. Hobbydetektiven, die gar mutmaßen, Lorenzo Davids und Edgar Davids seien ein und dieselbe Person, kann aber Gegenteiliges versichert werden, denn: Lorenzo Davids wurde bisher nicht mit orangefarbener Spezialbrille gesehen. Kein Körperklau also, dafür markige Worte beim Wechsel nach Deutschland: „Mein Weg führt nach oben, immer weiter nach oben. Ich will mit den großen Jungs spielen.“ Das klingt reichlich nach Drohgebärde und deshalb, aha, jetzt, endlich, doch Schnappatmung und kalter Angstschweiß bei der Konkurrenz. Vielleicht.
2.
Wer ist er denn?
Glattes, samtenes Haar, leger in der Mitte gescheitelt, die Spitzen leicht im Lockigen mündend – Simon Jentzsch (untere Reihe, 6. v. l. u. r.) will auf dem Teamfoto so gar nicht aussehen wie Simon Jentzsch, jedenfalls nicht wie der, der noch aus Wolfsburger Zeiten durch unser Gedächtnis tobt. Da trug der Torwart nämlich einen verklebten Pimphelm, mit drei Tuben in den Nacken pomadiert, hart und hässlich. Des neuen, naturburschigen Kopfdesigns wegen wirkt der Riese nun, obgleich kein Neuzugang, wie ein Neuer. 35 Jahre zählt die einstige Nummer 1 aus dem deutschen „Team 2006“ (existierte von 2002 bis 2005, R.I.P.) mittlerweile. Im Alter zu Milde und Weisheit gefunden zu haben, könnte nicht nur Jentzsch‘ Aussehen, sondern auch seinem FCA im nervenaufreibenden Abstiegskampf zu Gute kommen. In der letzten Spielzeit holte der Schlussmann so schon den „Die weiße Weste“-Award (gibt es wirklich) für die stärkste Keeperleistung in der 2. Bundesliga.
In unserer Bildergalerie: Historische FCA-Mannschaftsbilder »
3.
Eine kleine Stilkritik
In der Regel warten die Vereine für ihr Mannschaftsfoto neutrales Wetter ab oder verlegen das Setting gleich ins Stadion, wo die Tribünen kamerafreundlichen Schatten spenden. Nicht so der FC Augsburg! Für das erste Portfolio im deutschen Oberhaus waren die aberwitzigsten Rahmenbedingungen gerade gut genug, anders sind der durch verbotenen Chemiedünger ins Neongrüne changierende Rasen und die tiefstehende Abendsonne nicht zu erklären. Uwe Möhrle, Sebastian Langkamp und Daniel Brinkmann kann der rotgebrannte und sich schon pellende Nacken am gequälten Lächeln abgelesen werden. Immerhin, ihre letzte Reihe formt eine feine Welle, derweil die Sitzenden nur ein semiinteressantes Schattenspiel vor die Bande zaubern. Oder ist das Kunst? Nein, glaubt auch Coach Jos Luhukay, der sich, des dilettantischen Shootings längst überdrüssig, klammheimlich aus dem rechten Bildrand zu stehlen versucht – vielleicht aber auch nur, um keinem Minderwertigkeitskomplex zu erliegen. Leider wurde er unglücklich neben drei Trainerteamkollegen positioniert, die in ihrer Physiognomie eher an Türsteher erinnern.
4.
Was fehlt?
Michael Thurk? Nein, der wieselige Angreifer versteckt sich als Siebter von links in der mittleren Reihe. Vielmehr gehen der Aufnahme zwei andere Belange ab: Erstens, und das schließt direkt an die Stilkritik an, eine optische Tiefe. In der endlosen Weite des Rasen wirkt der Aufsteiger wie ein Pappaufsteller, den die nächste Windböe umzupusten droht. Zweitens misst das betrachtende Auge auf jeden Fall irgendwie geartete Anklänge an Tradition und Heimattümelei. Die Banderole versammelt nur eine handelsübliche Phalanx aus Sponsoren. Wo aber sind auch bildungstechnisch wichtige Reminiszenzen an die Fugger? Wo lustige, wenn auch platte Anklänge an die Puppenkiste? Urmel aus dem Eis im Schoß von Nando Rafael, Jim Knopf auf der Schulter von Marcel Ndjeng oder Kater Mikesch im lockeren Shakehands mit Tobias Werner – hier wurden Marketingchancen leichtfertig verschenkt.
5.
Prognose 2011/12
Wer so dreist den niedersten Gesetzen der Bundesliga trotzt wie der FC Augsburg auf seinem Mannschaftsfoto, wird entweder bitterlich versohlt oder aber zum Stachel im Fleisch der Etablierten. Weil die Rot-Grün-Weißen bis zum Saisonstart den bösen Sonnenstich wegtrainieren, Lorenzo Davids sich seinem Spitznamen entsprechend in den Gegner verbeißt, Simon Jentzsch auch Tigerschüsse gelassen pflückt und selbst Jos Luhukay im Bilde bleibt, steht am Ende mit Platz 14 der Klassenerhalt.