Als die Bundesliga im Mai 2020 nach mehrwöchiger Spielpause den Betrieb wieder aufnahm, gehörte zu den Verlautbarungen der Liga auch das Versprechen von Ligaboss Christian Seifert, die für die Wiederaufnahme notwendigen Corona-Tests keiner systemrelevanten Gruppe wegzunehmen. „Es wäre absolut ungehörig“, sagte Seifert damals, „wenn wir auch nur einer Mitarbeiterin oder einem Mitarbeiter aus irgendeiner Klinik auch nur irgendeinen Test wegnehmen würden“.
Man muss an den Wortlaut dieses Versprechens noch einmal erinnern, angesichts der Tatsache, dass derzeit die Corona-Tests überall in der Republik zu einem raren Gut zu werden scheinen. Schon seit Monaten hatten viele Labore gewarnt, bei rapide ansteigenden Infektionen nicht mehr alle Proben zeitnah auswerten zu können. Weil Material fehlt, mal sind es Abstrichtupfer, mal Pipettenspitzen. So einfach der Abstrich zu nehmen ist, so sehr sind die Labore bei der Auswertung von den Lieferungen der Diagnostik-Hersteller abhängig.
Angesichts solcher Meldungen war es nur eine Frage der Zeit, bis die Öffentlichkeit die Versprechungen des Profifußballs aus dem Frühjahr hervorkramen würde. Zumal der Deutsche Fußballbund vor ein paar Tagen mit dem Hinweis vorpreschte, bei den Testungen in der dritten Liga und der Frauen-Bundesliga mehrere Abstriche zusammen in sogenannten Pools zu testen. Was umgehend die Frage aufwarf, ob die Profiligen ihre Strategie nicht auch ändern müssten, um ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden. Wer die Diskussion verfolgte, hatte kurzzeitig den Eindruck, Fußballprofis würden vor Klinikeingängen lauern, um Krankenschwestern ihre Tests wegzureißen.
Die nüchterne Antwort lautet jedoch: Der Profifußball und seine Testungen sind nicht relevant, wenn es um eine spürbare Entlastung der Labore geht. Die DFL lässt derzeit pro Woche zwischen 3000 und 3600 Tests analysieren, in sechs unterschiedlichen Laboren. Nun sprach das Robert-Koch-Institut für die letzte Woche von 1.612.826 verfügbaren Tests, der Fußball beansprucht also gerade einmal 0,2 Prozent der Kapazitäten. Was auch die „Akkreditierten Labore in der Medizin“ (ALM) in der FAZ zu der Erklärung brachte, Tests im Fußball seien nicht der treibende Faktor und zudem nicht dafür verantwortlich, „dass es andernorts zu Verzögerungen kommt“.