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QUADRAT 1 1 für Hochformate 23

Dieses Inter­view erschien erst­mals in Aus­gabe #228 und ist hier erst­mals online zu lesen. Das Heft ist wei­terhin im Shop erhält­lich.

Eric Maxim Choupo-Moting, Ihre Kar­riere hat ganz schön Fahrt auf­ge­nommen, erst das Star­ensemble von PSG, jetzt die Bayern. Das war nicht absehbar, oder?
2018 bin ich mit Stoke City abge­stiegen, und klar, danach habe ich nicht damit gerechnet, dass PSG anruft. Umso krasser, dass sich Thomas Tuchel gemeldet hat. Eine große Ehre.

Hatten Sie keine Sorge, dort Mbappé und Neymar von der Bank aus zusehen zu müssen?
Ich hatte immer ein gesundes Selbst­be­wusst­sein. Wenn ich wechsle, dann will ich auch spielen. Hätte ich mir das nicht zuge­traut, wäre ich nicht nach Paris gegangen. Der Wechsel zog sich aller­dings lange hin, in Paris haben sehr viele Leute sehr viel zu sagen. Aber ich wollte das unbe­dingt. Also habe ich anderen Klubs abge­sagt. Und am Ende war es richtig knapp: Erst am Dead­line Day haben wir den Ver­trag unter­schrieben.

In Paris galten Sie zunächst als Backup für Cavani und andere Welt­stars. Bei den Bayern sollen Sie der Ver­treter für Lewan­dowski sein. Ist das kom­pli­ziert, so oft der zweite Mann zu sein?
Das sehe ich gar nicht so. Lewan­dowski ist momentan der beste Stürmer der Welt, und wenn wir mit nur einem Angreifer spielen, wird das meis­tens Lewy sein. Trotzdem, ich möchte auch bei den Bayern meine Ein­sätze haben. Ich bin lange genug dabei, um zu wissen: Mit einem Team wie dem FC Bayern hast du extrem viele Par­tien in der Saison, da werden viele Spieler gebraucht, die viel­leicht am Anfang der Spiel­zeit nicht im Fokus stehen. Das war bei PSG auch so. Ich war kein Stamm­spieler, aber ich wurde wichtig.

Sie schossen das wich­tigste Tor der Ver­eins­ge­schichte.
PSG war in der Cham­pions League noch nie ins Halb­fi­nale gekommen. Vor dem Vier­tel­fi­nale gegen Ber­gamo wurde wirk­lich jeder noch mal darauf hin­ge­wiesen. Und natür­lich auch darauf, dass gerade der 50. Geburtstag des Klubs gefeiert wurde. Wir sollten es also bitte nicht ver­sauen. Aber dann lief erst mal gar nichts, und wir lagen 0:1 hinten, einige fran­zö­si­sche Medien stellten in der 89. Minute schon ihre Nach­be­richte über die bit­tere PSG-Pleite online. Ich dachte nur, so können wir nicht nach Paris zurück­kehren.

Tuchel hat Sie in der 79.Minute gebracht. Was sagte er Ihnen vor der Ein­wechs­lung? Zeig der Welt, dass du besser bist als Neymar?
(Lacht.) Nein, viel banaler. Er sagte nur: Komm, Junge, reiß dir den Arsch auf!“ Nachdem ich das Tor zum 1:1 ein­lei­tete, dachte ich, okay, das läuft doch gut, mal sehen, was in der Ver­län­ge­rung noch geht. Und dann passt Mbappé den Ball in die Mitte, und ich drücke ihn ins Tor. Da explo­dierte wirk­lich alles. Es war die dritte Minute der Nach­spiel­zeit, der reine Wahn­sinn.

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Ich möchte am Leben teil­nehmen“ – Eric Maxim Choupo-Moting

Chris­tian Kauf­mann

Sie spielten bei PSG mit Spie­lern die über hun­dert Mil­lionen Euro gekostet haben. Sie wech­selten ablö­se­frei – wie immer in Ihrer Kar­riere. Macht das was mit Ihnen oder mit dem Umfeld?
Für mich und die Mann­schaft ist das neben­säch­lich. Aber Fans oder Jour­na­listen beschäf­tigt es. Wenn ich spiele, aber ein 60-Mil­lionen-Mann auf der Bank hockt, kommen halt Fragen auf.

Sie spre­chen neben Deutsch flie­ßend Fran­zö­sisch und Eng­lisch. Tuchel schätzt Ihre inte­gra­tive Art. Waren Sie sein ver­län­gerter Arm für den Kader voller Super­stars?
Tuchel kenne ich von all meinen bis­he­rigen Trai­nern am besten. Schon weil er mich bei Mainz am längsten trai­niert hat. Aber ver­län­gerter Arm? Wir ver­stehen uns gut und duzen uns. Aber er ist immer auch mein Trainer gewesen, eine Respekts­person, zu der man eine gewisse Distanz wahren muss. Zu viel Nähe würde auch bei den Mit­spie­lern komisch ankommen. Ich bin jeden­falls nicht in die Kabine gekommen und habe direkt jeden Spieler ange­spro­chen. Sie sind eher auf mich zuge­kommen, unter anderem auch, weil ich gut mit Kurt Zouma befreundet bin und er einige von den PSG-Jungs aus der fran­zö­si­schen Natio­nalelf kennt.

Sie gelten als gelas­sener Typ, Tuchel hin­gegen wirkt oft ver­bissen. Wie passt das zusammen?
Zum ersten: Ich bin nicht immer gelassen. Es ärgert mich, wenn ich ein super Spiel mache und im nächsten dann auf der Bank sitze. Aber manchmal musst du akzep­tieren, wenn der Trainer sagt: Maxim, ich könnte dich heute von Anfang an auf­stellen, aber ein Gefühl sagt mir, dass du was reißt, wenn ich dich erst in der Schluss­phase bringe.“ Blöd ist es, wenn du gar nicht rein­kommst, weil der Spiel­ver­lauf es nicht erlaubt.

Und zum zweiten?
Für Tuchel ist die Trai­ner­sta­tion in Paris sicher­lich auch eine große Ver­än­de­rung. Ich fand es bewun­derns­wert, wie besonnen und kon­se­quent er die Mann­schaft geführt hat. Und na klar, das Team besteht aus so vielen ver­schie­denen Cha­rak­teren, dem einen oder anderen habe ich dann schon manchmal erklärt: Come on, let’s be on time, it is important for the coach!“

Wie haben Sie in den letzten zwei Jahren die Welt­me­tro­pole Paris erlebt?
Ich mag Mode, urbane Kunst, HipHop. Daher fand ich Paris super. Ich habe häu­figer Fashion­shows besucht, gerne war ich auch im Marais oder Pom­pidou, da ist viel los, du siehst Bilder von Banksy an den Wänden, Break­dancer auf der Straße, ein Freund von mir hat dort eine Kunst­ga­lerie. Kennt ihr den Film Wild Style“?

Der HipHop-Film aus den Acht­zi­gern?
Ja, den. Das Thema inter­es­siert mich. Wie die Kunst in den Alltag rein­wirkt. Manchmal habe ich mir auch ein­fach einen Roller geschnappt und bin durch die Stadt gefahren. Eine archi­tek­to­nisch total beein­dru­ckende Metro­pole.

Sie konnten sich als Profi von PSG ganz normal in der Stadt bewegen?
Für die Super­stars Mbappé oder Neymar ist das kaum mög­lich. Auch für mich war es extremer als in Deutsch­land, die Leute springen mitten auf der Straße von ihren Rol­lern, um ein gemein­sames Foto zu machen. Und manchmal habe ich mir gewünscht, ein­fach nur mal einen Spa­zier­gang in Ruhe mit meiner Familie zu machen. Aber wisst ihr was, ich freue mich immer noch dar­über, beson­ders wenn Kinder kommen. Außerdem will ich mich nicht ver­ste­cken, ich möchte am Leben teil­nehmen.