Seit der WM 1994, so liest man überall, tragen die Schiedsrichter bunte Hemden. Dabei ist der Farbrausch viel, viel älter.
Vierzig Wochen dauert dieser Countdown nun schon, und es wird sicher den einen oder anderen Leser geben, der jetzt endgültig der Meinung ist, dass dem Kolumnisten nichts mehr einfällt. Denn wie bereits vor einer Woche geht es heute schon wieder um Schottland. Damit das nicht so auffällt, bedient sich der Autor eines Tricks und beginnt ganz weit weg von Schottland, nämlich in den USA.
Dort fand 1994 die erste WM statt, die nicht in Europa oder Südamerika ausgetragen wurde. Die offizielle Seite des FIFA-Museums nennt das Turnier aber nicht nur deswegen „eine Weltmeisterschaft der Premieren“, denn vieles war neu damals. Zum ersten Mal gab es bei einer WM drei Punkte für einen Sieg, zum ersten Mal durften Torhüter einen Rückpass nicht mehr in die Hand nehmen, zum ersten Mal wurden nach der Vorrunde die Gelben Karten gestrichen und so weiter.
Modeikone Markus Merk
Und dann waren da ja noch die Unparteiischen. Unter der Überschrift „Neue Farben für die Schiedsrichter“ schreibt die FIFA-Seite: „Statt der traditionellen schwarzen stellte die FIFA den Schiedsrichtern für dieses Turnier rote, gelbe und silberne Trikots zur Verfügung.“
In der Tat gilt die WM 1994 heute als der Moment, in dem die Welt der Referees farbig wurde. Dabei hatte die Bundesliga das schon längst vorgemacht. Zu Beginn der Saison 1993/94 trat eine DFB-Anweisung in Kraft, nach der die Schiedsrichter grüne Hemden zu tragen hatten, solange diese Farbe nicht mit den Trikots der Spieler kollidierte. Den Startschuss zu jener Moderevolution hatte Markus Merk am 12. Juni 1993 beim Pokalfinale gegeben. Wie die „Zeit“ später über diesen Tag schrieb: „Zum allerersten Mal durfte ein deutscher Schiedsrichter in einem Hemd antreten, das nicht mehr schwarz war.“
Die Highlander-Frage
Das aber stimmt ebenso wenig wie die Behauptung, dass es erst 1994 bei einer WM bunte Hemden für die Schiedsrichter gegeben hätte. Womit wir nun endlich wieder bei unseren Freunden wären, den Schotten. Seit ihrem ersten Länderspiel im Jahre 1872 laufen sie wenn irgend möglich in dunkelblauen Trikots auf. Das war kein Problem, solange Schiedsrichter ganz anders aussahen als Spieler. John Langenus leitete zum Beispiel das erste WM-Finale noch in Knickerbockern und trug unter seinem Gehrock ein weißes Hemd mit Schlips.
Schließlich begannen aber auch die Unparteiischen, ein Trikot zu tragen, und spätestens mit dem Beginn regelmäßiger Filmaufnahmen mussten sie die Highlander-Frage klären: Was ziehe ich an, damit man mich gut von einem Schotten unterscheiden kann? Bei der British Home Championship 1975 lief Referee Malcolm Wright zur Partie Wales gegen Schottland zum Beispiel ganz in Grün auf. Drei Jahre später leitete der Elsässer Georges Konrath das Spiel zwischen England und Schottland in einem silber-grauen Hemd.