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Seite 3: „Nur die Zähesten kommen durch!“

Nach der Zeit in Wat­ten­scheid haben Sie noch drei Jahre bei ihrem alten Klub Huracán gespielt und waren dort später auch Trainer und Prä­si­dent. Des­halb sind Sie auch als argen­ti­ni­scher Becken­bauer“ bezeichnet worden.
Wobei meine Geschichte dann doch anders war, und damit meine ich nicht nur die Größe der Erfolge. 2003 war ich näm­lich gesund­heit­lich voll­kommen am Ende und glaubte, sterben zu müssen. Mein Arzt legte mir dar­aufhin nahe, mit dem Rau­chen auf­zu­hören und den Trai­nerjob dran­zu­geben. Als mir ein paar Jahre später ange­tragen wurde, in die Ver­eins­po­litik ein­zu­steigen, gab mir der Arzt dafür das Okay. Prä­si­dent zu sein, ist zwar auch kein Zucker­schle­cken, aber kein Ver­gleich zu dem Stress, den man als Trainer hat. Zumal sich die Sache zunächst unglaub­lich gut anließ. Nach nur zehn Monaten im Amt stiegen wir wieder in die erste Liga auf und wären 2009 sogar fast direkt Meister geworden. Wir hatten eine groß­ar­tige Mann­schaft mit Mario Bolatti und Javier Pas­tore und Matias Defe­derico. Ein Jammer, dass wir so nah am Titel waren und ihn auf sehr umstrit­tene Weise ver­passt haben. Dass der Schieds­richter der ent­schei­denden Partie nie wieder bei einem Spiel ein­ge­setzt wurde, sagt doch alles.

Im frag­li­chen Spiel wurde Ihrer Mann­schaft ein Tor wegen einer ver­meint­li­chen Abseits­po­si­tion aberkannt, danach traf Velez Sars­field nach einem klaren Foul. Wie haben Sie die Partie damals erlebt?
Ich hatte beschlossen, nicht ins Sta­dion zu gehen, weil ich sonst wahr­schein­lich auf der Tri­büne gestorben wäre. Ich kam also mit den Spie­lern an, wünschte ihnen alles Gute und ver­schwand dann ver­mummt, um nicht erkannt zu werden. Ich ging zwei Stunden lang im Hagel­sturm an der Straße ent­lang, hatte kein Radio und keine Ahnung, was vor sich ging. Dann kehrte ich zurück und sah einen fei­ernden Velez-Fan. Glauben Sie mir, es war besser, es so zu erfahren. Das war schon tra­gisch, aber der Abstieg im Jahr darauf schmä­lerte alles, was wir bis dahin erreicht hatten.

Das klingt nicht unbe­dingt nach weniger Stress?
Doch, letzt­end­lich schon. Natür­lich hat man auch als Prä­si­dent mit belas­tenden Situa­tionen zu tun. Aber Sie können sich nicht vor­stellen, wie ent­spannt ich bei Spielen war im Ver­gleich zu dem Ner­ven­bündel zu meiner Zeit als Trainer.

Als Prä­si­dent hatten Sie auch Sche­re­reien mit den Barra Bravas.
Das Schwie­rigste am Prä­si­den­tenamt in Argen­ti­nien ist es, sich mit diesen Ganoven zu arran­gieren. Ich stellte ihnen Tickets für Aus­wärts­spiele und Busse für die Anreise zur Ver­fü­gung, um für Ruhe zu sorgen. Die ein­zige Bedin­gung war, dass die Ultras sich vom Klub und den Spie­lern fern­halten sollten. Ange­sichts dessen, dass Spieler im vor­letzten Jahr sogar mit Waffen bedroht worden waren, war das der rich­tige Schritt. Wenn die Justiz oder die Regie­rung sich nicht ein­schalten wollen, warum sollte man es dann allein auf sich nehmen, sich mit den Ultras her­um­zu­schlagen?

Wurden Sie bedroht?
Ja, viele Male. Ich wusste, dass ich ein­ge­schüch­tert werden sollte, aber nur Feig­linge ver­legen sich auf Dro­hungen. Ich hatte keine Angst, mir war es ein­fach egal. Ich wurde als Spieler belei­digt, später als Trainer und dann auch als Prä­si­dent. Aber wie sagte Klaus Steil­mann immer: Nur die Zähesten kommen durch!“