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Seite 3: „Interviewen Sie unser Trüffelschwein?“

Heldt ist kein alerter Banker-Typ wie Oliver Mintzlaff, kein ver­geis­tigter Eigen­brötler wie Jörg Schmadtke und auch keine spröde Klub­le­gende wie Michael Zorc. Heldt ist der freund­liche Herr im Halb­schatten. Die Hal­tung, sich selbst nie zu wichtig zu nehmen, prägt ein ambi­va­lentes Image. In Erfolgs­phasen wird Heldt von Vor­ge­setzten für seine Genüg­sam­keit geschätzt. Läuft es aber schlecht, wird ihm die Beschei­den­heit gern als Füh­rungs­schwäche aus­ge­legt. In einem Gewerbe, in dem sogar die Kör­per­sprache eine Grund­lage für Ana­lysen bildet, glauben einige in dem schmäch­tigen Blond­schopf (1,69 Meter Kör­per­größe) keinen Macher, son­dern allen­falls einen unver­wüst­li­chen Side­kick zu erkennen. Urheber des Images als lamm­frommer Wat­schen­mann war übri­gens eben­falls Felix Magath, der einst sein Durch­set­zungs­ver­mögen als Profi kri­ti­sierte: Horst ist zu lieb für die Bun­des­liga.“ Heldt weiß, dass Men­schen dazu neigen, ihn zu unter­schätzen. Er hat sich damit abge­funden: Wie gut ich meine Arbeit mache, können am besten die Leute bewerten, die den­selben Job machen wie ich.“

Heldt TER8179 WEB
Nikita Teryo­shin

Auf dem Tep­pich seines licht­durch­flu­teten Eck­büros in der Geschäfts­stelle steht ein kit­schiges Geiß­bo­cki­mitat in silb­rigem Strass. Auf das Flip­chart hat jemand hastig das Magi­sche Dreieck“ der Orga­ni­sa­ti­ons­wis­sen­schaft gekrit­zelt: Stra­tegie“, Orga­ni­sa­tion“, Kultur“. Die Theorie besagt, dass eine Vision zur Rea­lität wird, wenn diese drei Begriffe mit Inhalt gefüllt werden und positiv zusam­men­wirken. Heldt macht sich viele Gedanken um Per­so­nal­füh­rung und Wei­ter­ent­wick­lung. Spar­rings­partner in diesen Fragen ist sein Schwager Wolf­gang Jene­wein, BWL-Pro­fessor an der Uni Sankt Gallen. Eine Coa­ching­ko­ry­phäe, die rund um den Globus Kon­zern­füh­rungs­kräfte berät. Die Bürotür geht auf und Alex­ander Wehrle kommt herein. Son­nen­ge­gerbt, grau­me­liertes Sakko, beste Laune: Ah, die 11 FREUNDE. Inter­viewen Sie unser Trüf­fel­schwein?!“ Heldt steht am geöff­neten Fenster und steckt sich lächelnd noch eine an.

Der hat in der Natio­nalelf nix ver­loren“

Werner Lorant

Er ist end­lich wieder zu Hause. 25 Jahre ist es her, dass sie ihn beim FC unsanft vom Hof jagten. Eines Tages im Früh­jahr 1995 war er vorm Trai­ning vom Geschäfts­führer abge­passt worden, der ihm mit­teilte, dass er sich einen neuen Verein suchen solle. Die Nach­richt traf ihn wie ein Blitz. Wie konnte das sein? Er hatte einen lau­fenden Ver­trag, über einen Wechsel hatte er nie nach­ge­dacht. Von den für den Sport Ver­ant­wort­li­chen hatte nie­mand per­sön­lich mit ihm gespro­chen. Der Lauf­pass seines Her­zens­ver­eins spülte ihm die Gehirn­win­dungen durch. Ihm wurde klar: Die ein­zige Kon­stante im Pro­fi­fuß­ball ist die Ver­än­de­rung. Und einer wie er, mit allen­falls soliden Erst­li­ga­qua­li­täten, kann nicht auf Bestands­schutz klagen. Heldt könnte ein Buch über die öffent­li­chen Zurück­set­zungen schreiben, die ihm wider­fahren sind. Aber wozu? Die meisten Kri­tiker hat er eines Bes­seren belehrt. Die Gesellen wäh­rend seiner Kfz-Mecha­niker-Lehre etwa, die ihn nach der Früh­stücks­pause in den Regen zum Auto­wa­schen schickten. Oder 1860-Trainer Werner Lorant, dem nach Heldts Beru­fung in die Natio­nalelf im April 1999 nichts anderes ein­fiel, als zu schäumen: Der hat da nix ver­loren!“ Ätzende Worte. Sie können die schönen Erin­ne­rungen zwar nicht schmä­lern, den­noch fragt sich Heldt: Warum hat er sich nicht für mich gefreut? Die Beru­fung hätte er doch als Ergebnis seiner Arbeit ver­bu­chen können.“

Er wollte sich nie mehr von einem Klub derart elek­tri­sieren lassen

Er erdul­dete Tra­pat­toni, Hundt, Magath, Tön­nies. Nur bei Martin Kind in Han­nover drehte er ganz unty­pisch den Spieß um: Im Herbst 2017 unter­brei­tete der 1. FC Köln ihm erst­mals ein Angebot. Doch 96 ließ ihn nicht aus dem Ver­trag. Heldt nutzte die Situa­tion aber, um sein Gehalt und seine Kom­pe­tenzen bei Kind nach­zu­ver­han­deln. Es war ein Abwägen von Inter­essen, bei dem am Ende ein neuer Deal, aber auch ein Bekenntnis zum Arbeit­geber her­aus­sprang – so sah es zumin­dest der Klub­mäzen. Doch im April 2018 flir­tete Heldt plötz­lich heftig mit einem Wechsel zum VfL Wolfs­burg: Die Mög­lich­keit, ein Team zu bauen, das Chancen auf die Cham­pions League hat“, gibt er zu, und auch die finan­zi­ellen Rah­men­be­din­gungen, fand ich sehr reiz­voll.“ Auch dieser Wechsel schei­terte, doch die Tur­bu­lenzen beschä­digten das Ver­trau­ens­ver­hältnis nach­haltig. Heldt bereut sein dama­liges Ver­halten. Auf Schalke habe er sich vom emo­tio­nalen Sog des Klubs zu stark ver­ein­nahmen lassen. Als sein Ver­trag im Pott nicht ver­län­gert wurde, sei es ihm schwer­ge­fallen, sich abzu­na­beln. Er habe des­halb beschlossen, sich zukünftig von keinem Verein mehr derart elek­tri­sieren zu lassen. Doch so, wie er sich in Han­nover ver­halten habe, sei es der fal­sche Weg gewesen. Es wäre nicht glaub­würdig, Spie­lern etwas von Ver­eins­treue und Loya­lität zu erzählen,“ sagt er, und es selbst anders vor­zu­leben.“ Als Han­nover 96 im Früh­jahr 2019 am Tabel­len­ende düm­pelte, musste er gehen. Und erst­mals fürch­tete er, seine Zeit in der Bun­des­liga könne vorbei sein: Im Fuß­ball zählt heute oft nicht mehr, was man vor­weisen kann“, sagt er. Bei der Beset­zung frei­wer­dender Stellen sind heute häu­figer junge Manager gefragt, die selten beson­ders viel Berufs­er­fah­rung haben.“