Dortmunder Fans protestieren gegen die Hoffenheimer Ticketpreise. Die TSG reagiert und will seine Einnahmen spenden. Für die Anhänger ist das Umdenken ein großer Erfolg.
Wann ist ein Spiel ein Topspiel? Darüber mag man trefflich streiten. In den Augen der TSG Hoffenheim zählte die Partie gegen Borussia Dortmund dazu. Also rief der Verein einen so genannten Topspielzuschlag auf. Für Fans ist dies ein leidiges, aber dennoch nicht neues Thema. Die aktuelle Preiserhöhung ließ sie allerdings doch stutzen.
Für den günstigsten Sitzplatz im Gästebereich verlangte die TSG nun 55 Euro – und damit satte 20 Euro mehr als im Vorjahr. Die Fans von Borussia Dortmund stellten zudem fest, dass sie neben den Bayern am meisten für diese Plätze zahlen sollten, beispielsweise gleich 30 Euro mehr als die Fans des FC Augsburg.
„Eine Grenze überschritten“
Nach der Empörung folgte der Aufruf: Das Bündnis „Kein Zwanni“ teilte umgehend mit, das Spiel zu boykottieren. Bereits bei Spielen auf Schalke und in Hamburg hatte es einen Protest gegen die Ticketpreise organisiert, dem sich vor allem die Ultraszene anschloss. In diesem Fall allerdings folgte die gesamte organisierte Fanszene dem Aufruf. „Die Fanklubs und die Ultras bewegen sich auch durch solche gemeinsamen Aktionen mehr aufeinander zu“, sagt Jakob Scholz von der BVB-Fanabteilung. „Denn auch die Leute in den Fanklubs fühlen mehr und mehr, dass mit dieser Preispolitik eine Grenze überschritten ist.“
Nun ist das Verhältnis zwischen beiden Vereinen seit Jahren angespannt, sei es durch diffamierende Plakate im Dortmunder Fanblock gegen TSG-Mäzen Dietmar Hopp oder die „Schallaffäre“ der Hoffenheimer. „Natürlich ist die TSG Hoffenheim in Dortmund nicht wohl gelitten – und umgekehrt. Aber bei so einer Preissteigerung hätten wir das Spiel auch bei jedem anderen Verein boykottiert“, sagt Scholz.
Selbst langjährige Auswärtsfahrer erklärten ihren Verzicht, die Fanabteilung setzte erstmals seit Jahren keinen Bus zum Spiel ein. Borussia Dortmund schickte 800 Karten zurück. Ein Novum, das selbst die Führungsspitze des Klubs besorgte. Die Offiziellen versuchten, bei der TSG zu intervenieren – zunächst erfolglos. Doch Hoffenheim entschied, einen Teil der Mehreinnahmen in Höhe von 100 000 Euro für Flüchtlingsprojekte zu spenden.
Watzke wendet sich an Hopp
Am Montag vor dem Spiel verschickte „Kein Zwanni“ eine Pressemitteilung, in der das Bündnis dazu aufrief, am Mittwoch das Spiel der zweiten Mannschaft des BVB zu besuchen. Auch hier traf die Ankündigung auf regen Zuspruch, die Fanabteilung der Borussia ging von mehr als 5000 Zuschauern bei dieser Partie aus. Am gleichen Abend wandte sich Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke schriftlich an Dietmar Hopp und äußerte wiederum sein Unverständnis über die Preiserhöhung. Diesmal einigten sich die Klubbosse.
Am Dienstag verkündeten beide Vereine, dass die TSG Hoffenheim die Mehreinnahmen aus den Topspielzuschlägen dem BVB-Lernzentrum spenden wolle. „Auch die Mehreinnahmen, die durch Verkäufe an TSG-Fans erzielt wurden, fließen einem guten Zweck zu“, hieß es. Hopp ließ sich mit den Worten zitieren: „Die TSG Hoffenheim hat ein hohes Interesse daran, den Fußball und seine damit verbundenen Werte allen Menschen zugänglich zu machen.“
Allerdings unterschieden sich die Mitteilungen der beiden Klubs dann doch: Der BVB erklärte, dass die TSG „in Zukunft gänzlich auf derlei Preiserhöhungen verzichten“ wolle. Bei der Hoffenheimer Erklärung fehlte dieser Zusatz. Ob damit der Topspielzuschlag gekippt worden ist, blieb zunächst unklar.
TSG-Sprecher Holger Kliem erklärt auf Nachfrage: „Es geht nicht darum, künftig komplett auf Zuschläge bei Spitzenspielen zu verzichten. Es geht darum, bei der künftigen Planung eine vernünftigere Preisgestaltung vorzunehmen.“ Hoffenheims Geschäftsführer Peter Rettig zeigte sich gegenüber dem „Deutschlandfunk“ selbstkritisch: „Da sind wir über das Ziel hinausgeschossen und werden das Rad ganz einfach wieder zurückdrehen.“
Zurück geschickte Tickets an den Tageskassen
Für die Fan-Initiative sind die neuesten Meldungen ein Erfolg. „Wieder hat sich gezeigt, dass starke Fanszenen wichtig für den Fußball in Deutschland sind“, schrieb „Kein Zwanni“. Für viele Dortmunder Fans kommen die Ankündigungen aus Hoffenheim allerdings zu spät. Sie werden das Spiel der zweiten Mannschaft besuchen. Andere Fans, die nun doch die Reise antreten, können heute an den Tageskassen die vom BVB ursprünglich zurück geschickten Karten erwerben.
Der Boykott der Dortmunder Fans stieß derweil nicht nur auf Lob. Auch Vereinsvertreter sollen in den Gesprächen moniert haben, dass die Anhänger mit diesen Aktionen die Mannschaft im Stich ließen. Jakob Scholz von der Fanabteilung sieht den aktuellen Protest in einem größeren Kontext: „Wir wollen einer Entwicklung entgegen wirken, dass der Fußball zu einem Sport für den besser gestellten Teil Bevölkerung verkommt und dabei bestimmte Schichten ausschließt.“