Philipp Lahm, wo ist eigentlich Ihr Hubschrauber?
Der steht zu Hause am Tegernsee. Nein, ich hab‘ keinen. Der DFB muss sparen (lacht).
Oder Sie haben schlecht verhandelt.
Kann auch sein.
Haben Sie früher in der Kabine mal Witze über Franz Beckenbauer gemacht, der fast eineinhalb Jahre in der Luft war, um die Welt für Deutschland als WM-Gastgeber 2006 zu gewinnen?
Nein, wir haben das als Mannschaft gar nicht so wahrgenommen. Als Spieler hat man einen anderen Fokus.
Jetzt wollen Sie die EM 2024 nach Deutschland holen. Womit?
Die EM würde die Menschen wieder mehr zusammenbringen, weil sie auch immer Impulse nach innen freisetzt. Und: Wir können so ein Turnier austragen, das haben wir 2006 bewiesen. Wir haben die Infrastruktur, vor allem die Stadien. Wir müssten sie nur ein bisschen modernisieren.
In Deutschland gilt die Bewerbung fast als Selbstläufer, weil die Türkei als Konkurrent unterschätzt wird. Macht Ihnen das Sorgen?
Wir unterschätzen das nicht. Die Türkei ist ein starker Gegner, aber wir konzentrieren uns auf unsere Stärken. Wichtig ist, dass die Bevölkerung hinter der Bewerbung steht.
Reinhard Grindel, der DFB-Präsident, hält den 27. September, den Tag der Uefa-Entscheidung, für wichtiger als den 15. Juli, den Tag des WM-Finals. Sehen Sie das als ehemaliger Fußballer auch so?
Aktuell ist mir der 15. Juli, der Tag des WM-Finals, natürlich wichtiger. Trotzdem: Wenn man auf das große Ganze schaut und auch auf 2006 zurückblickt, dann verschieben sich die Relationen. Wir hatten damals auch ein paar Probleme im Land, eine hohe Arbeitslosigkeit zum Beispiel. Ein solches Turnier kann die Menschen wieder zusammenbringen. Es geht der Gesellschaft eben nicht immer besser, besser, besser. Es kommen auch schwierige Zeiten. Die haben wir jetzt wieder, zumindest ansatzweise.
Was macht es eigentlich so schwer, einen WM-Titel erfolgreich zu verteidigen?
Erst einmal ist es schon sehr schwer, den WM-Titel überhaupt zu gewinnen. Ihn dann noch zu verteidigen? Die Gegner sind noch mal motivierter, weil sie gegen den amtierenden Weltmeister spielen. Wenn sie verlieren, ist es normal. Wenn sie gewinnen, sind sie Helden wie jetzt die Mexikaner. Das ist ein großer Unterschied.
Die Nationalmannschaft hat immer von diesen Gefahren gesprochen – aber auch davon, dass sie mit der erfolgreichen Titelverteidigung Geschichte schreiben will. Könnte sie das zu sehr belasten?
Das wird man jetzt sehen. Wie die Mannschaft zusammenhält, wie die Führungsspieler den Weg vorgeben. Vielleicht braucht die Mannschaft auch diesen Druck, dass sie jetzt mit dem Rücken zur Wand steht. Viele Spieler haben das schon erlebt. 2014 mussten wir auch im letzten Gruppenspiel gegen die USA punkten. 2010, nach der Niederlage gegen Serbien, lastete vor dem Spiel gegen Ghana unglaublich viel Druck auf einer damals noch sehr jungen Mannschaft. Eine Mannschaft kann so einen Rückschlag wie gegen Mexiko auch positiv sehen, indem sie sich sagt: Das schweißt uns erstrecht zusammen. Ich bin mir sicher, dass die Analyse jetzt deutlich ausfällt.