Der SC Paderborn ist mit einem Etat in die Bundesliga aufgestiegen, den der HSV zuletzt alleine für Trainer-Abfindungen ausgegeben hat. Doch wer ist dieser Verein überhaupt? Zehn Dinge über den SC Paderborn.
1.
Kein Geld schießt auch Tore
2012, als der SC Paderborn knapp am Erstligaaufstieg gescheitert war, hatte der Klub mit fünf Millionen Euro den kleinsten Etat der Zweiten Liga. Doch das tat der Aufbruchsstimmung keinen Abbruch. Und wenn Sportdirektor Michael Born auf solche Fakten angesprochen wurde, verwies er gerne an seine erste Amtszeit Mitte der Neunziger. Damals soll es noch nicht einmal eine richtige Geschäftsstelle gegeben haben. „Neben mir war dort damals nur ein Rentner und unser Spieler Dieter Hecking, der sich nebenbei um das Marketing gekümmert hat“, sagte er mal der „taz“. Wer nun denkt, dass zwischenzeitlich ein reicher Geldgeber im Hintergrund wirkt, irrt: Klubpräsident Wilfried Finke, Besitzer einer Möbelhauskette, hilft dem Verein zwar immer wieder durch Finanzspritzen, doch auch 2013/14 hatte der SC Paderborn mit sieben Millionen Euro den zweitkleinsten Etat der Liga. Für die Bundesliga soll immerhin ein wenig aufgestockt werden: 15 Millionen stehen dann zur Verfügung. Zum Vergleich: Beim FC Bayern verdienen alleine Philipp Lahm oder Bastian Schweinsteiger zehn Millionen Euro pro Jahr.
2.
Viele Namen und ein Europapokalsieger
Achtung, jetzt wird’s ein bisschen kompliziert! Bis 1997 wechselte der Klub alle paar Jahre seinen Namen. Die drei Urvereine waren der FC Preußen Paderborn von 1908, der SV 07 Neuhaus und der TuS Sennelager von 1910. Danach gab es: den SV 1913 Paderborn, den VfB Paderborn, den VfJ 08 Paderborn, den 1. FC Paderborn und 1985 eine Fusion namens TuS Schloß Neuhaus. Später hieß der Klub TuS Paderborn-Neuhaus, und seit 1997 firmiert er unter dem Namen SC Paderborn 07. Allerdings war Fußball in Paderborn nie der große Publikumsmagnet, die Menschen fuhren nach Bielefeld, Osnabrück oder zu den Mannschaften aus dem Ruhrpott. Und für die, die zu Hause blieben, hatte Paderborn stets großartige Alternativsportartklubs zu bieten. Zum Beispiel den 1. BGC Paderborn (Minigolf, Verbandsliga), Paderborn Untouchables (Baseball, mehrmals Meister) oder den SSV St. Hubertus Elsen (Schießsport, Bundesliga). Der erfolgreichste Klub der Stadt ist allerdings der Paderborner Squash Club, der dreimal den Europapokal gewinnen konnte.
3.
Das Problem mit den Anwohnern
Das Desinteresse am Fußball führte dazu, dass der SC Paderborn in Regionalligazeiten oft vor dreistelliger Kulisse spielen musste. Und auch seit dem Aufstieg in die 2. Bundesliga rangiert er stets in der zweiten Hälfte der Zuschauertabelle. Ende 2011 feierte der SC Paderborn bei einem Spiel gegen den FC St. Pauli ausverkauftes Haus – allerdings erst zum dritten Mal seit der Eröffnung im Juli 2008. Immerhin haben die Paderborner in der abgelaufenen Saison ein wenig Lust auf Fußball bekommen: Im Schnitt kamen 11.000 Fans in die 15.000 Zuschauer fassende Benteler Arena. Doch auch die Kritik an dem geringen Zuschauerinteresse wusste Sportdirektor Born locker zu parieren. „Ich erinnere mich an Zeiten, in denen wir noch vor 800 Leuten gekickt haben und die einzigen elektronischen Geräte in der Geschäftsstelle waren eine Schreibmaschine und ein Schredder“, sagte er mal der „FAZ“. Fun Fact: Aufgrund von Anwohnerklagen dürfen keine Veranstaltungen nach 22 Uhr im Stadion stattfinden. Daher darf der Klub keine Freitagabendspiele in der Bundesliga austragen.
4.
Erfolge & Skandale
Neben den Aufstiegen in die 2. Bundesliga 1982 (damals noch als TuS Schloß Neuhaus), 2005 und 2009 gilt das Erreichen des DFB-Pokal-Achtelfinales im Jahr 2004 als einer der größten Erfolge der Vereinsgeschichte. Allerdings griff dem damaligen Regionaligisten eine Person maßgeblich unter die Arme: Robert Hoyzer. In der ersten Runde gewann der SC Paderborn nach 0:2‑Rückstand noch mit 4:2 gegen den HSV. Die Paderborner bekamen dabei zwei Elfmeter zugesprochen, Hamburgs Emile Mpenza musste nach 36 Minuten mit Rot vom Platz. Allerdings zeigte Paderborn in der zweiten Runde und im Achtelfinale, dass die Mannschaft auch ohne Hoyzer durchaus mit höherklassigen Teams mithalten konnte. Gegen den Zweitligisten MSV Duisburg gewann Paderborn 2:1, gegen den SC Freiburg glichen die Ostwestfalen in der 90. Minute zum 1:1 aus und unterlagen erst im Elfmeterschießen. Weil im Hermann-Löns-Stadion damals ein Flutlicht fehlte, musste das Spiel an einem Mittwochnachmittag um 14 Uhr angepfiffen werden. Der SC gewann daraufhin Sponsoren, die Kartenpakete kauften und diese an Schulen stifteten. Diese wiederum gaben ihren Kindern die letzte Stunde frei, damit sie es rechtzeitig ins Stadion schaffen konnten. Die Folge: Von den 10.000 Zuschauern waren 8000 Schüler. Beliebtester Schlachtruf der mitgereisten Freiburg-Anhänger an jenem Nachmittag: „Kinderchor! Kinderchor!“
5.
Die Beinahe-Sensation
Im August 2001 herrschte in Paderborn Ausnahmezustand, denn dem SC war für die erste DFB-Pokal-Runde der amtierende Champions-League-Sieger FC Bayern zugelost worden. Paderborns Trainer Markus Gellhaus jubelte wenige Tage nach der Auslosung: „Das Telefonnetz ist zusammengebrochen, alle wollen Karten!“ Kurzerhand wurde das Spiel an die Bielefelder Alm verlegt. Dort hofften viele Fans auf ein Wunder, und glaubte man dem Stadionsprecher, so stand Paderborn tatsächlich kurz vor einer Sensation. Als Krzysztof Karpowicz in der 89. Minute für Paderborn ins Tor traf, jubelte der Mann am Mikrofon jedenfalls: „Jetzt geht noch was!“ Blöd nur, dass die Bayern zu dem Zeitpunkt bereits fünfmal getroffen hatten.
6.
Der Beinahe-Aufstieg
Vor der Saison 2011/12 wurde der SC Paderborn in einer „kicker“-Umfrage auf den letzten Platz gewählt. Doch ehe man sich versah, stand die Mannschaft das erste Mal vor einer tatsächlichen Sensation: Am 31. Spieltag rangierte sie auf Platz 3, und am letzten Spieltag trat sie zum alles entscheidenden Spiel gegen dem Aufstiegskonkurrenten FC St. Pauli an. Ein Sieg hätte für den Relegationsplatz gereicht, doch am Millerntor kamen die Paderborner mit 0:5 unter die Räder. Trainer war damals übrigens Roger Schmidt, der danach zu Red Bull Salzburg wechselte. Ab der kommenden Saison trainiert er Bayer Leverkusen. Beim FC St. Pauli saß derweil André Schubert auf der Bank, der den SC Paderborn 2009 in die Zweite Liga geführt hatte. Als er den SC in Richtung Hamburg verließ, schenkten ihm die Spieler ein Erinnerungsfoto, für das sie sich ein St.Pauli-Trikot überzogen.
7.
Aufstiegsheld 2014
Mahir Saglik, gebürtiger Paderborner, spielte bereits von 2000 bis 2003 bei SC. Er hat demnach sogar die Oberligazeiten des Klubs miterlebt. Ab 2003 begann der Stürmer aber eine Odyssee durch Deutschland. Seine Vereine hießen: LR Ahlen, Borussia Dortmund II, 1. FC Saarbrücken, Wuppertaler SV, VfL Wolfsburg, Karlsruher SC, VfL Bochum und FC St. Pauli. Zwischenzeitlich spielte er noch in Österreich bei Admira Wacker Mödling und kehrte noch einmal nach Paderborn zurück (2009÷10). Im Sommer 2013 streifte er sich zum dritten Mal das Trikot des SC über. In der abgelaufenen Zweitligasaison wurde er mit 15 Treffern Torschützenkönig. Beim 6:1‑Sieg in Düsseldorf am 12. Spieltag machte er innerhalb von 40 Minuten vier Buden.
8.
Legende
Einmal Paderborn, immer Paderborn. Der 33-jährige Markus Krösche hat in den vergangenen 13 Jahren 350 Spiele für den SC Paderborn bestritten und dabei alle Höhen und Tiefen erlebt: Aufstieg in die 2. Liga, Abstieg in die 3. Liga, Westfalen-Pokalsieger und DFB-Pokal-Achtelfinale – und nun der Erstligaaufstieg. Das Blöde: Der Mittelfeldmann wird die Bundesliga nicht mehr erleben. Kapitän Krösche, der 2007 auch in die Jahrhundertelf des SC Paderborn gewählt wurde und neben der Karriere ein BWL-Studium an der Fachhochschule Paderborn absolvierte, hat nach dem Aufstieg seine Karriere beendet.
9.
Ex-Legenden
Die Fans des SC Paderborn können auf eine durchaus illustre Hall of Fame blicken: So spielten unter anderem Thomas von Heesen, Dieter Hecking, Uwe Erkenbrecher, Patrick Owomoyela, Michael Lammeck oder Tom Starke mal in Paderborn. In die Jahrhundertelf haben es von diesen bekannten Namen nur Thomas von Heesen und Dieter Hecking geschafft. Allerdings braucht es anscheinend nicht viel, um zum Uwe Seeler oder Franz Beckenbauer Paderborns zu werden: Hecking machte gerade mal 71 Spiele für den SC, Von Heesen war nur in seiner Jugend in Paderborn aktiv.
10.
Stadtwissen
Nicht, dass hier jemand den alten miesen Bielefeld-Verschwörungs-Gag auf Paderborn anwendet. Paderborn gibt es. Die Stadt liegt in Ostwestfalen, knapp 50 Kilometer südlich von Bielefeld und 100 Kilometer östlich von Dortmund. Der Stadtname zusammen aus den Wörtern Pader und Born. Born ist eine frühere Bezeichnung für eine Quelle. Die Pader ist ein Fluß – übrigens der kürzeste in ganz Deutschland. Er ist gerade vier Kilometer lang. Weitere tolle Superlative: Paderborn hat das größte Computermuseum der Welt, das kleinste Bundesligastadion (15.000 Plätze), die meisten Fahrradstellplätze und die älteste Städtepartnerschaft Europas (mit Le Mans). Paderborn hat übrigens 143.000 Einwohner, also mehr als Wolfsburg und Hoffenheim und kaum weniger als Leverkusen oder Freiburg. Das Dorf-Klischee soll trotzdem in den Medien hochgehalten werden, also machte vergangene Woche das Plakat eines Paderborn-Fans die Runde, denn es stand so schön beispielhaft für den Provinzcharme: „Bitte keine Relegation. Wir haben Schützenfest“, war da zu lesen. Apropos: Auch hier ist Paderborn ganz vorne dabei, denn Emin Özel wurde einst der erste muslimische Schützenkönig Deutschlands.