Fußball um jeden Preis? Nicht mit dem spanischen Profi Rafael Jarque.
Fußballer befassen sich mit dem eigenen Karriereende in aller Regel erst, wenn die 30 überschritten ist oder sportlich nicht mehr alles nach Plan läuft. Davon kann beim Spanier Rafael Jiménez Jarque, genannt Fali, wahrlich nicht die Rede sein. Doch obwohl der erst 26-jährige Innenverteidiger Stammspieler beim spanischen Zweitligisten FC Cadiz ist und noch einen Vertrag bis 2024 besitzt, denkt er über ein zeitnahes Karriereende nach. Der Grund: Eine mögliche Fortsetzung des Spielbetriebs in Spanien – trotz Corona.
„Meine Gesundheit und die meiner Familie sind mir mehr wert als alles Geld der Welt“, sagte Fali in einem Interview mit einem spanischen Radiosender. Gefolgt von einer drastischen Aussage: „Ohne einen Impfstoff höre ich mit dem Fußball auf.“ Er werde die Gesundheit nicht für Leute aufs Spiel setzen, die ihn zum Fußballspielen zwingen wollen. „Wenn ich bis September oder Oktober warten muss, bis das Virus nicht mehr da ist, werde ich es tun“, so Fali weiter. Damit bezieht sich der Spanier auch auf mögliche Geisterspiele. „Wir sind verrückt, wenn wir Fußball spielen wollen. Wir setzen uns einem großen Risiko aus. Ich werde nicht wieder trainieren oder spielen, sofern auch nur ein minimales Risiko besteht.“ Dass er deshalb seine Karriere beenden könnte, belastet Fali allerdings nicht. „Wenn ich zu meinem vorherigen Leben zurückkehren muss, bin ich glücklicher als jeder andere.“
„Ich habe mit 16 geheiratet und bin mit 17 Vater geworden. Das ist bei uns Zigeunern so üblich.“
Ein Leben, in das die meisten Profifußballer wohl nicht zurückkehren wollen würden, von dem Fali allerdings sagt, es gebe alles her, um ein Buch darüber zu schreiben oder es zu verfilmen. Er selbst bezeichnet sich als „Gitana“, zu Deutsch „Zigeuner“, und erzählte im spanischen Sportradio Tiempo de Juego Anfang April von seinem kargen Leben vor der Profikarriere. „Ich habe mit 16 geheiratet und bin mit 17 Vater geworden. Meine Frau war 14. Das ist bei uns Zigeunern so üblich.“
Auch von seinem ersten Profivertrag beim Drittligisten Gimnàstic de Tarragona berichtete Fali. „Ich bekam einen Anruf und musste am selben Tag noch nach Tarragona. Da wir damals nie mehr als für fünf oder zehn Euro Benzin im Tank hatten, bat ich meinen Vater den Van vollzutanken. Als ich mit ihm und meinem Onkel, einem zwei Meter langen Zigeuner mit Haaren am Arsch und einem Tattoo von Real Madrid, dort ankam, fragte der Präsident: ‚Wer zum Teufel sind sie?‘ Mein Berater sagte: ‚Das ist Fali, der Neuzang.‘ Für den Rückweg musste ich den Präsidenten um Geld bitten, damit wir die Maut bezahlen konnten. Es war mein erster professioneller Vertrag. Ich hatte davor nie Geld verdient.“
Nach zwei Jahren bei Barcelona B wechselte Fali im vergangenen Sommer nach Cadiz, wo er auf Anhieb Stammspieler wurde. Obwohl, oder vielleicht vor allem, weil er weiß, wie ein Leben ohne Profißuball aussehen kann, der Fußball nicht alles für den Innenverteidiger ist: „Niemand stirbt, weil er nicht Fußball guckt. Wir können aber sterben, weil wir spielen oder andere Menschen können wegen uns sterben.“ Er wolle nicht, dass sich jemand bei ihm ansteckt. „Das könnte ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren. Wenn ich dafür mit 26 Jahren den Fußball aufgeben muss, werde ich ihn aufgeben.“