Walace, Diekmeier, Papadopolous – der neue HSV-Trainer Christian Titz sortiert erfahrene Profis aus und muss sich deshalb kritische Frage anhören. Warum eigentlich?
Die ersten zwei HSV-Trainer dieser Saison, Markus Gisdol und Bernd Hollerbach, ließen sich von der Lethargie anstecken. Nach Niederlagen gab es marginale Veränderungen in der Aufstellung und der Taktik. Aber im Grunde kroch Woche für Woche dieselbe Mannschaft mit derselben Spielidee über den Platz. Sie war wie eine alternde Rockband, die sich seit Jahren selber coverte. Aus Angst, das Publikum mit etwas Neuem zu irritieren. Aus Angst, sich selbst mit etwas Neuem zu überfordern.
Die jüngste HSV-Startelf seit 1974
Christian Titz hat nun die Instrumente ausgetauscht und vor allem die Akteure. Er krempelte die Mannschaft, so weit es mit den vorhandenen Spielern möglich war, auf links. Er hat einen Spieler wie Matti Steinmann aufgestellt, der seine Profikarriere eigentlich schon abgehakt hatte. Er hat Julian Pollersbeck ins Tor gestellt. Er hat Fiete Arp und Tatsuya Ito wieder in den Sturm beordert. Er hat die jüngste HSV-Startelf seit 1974 aufs Feld geschickt (23,9 Jahre).
Für einige drängt sich da offenbar keine andere Frage auf, ob er die Platzhirsche verstimmen könnte. Eine ultra-konservative HSV-Denkweise. Eine Denkweise wegen der die Mannschaft dort steht, wo sie steht. Für andere mag diese Neuausrichtung zu radikal gewesen sein. Aber das wirkt nur so, weil sich beim HSV seit Jahren nichts, aber auch wirklich gar nichts verändert.
Vielleicht war nicht alles richtig, was Titz gemacht hat. Vielleicht wäre ein zweiter Sechser sinnvoll gewesen. Vielleicht sind einige der Jungen noch nicht reif für 90 Minuten Bundesliga. Vielleicht hätte man einen Spieler wie Papadopoulos, dem sein eigenes Ego offenbar wichtiger als die Mannschaft ist, anders auf die neue Situation vorbereiten müssen. So oder so: Titz ist der erste Trainer, der in diesem schwarz-weiß-blauen Wachkoma Mut bewiesen hat.
Als die Hoffnung zurückkehrte
Die ersten 45 Minuten gab ihm das Team Recht. Nicht nur, weil es 1:0 in Führung ging. Sondern vor allem, weil eine Idee zu erkennen war. Weil die Mannschaft Fußball spielte und ihn nicht, wie unter den vorherigen Trainern, zerstörte. Und auch wenn der HSV am Ende verlor, auch wenn er diese Saison absteigt, kann man als HSV-Fan immerhin sagen: Es war nicht alles schlecht in dieser Saison. Einmal, am 17. März zwischen 15:30 und 16:15 Uhr, war es sogar ganz ansehnlich. Es war der Tag, als die Hoffnung in den Volkspark zurückkehrte. Zumindest für 45 Minuten.
Von Papadopoulos hört man derweil, dass er sich nicht vorstellen kann, in der Zweiten Liga zu spielen. Als HSV-Fan kann man nur sagen: zum Glück.