Warum wurden die Torpfosten bei der WM 1978 schwarz angemalt? Ein Schotte löste 2017 eines der größten Fußballrätsel. Oder besser: So glaubte man. Bis wir einen Kollegen auf die Jagd schickten.
Exakt diese Antwort bekam auch der Reporter des „Kicker“, der sich bei der WM 1978 darüber wunderte, dass im Stadion in Cordoba nicht nur die Torpfosten schwarze Querstreifen hatten, sondern auch die Eckfahnen. Er fragte einen Stadionbediensteten und erklärte dann seinen Lesern: „Sie sollen den Stürmern als Kontrast zum sonst ganz in Weiß gehaltenen Gebälk dienen und somit das Treffen erleichtern.“ Grafiker würden das einen „Störer“ nennen. Etwas, das die Aufmerksamkeit auf sich zieht, weil es nicht zur Umgebung passt.
Was zur zweiten Frage führt. Warum hat Ezequiel Valentini, der einst im Stadion von River Plate arbeitete, David Forrest nicht gesagt, dass argentinische Pfosten schon seit Jahrzehnten bemalt wurden? Stattdessen erzählte er ihm, dass den Militärs die schwarzen Pfosten nicht auffielen, weil sie sich mit Fußball nicht auskannten. Dabei war Vize-Admiral Carlos Lacoste, der Chef des WM-OK, nicht bloß ein hohes Tier bei River Plate, sondern sogar dafür verantwortlich, dass Diego Maradona 1978 nicht im Kader stand. Lacoste wollte, dass sein Lieblingsspieler – Norberto Alonso, der Regisseur von River Plate – bei der WM dabei war, weshalb Maradona nach Hause geschickt wurde.
Es gibt nur eine Möglichkeit, um herauszufinden, weshalb Valentini seinem Zuhörer aus Schottland einen Bären aufgebunden hat. Also fahre ich in den Stadtteil von Buenos Aires, der Palermo heißt. Hier befindet sich das besonders bei Touristen sehr beliebte Restaurant Parrilla Don Julio. Man bekommt dort gute Steaks und die traditionellen Fleischstücke, die langsam gegrillt werden. Hier hatte Forrest sein Zusammentreffen mit Valentini, der als Kellner im Parrilla Don Julio arbeitet.
„Oh nein, nicht schon wieder!“, seufzt der Manager des Restaurants, als ich ihn bitte, mit Ezequiel Valentini sprechen zu dürfen. Er dreht sich zur Küche um und ruft: „Schon wieder einer, der den Geist sucht!“ Dann erklärt er mir, dass nie jemand mit diesem Namen im Restaurant gearbeitet hat. „Es tut mir leid, wenn es Ihnen das Herz bricht“, setzt er hinzu. „Ich habe das schon mehreren Leuten gesagt und gespürt, wie enttäuscht sie waren. Ich habe keine Ahnung, wer das in die Welt gesetzt hat und warum.“ Es bricht mir nicht das Herz, denn insgeheim habe ich so etwas schon seit dem Moment vermutet, als mir Carlos Peralta versicherte, dass ein Italiener namens Cacho Armani bei River Plate dafür zuständig war, die Pfosten zu streichen.
Bleibt noch die dritte Frage. Warum hörte Argentinien irgendwann damit auf, die Pfosten zu bemalen? Als die Boca Juniors 1992 ihren ersten Titel seit elf Jahren holten, waren die Pfosten in La Bombonera noch bunt, wie in nahezu allen Stadien des Landes. Doch im Verlauf der nächsten beiden Jahre verschwand die Farbe. Auch das hat leider keinen romantischen Hintergrund, sondern einen bürokratischen. Im Jahre 1988 fügte die FIFA dem Regelbuch fünf Wörter hinzu. Sie lauten: „Pfosten und Querlatten sind weiß.“