Als Star der WM 1974 wechselte der Argentinier Carlos Babington zu Wattenscheid 09 in die Zweite Liga. Weil die Geburtsurkunde des Großvaters fehlte.
Nach der Zeit in Wattenscheid haben Sie noch drei Jahre bei ihrem alten Klub Huracán gespielt und waren dort später auch Trainer und Präsident. Deshalb sind Sie auch als „argentinischer Beckenbauer“ bezeichnet worden.
Wobei meine Geschichte dann doch anders war, und damit meine ich nicht nur die Größe der Erfolge. 2003 war ich nämlich gesundheitlich vollkommen am Ende und glaubte, sterben zu müssen. Mein Arzt legte mir daraufhin nahe, mit dem Rauchen aufzuhören und den Trainerjob dranzugeben. Als mir ein paar Jahre später angetragen wurde, in die Vereinspolitik einzusteigen, gab mir der Arzt dafür das Okay. Präsident zu sein, ist zwar auch kein Zuckerschlecken, aber kein Vergleich zu dem Stress, den man als Trainer hat. Zumal sich die Sache zunächst unglaublich gut anließ. Nach nur zehn Monaten im Amt stiegen wir wieder in die erste Liga auf und wären 2009 sogar fast direkt Meister geworden. Wir hatten eine großartige Mannschaft mit Mario Bolatti und Javier Pastore und Matias Defederico. Ein Jammer, dass wir so nah am Titel waren und ihn auf sehr umstrittene Weise verpasst haben. Dass der Schiedsrichter der entscheidenden Partie nie wieder bei einem Spiel eingesetzt wurde, sagt doch alles.
Im fraglichen Spiel wurde Ihrer Mannschaft ein Tor wegen einer vermeintlichen Abseitsposition aberkannt, danach traf Velez Sarsfield nach einem klaren Foul. Wie haben Sie die Partie damals erlebt?
Ich hatte beschlossen, nicht ins Stadion zu gehen, weil ich sonst wahrscheinlich auf der Tribüne gestorben wäre. Ich kam also mit den Spielern an, wünschte ihnen alles Gute und verschwand dann vermummt, um nicht erkannt zu werden. Ich ging zwei Stunden lang im Hagelsturm an der Straße entlang, hatte kein Radio und keine Ahnung, was vor sich ging. Dann kehrte ich zurück und sah einen feiernden Velez-Fan. Glauben Sie mir, es war besser, es so zu erfahren. Das war schon tragisch, aber der Abstieg im Jahr darauf schmälerte alles, was wir bis dahin erreicht hatten.
Das klingt nicht unbedingt nach weniger Stress?
Doch, letztendlich schon. Natürlich hat man auch als Präsident mit belastenden Situationen zu tun. Aber Sie können sich nicht vorstellen, wie entspannt ich bei Spielen war im Vergleich zu dem Nervenbündel zu meiner Zeit als Trainer.
Als Präsident hatten Sie auch Scherereien mit den Barra Bravas.
Das Schwierigste am Präsidentenamt in Argentinien ist es, sich mit diesen Ganoven zu arrangieren. Ich stellte ihnen Tickets für Auswärtsspiele und Busse für die Anreise zur Verfügung, um für Ruhe zu sorgen. Die einzige Bedingung war, dass die Ultras sich vom Klub und den Spielern fernhalten sollten. Angesichts dessen, dass Spieler im vorletzten Jahr sogar mit Waffen bedroht worden waren, war das der richtige Schritt. Wenn die Justiz oder die Regierung sich nicht einschalten wollen, warum sollte man es dann allein auf sich nehmen, sich mit den Ultras herumzuschlagen?
Wurden Sie bedroht?
Ja, viele Male. Ich wusste, dass ich eingeschüchtert werden sollte, aber nur Feiglinge verlegen sich auf Drohungen. Ich hatte keine Angst, mir war es einfach egal. Ich wurde als Spieler beleidigt, später als Trainer und dann auch als Präsident. Aber wie sagte Klaus Steilmann immer: „Nur die Zähesten kommen durch!“