Xabi Alonso gilt als Saubermann des Fußballs, doch jetzt muss er wegen Steuerhinterziehung vor Gericht. Sollte er verurteilt werden, müsste er wohl ins Gefängnis – denn anders als seine Kollegen, möchte er sich nicht freikaufen.
Es wäre eine Traumelf: Vorne ein Dreier-Sturm aus Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und Alexis Sánchez, dahinter ziehen Luka Modric, Xabi Alonso, James Rodríguez und Àngel Di María die Fäden, in der Abwehr: Javier Mascherano, Gerard Piqué, Marcelo und Fabio Coentrao. Auf der Bank sitzen, neben Trainer José Mourinho, Radamel Falcao, Gareth Bale und Mesut Özil. Alle aus diesem fiktiven Team eint zwei Dinge: Sie haben in der Primera Division gespielt und sie haben Probleme mit der spanischen Steuerbehörde. Wenn diese Mannschaft in der Champions League antreten würde, sie wäre der Topfavorit. Gut, ohne Torwart würde sie zumindest nach der Gruppenphase Probleme bekommen und Mourinho ist auch nicht mehr der Garant für erfolgreichen Fußball, aber da kann man ja ein Auge zudrücken.
Doch wenn alles normal laufen würde, würde diese Mannschaft nicht um die Champions League spielen, sie wäre, auch ohne Torwart und mit veralteter Taktik, die beste Knastmannschaft der Welt. Denn alle Spieler in dieser Mannschaft haben sich auf einen Deal mit dem Staat eingelassen, der ihnen zwar eine Bewährungsstrafe und eine dicke Geldbuße einbrachte, sie aber vor einem Haftantritt verschonte. Einzige Ausnahme: Xabi Alonso. Ronaldo zahlte knapp 19 Millionen und bekam zwei Jahre auf Bewährung (Hinterzogene Summe: 14,7 Millionen Euro), Messi zahlte zwei Millionen und bekam 21 Monate auf Bewährung (Hinterzogene Summe: Vier Millionen Euro). Normalsterbliche wären bei den Beträgen wohl ohne Zweifel für einige Jahre in den Knast gegangen.
Eine Frage des Prinzips
Auch Alonso hatte die Möglichkeit, einen außergerichtlichen Deal einzugehen. Doch anders als seine Kollegen möchte er es zu einer Verhandlung kommen lassen. „Für mich ist das eine Frage des Prinzips“, sagte der ehemalige Bayernspieler El Confidencial. Für den 22. Januar ist der erste Prozesstag angesetzt. Wenn er verurteilt wird, muss er wohl für fünf bis acht Jahre ins Gefängnis. Zwei Millionen Euro soll Alonso laut Anklage während seiner Zeit bei Real Madrid hinterzogen haben. Genau wie bei den anderen Fußballern geht es dabei um Bildrechte und Werbeeinnahmen, die er nicht korrekt versteuert haben soll.
In Spanien bezahlen Spitzenverdiener 47 Prozent Steuern. Doch es gibt die Möglichkeit andere Verdienste, die nicht aus dem normalen Arbeitsvertrag kommen, geringer zu besteuern, mit 28 Prozent. Deswegen haben viele spanische Spitzenprofis eine Klausel, die ihnen, zusätzlich zum normalen Gehalt, genau diese Rechte am eigenen Bild zusichern. Das Geld zahlen die Vereine dann Brutto aus, denn es liegt an den Angestellten, diese Summen zu versteuern. Seit 2014 untersucht der spanische Fiskus das Vorgehen genau und hat festgestellt, dass viele Profis dafür Firmen im Ausland gegründet haben oder nutzen, um das Geld deutlich geringer oder gar nicht zu versteuern.
Messi nutzte dafür Firmen in Belize, der Schweiz und in Großbritannien, Ronaldo soll während seiner Zeit bei Real Madrid rund 138 Millionen Euro über Firmen in den Virgin Islands „versteuert“ haben. Er kam sogar besonders gut weg, denn bis 2015 mussten ausländische Profis in den ersten fünf Jahren, die sie in Spanien arbeiteten, nur 19,5 Prozent Steuern bezahlen. Das Gesetz wurde erlassen, kurz bevor David Beckham nach Madrid wechselte und ist deswegen bekannt als „Ley Beckham“, also Beckham-Gesetz.
Ronaldo soll deshalb für seine 138 Millionen Euro nur 5,7 Millionen Euro Steuern gezahlt haben, also rund vier Prozent. Der Fall von Alonso ist anders. Er nutzte eine Firma auf Madeira, also ein Standort innerhalb der Europäischen Union, in dem er zwar weniger Steuern als in Spanien zahlte, der aber nicht als Steuerparadies gilt, wie die Virgin Islands. Und der Spanier hatte diese Firma und die durch sie generierten Einnahmen bei jeder Steuererklärung angegeben. Von einer versuchten Vertuschung kann daher, Stand jetzt, wohl nicht gesprochen werden.
Als Fan wünscht man sich einen Freispruch
Alonso wird auch deshalb vor Gericht gehen. Die Chancen auf einen Freispruch stehen gut, zumal er bereits vor einigen Jahren in genau diesem Fall freigesprochen wurde. Die damalige Generalstaatsanwältin, Consuelo Madrigal, veranlasste 2016, dass dieser Fall nun neu aufgerollt wird. Der Spanier galt immer als der perfekte Gentleman, als einer, der sich nichts zuschulden kommen ließ, der immer fair war.
Als Fußballfan wünscht man sich fast, dass Alonso freigesprochen wird. Es ist schon einmal ein gutes Zeichen, dass er sich, als erster Fußballer, auf einen Prozess einlässt und sich nicht durch irgendwelche undurchsichtigen Deals seine Freiheit erkauft. Aktuell ist Xabi Alonso wieder bei Real Madrid unter Vertrag, als Jugendtrainer. Dort möchte er den Sprung ins Profigeschäft schaffen.
Karl-Heinz Rummenigge brachte ihn erst vor Kurzem als künftigen Bayerntrainer ins Gespräch. Sollte er nicht wegen Steuerhinterziehung ins Gefängnis müssen, spricht wenig gegen eine große Trainerkarriere. Falls doch, gibt es ja vielleicht einen großen Verein, der bei solchen Straftaten doch mal ein Auge zudrückt.