Diego und Dieter verstehen sich blendend, Juanan tunnelt seinen Torhüter per Kopfball und Mame Diouf schießt ein Traumtor – doch keinen interessiert es. Die Elf des Spieltags.
Tim Wiese
Kaum zu glauben, aber das Jahr 2013 startete für Tim Wiese wie ein wohlig warmer Fiebertraum: Denn im ersten Spiel der Rückrunde blieb der viel geschundene Keeper ohne Gegentor. Glückwunsch! Da seine Kollegen allerdings auch nicht viel zustande brachten, muss das Projekt „Champions League“ allerdings noch etwas vertagt werden.
Lewis Holtby
Vor seinem ersten Auftritt in der Arena auf Schalke nach der Bekanntgabe seines Weggangs hatte man mit allem gerechnet – nur nicht damit: Lewis Holtby steigerte beim Zirkusspiel gegen Hannover seinen Markwert deutlich, bereitete zwei Tore vor, schoss das entscheidende 5:3 und wurde bei seiner Auswechslung kurz vor dem Ende mit freundlichen Applaus verabschiedet. Und auch nach dem Spiel machte Holtby alles richtig. Erst ließ er tief in die eigene Anatomie blicken („Ich werde mich nicht verpissen, ohne mir den Arsch aufzureißen“) und zeigte dann auch noch, was für einen kreuzbraven Bengel die Bundesliga da verlieren wird, als er zu Protokoll gab: „Ich möchte niemanden anlügen. Wenn ich jetzt etwas sage, was nicht stimmt, dann kriege ich Haue von Mama.“ So viel Ehrlichkeit wird der Liga wohl bald fehlen.
Mario Mandzukic
Auch wenn Uli Hoeneß es schon jetzt nicht mehr hören kann: Ab sofort beginnt beim FC Bayern das große Vorspielen für Pep Guardiola. Die Spieler wissen: Der „Wunder-Trainer“ („Bild“) sitzt irgendwo in New York und seziert jeden Schritt. Am ersten Tag des Bewerbungsmarathons machte vor allem Mario Mandzukic dabei eine außerordentlich gute Figur. Sein Doppelpack bescherte dem FC Bayern ein 2:0 gegen Greuther Fürth und Guardiola eine Floskel, die er bei seiner Ankunft im Sommer circa siebzehntausenddreihundertzwanzig Mal gehört haben wird: „Am Ende zählen die drei…“ Ach, sparen wir uns das.
Stefan Kießling
Kürzlich durfte Stefan Kießling in der „Bild“ erzählen, dass er eigentlich Koch werden wollte. Doch „als er die Arbeitszeiten erfuhr, gab er den Job auf“. Dann schon lieber Fußballprofi – lange ausschlafen, dicke Autos und coole Unterarm-Tattoos. Und mehr noch: Im Kalenderjahr 2012 war Kießling der beste Torjäger der Bundesliga. 2013 macht er da einfach weiter. Gegen Frankfurt schoss er ein Tor und bereitete einen Treffer vor. Und das alles, weil Pyrotechnik aufs Spielfeld flog und das Spiel für sieben Minuten unterbrochen werden musste. Kießling: „Das hat uns gut getan.“ Das Schönste an diesem Samstagnachmittag war allerdings, dass Jogi Löw im Stadion weitle. Darf Kießling jetzt also wieder für Deutschland ran? Kießling: „Es zählt nur, dass ich meine Leistu…“ Ach, sparen wir uns auch das.
Mario Götze
Wer kann diesem kleinen Wusel schon böse sein? Im Spiel gegen Werder Bremen zerlegte Götze mit seinem kongenialen Partner Marco Reus erst den Gegner, kratzte dann aber etwas am eigenen Image. Zum wiederholten Mal versuchte sich Götze an einer Imitation des Klassikers „Die Hand Gottes“. Auch diesmal scheiterte er grandios. Man könnte das jetzt unsportlich nennen, aber das ist im allgemeinen BVB-Hype unter Strafe verboten. Deswegen nennen wir es, hm, ja wie denn nun? Frech? Spitzbübisch? Ungeschickt? Nein, wir nennen es jugendlichen Leichtsinn! Und heute Abend geht es ohne warme Milch ins Bett, lieber Mario.
Nuri Sahin
Nach seinem Comeback jubelte Sahin: „Die Sprechchöre, der Empfang, das ist ja alles andere als selbstverständlich, da hatte ich schon Gänsehaut.“ Vor seinem Comeback sagte er: „Ich kenne sämtliche Abläufe und weiß etwa, wo Schmelzer und Piszczek hinlaufen.“ Leider nützte das nichts, denn der verlorene Sohn durfte nur sechs Minuten spielen. Er ist trotzdem „entspannt“. Willkommen zurück in der Wellnessoase „Tropical Dortmund“.
Juanan
Was haben wir alles schon gesehen: Mitspieler, die am Mittelkreis gegeneinander laufen und einfach umfallen. Torhüter, die den Ball per Hinterkopf ins eigene Tor bugsieren. Stürmer, die vor dem leeren Tor den Pfosten treffen. Doch ein Abwehrspieler, der seinen eigenen Keeper per Kopfball tunnelt und so den Ball seinem Gegenspieler Sascha Mölders exakt in den Lauf legt, ist neu. Juanan hat’s gemacht, Am Sonntagabend. Er ist damit wohl der präziseste Spieler der Bundesliga. Wir hoffen sehr, dass er bald ins Sportstudio geladen wird und dort sechs Dinger versenkt –per Kopf.
Diego
Ein Tor, eine Vorlage. Diego sprüht auch unter dem neuen Coach Dieter Hecking vor Spielfreude. Und weil alles so schön ist, streichelt man sich gegenseitig die Egos. „Er ist ein großartiger Trainer!“ bzw. „Diego hat den Unterschied gemacht!“ Herrlich! Wir hören Hintergrundmusik von Beyonce oder Whitney Houston. Wir sehen Kai Pflaume aus seinem Kai-Pflaume-Wohnwagen steigen. Wir sehen den Herzblatthubschrauber landen, weißer Rauch, rote Rosen, Streicher und Kinder, die Blumen schmeissen. Ach, Diego, ach, Dieter.
Sascha Mölders
Er schoss die beiden mit Abstand hässlichsten Tore des 18. Spieltags und sorgte so für den überraschenden Erfolgs seiner Augsburger gegen Fortuna Düsseldorf. Da es für Schönheit in der Liga noch immer keinen Preis gibt, klebt der FCA nun plötzlich im Nacken von Hoffenheim.
Mame Diouf
Stell dir mal vor, du schießt ein Traumtor – und keinen interessiert es. So geschehen am Freitagabend, als Hannover-Angreifer Mame Diouf in der 92. Minute zum Fallrückzieher aus 18 Meter ansetzte und auch noch traf. So schön dieses Tor auch war, so unnütz war es nach Abpfiff. Hannover unterlag Schalke mit 4:5 und 96-Coach Mirko Slomka fasste zusammen: „Für einen Bundesligatrainer, der strategisch denkt, war es ein Desaster.“ Wir haben uns trotzdem gefreut.
Torsten Kinhöfer
Eigentlich gehört das gesamte Spielfeld zum Hauptbetätigungsfeld des Fifa-Referees Torsten Kinhöfer. Doch beim Spiel zwischen Freiburg und Mainz durfte (oder musste) der Mann aus Wanne-Eickel als „Vierter Offizieller“ an der Seitenlinie ran. Genauer gesagt, sollte er die Trainerhitzköpfe Streich und Tuchel in Manndeckung nehmen. Beide waren im Hinspiel so heftig aneinander geraten, dass der DFB sich entschieden hatte, die Partie als Trainer-Risikospiel auszurufen und statt einem Jungspund, einen echte Routinier an die Außenbahn zu stellen. Ob Kinhöfer diese Degradierung als Kompliment gesehen hat, ist nicht überliefert. Es blieb jedenfalls ruhig.