Harry Kane und Heung-min Son sind das aufregendste Duo im Weltfußball. Sie geben dem Sport eine verloren geglaubte Romantik. Doch dahinter steckt harte Arbeit.
Was macht eine glückliche Beziehung aus? Vertrauen? Humor? Gemeinsamkeiten? Nun, die Antworten auf diese Frage sind wohl so vielfältig wie die Anzahl an Beziehungsratgebern auf dem Markt. Doch in einem sind sich viele Expertinnen und Experten einig. Hape Kerkeling brachte es in seiner Rolle als Paarberaterin Evje van Dampen auf den Punkt: „Liebe ist Arbeit, Arbeit, Arbeit!“
Ob auch Harry Kane und Heung-min Son eine glückliche Beziehung führen? Wissen wir nicht. Geht uns ja eigentlich auch gar nichts an. Was wir aber wissen: Ihre Partnerschaft ist überaus erfolgreich! 13 gegenseitig aufgelegte Tore sind daraus in dieser Premier-League-Saison hervorgegangen. Damit haben sie bereits nach 16 Spielen den Rekord von Alan Shearer und Chris Sutton für die Blackburn Rovers aus der Spielzeit 1994/95 eingestellt. Insgesamt haben sie sich während ihr nun fast fünf gemeinsamen Jahre bei den Spurs schon zu 32 Treffern kombiniert. Die Chancen stehen also gut, dass sie noch in dieser Saison Frank Lampards und Didier Drogbas Allzeit-Bestmarke von 36 Toren knacken. Zu verdanken haben sie diese phänomenalen Zahlen einem Paartherapeuten. Und natürlich: harter Arbeit.
Denn nicht immer war die Zusammenarbeit der beiden Angreifer so fruchtbar wie derzeit. Im Gegenteil: Zu Sons Anfangszeiten bei den Spurs schien es, die beiden würden auf dem Platz nicht so recht harmonieren. Häufig standen sie sich sogar im Weg, weil sie ähnliche Wege in die Tiefe suchten. Daraus folgte, dass der Südkoreaner erfolgreicher spielte, wenn Harry Kane nicht auf dem Platz stand. Als Tottenhams Kapitän während der Saison 2018/19 häufiger verletzt fehlte, vertrat Son ihn im Sturmzentrum. Und traf elf Mal in 14 Spielen. In den 24 Partien hingegen, die sie gemeinsam auf dem Platz standen, waren es nur neun Tore.
Wie es manchmal so ist in Beziehungen, war es eine Luftveränderung, die den beiden guttat: Im November 2019 folgte José Mourinho an der White Hart Lane auf Mauricio Pochettino. Der Portugiese entpuppte sich als Glücksfall und Paartherapeut für die beiden. Denn er verstand es, ihre jeweiligen Stärken gemeinsam zur Geltung zu bringen. Zwar gibt Son in Tottenhams System nach wie vor nominell den Linksaußen. Doch unter Mourinho genießt der Südkoreaner die Freiheit, häufiger ins Zentrum zu ziehen. Harry Kane hingegen, jahrelang der Inbegriff eines Strafraumstürmers, beförderte Mourinho zum verkappten Spielmacher.
“Wir wissen, was wir mögen. Wir arbeiten sehr hart daran, eine gute Beziehung zu führen“
Bis zur Perfektion trieben die beiden ihre neuen Rollen im vergangenen September, als sie den FC Southampton mit 5:2 überrollten. Sensationelle vier Tore legte Kane dabei für seinen Sturmpartner auf. Nach dem Spiel erklärte der Engländer die Symbiose: „Wir wussten, dass in ihrem Rücken viel Platz sein würde. Also haben wir abgesprochen, dass ich mich fallen lasse und er in die Tiefe geht.“
Neben ihm stand Heung-min Son und grinste. Den Spielball hatte er sich als Andenken an diesen ganz persönlichen Sahnetag unter seinen Arm geklemmt. Und natürlich wusste er, wer ihm den beschert hatte: „Es ist eine Ehre, mit so einem großartigen Typen zusammenzuspielen“, bedankte er sich brav bei seinem Zuarbeiter. Auf die Frage, ob es denn eine Art telepathische Verbindung zwischen den beiden gebe, sagte Son ziemlich eindeutig: „Nein. Wir arbeiten jetzt seit fast fünf Spielzeiten zusammen. Wir wissen, was wir mögen. Wir arbeiten sehr hart daran, eine gute Beziehung zu führen – auf dem Platz und daneben.“