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Stefan Müller-Römer, Sie sind im Januar 2011 mit dem Ziel ange­treten, den Antrag für eine Sat­zungs­än­de­rung beim 1. FC Köln durch­zu­bringen. Wo war dabei das Pro­blem?
Anders als bei den meisten anderen Profi-Ver­einen, wo schon ein ein­zelnes Mit­glied einen sol­chen Antrag stellen darf, for­derte der FC damals laut Sat­zung min­des­tens zwei Zehntel seiner Mit­glieder. Bei knapp 55.000 Mit­glie­dern macht das mehr als 10.000 Per­sonen, die gemeinsam zu einer Stimme hätten orga­ni­siert werden müssen – eine uto­pi­sche Zahl. In einem Schreiben an die Ver­eins­füh­rung um Wolf­gang Ove­rath baten wir den­noch um eine voll­stän­dige Mit­glie­der­liste der stimm­be­rech­tigten Mit­glieder, samt Namen, Adresse, Kon­takt­daten m it dem Ziel, eine außer­or­dent­liche Mit­glie­der­ver­samm­lung ins Leben zu rufen.

Wie reagierte der Verein?
Mit einem Rund­brief an alle Mit­glieder. Inhalt: Wir möchten Ihnen hiermit die Gele­gen­heit geben, damit Sie selbst ent­scheiden können, ob Ihre Daten wei­ter­ge­leitet werden dürfen, oder nicht.“ Dem Schreiben lag eine Wider­spruchs­karte mit nur einem anzu­kreu­zenden Käst­chen bei: Hiermit wider­spreche ich der von der Mit­glie­der­initia­tive ›FC-Rel­oaded‹ gefor­derten Her­aus­gabe meiner Mit­glieds­daten.“

Ein Verein, der sich um den Daten­schutz seiner Mit­glieder küm­mert – wo ist das Pro­blem?
Es gibt keinen Daten­schutz gegen­über anderen Mit­glie­dern bei Initia­tiven im Verein, weil man sich ja aus freien Stü­cken als Mit­glied dem Verein ange­schließt. Das hat schon der Bun­des­ge­richtshof so ent­schieden. Außerdem gefiel dem Vor­stand unsere Kritik an seiner Macht­fülle nicht, die er natür­lich so erhalten wollte.

Warum?
Die dama­lige Sat­zung war sehr vor­stands­lastig. Nicht nur, dass den Mit­glie­dern auf­grund der zwei-Zehntel-Rege­lung“ die Hände gebunden waren, der Vor­stand besaß auch noch das allei­nige Vor­schlags­recht für die Ver­wal­tungs­räte. Die wie­derum sind eigent­lich dafür da, den Vor­stand zu kon­trol­lieren. Also quasi ein in sich geschlos­senes System, weil der Vor­stand seine Kon­trol­leure selbst aus­wählte, aus Sicht eines nor­malen Mit­glieds ein gefähr­li­ches Ungleich­ge­wicht! Weil uns der Verein die Mit­glie­der­daten nicht aus­hän­digen wollte, haben wir dagegen vor dem Land­ge­richt Köln geklagt und gewonnen.

Für Wolf­gang Ove­rath und den Ver­eins­vor­stand galten Sie als Gesicht der Initia­tive nach der Zusen­dung der Wider­spruchs­karte fortan als FC-Feind Nummer Eins.
Viele der Mit­glieder haben sich von diesem Rund­schreiben und dem anschlie­ßenden Ver­halten der Ver­eins­füh­rung blenden lassen. Lapidar gesagt: der FC:Reloaded“ war eine Gruppe von Idioten, die nur dem Verein schaden wollten und ich war der Obe­r­idiot. Ich bekam Droh­briefe, einer schrieb mir sogar mit seinem Klar­namen eine Mord­dro­hung per E‑Mail. Ich stellte ihn zur Rede, er ent­schul­digte sich, las unsere Vor­schläge durch – und wurde sofort zu einem unserer Unter­stützer, weil er selbst erkannte, dass die Vor­schläge gut für die Mit­glieder und den gesamten Verein waren.

Auf der tur­bu­lenten Mit­glie­der­ver­samm­lung im November 2011 trat Wolf­gang Ove­rath schließ­lich zurück. Er machte Sie dafür ver­ant­wort­lich.
Wort­wört­lich sagte er: Ich trete zurück, wegen dem mit den langen Haaren“. (die Müller-Römer übri­gens immer noch besitzt d. Red.). Das hat noch­mals eine Flut von Dro­hungen aus­ge­löst. Und Ove­rath wusste damals ganz genau, was er mit seinen Aus­sagen los­treten würde.

Auf Ove­rath folgte im April 2012 Werner Spinner. Was hat sich unter dem neuen Prä­si­denten ver­än­dert?
Eigent­lich alles. Spinner hatte sich ja bereits in seiner Antritts­rede für weniger Vor­stands­macht und gegen das Son­nen­kö­nigtum“ im Verein aus­ge­spro­chen und uns Mit­glie­dern zuge­si­chert, die bestehende Sat­zung zu ändern. Letzt­lich wurde die alte Sat­zung dann in diesem Sommer in Zusam­men­ar­beit mit einem Runden Tisch“, an dem ich auch betei­ligt war, durch eine kom­plett neue ersetzt. Diese wurde im Dezember mit über­wäl­ti­gender Mehr­heit von den Mit­glie­dern ange­nommen. Ein echter Fort­schritt, weil wir jetzt eine der modernsten Sat­zungen im deut­schen Fuss­ball haben dürften.

Welche Neue­rungen gibt es?
Ich würde sagen, dass der 1. FC Köln jetzt die wohl mit­glie­der­freund­lichste Ver­eins­sat­zung im bezahlten deut­schen Fuß­ball besitzt. Was das Mit­spra­che­recht der Mit­glieder, also der Basis, angeht, kommt nur noch der Ham­burger SV an uns heran. Bei­spiels­weise kann nun jedes Mit­glied den Antrag auf eine Sat­zungs­än­de­rung ein­bringen, außerdem kann jedes Mit­glied für den Mit­glie­derrat (das neue Kon­troll­gre­mium im Verein, d. Red.) kan­di­dieren. Vor­aus­set­zung dafür sind 100 Mit­glieder-Unter­schriften, um der Kan­di­datur auch das nötige Fun­da­ment zu geben. Zusätz­lich sieht die Sat­zung vor, so weit das tech­nisch mög­lich ist, Mit­glie­der­ver­samm­lungen auch online durch­zu­führen. Das bedeutet: Wenn ein Mit­glied irgendwo auf der anderen Seite der Welt sitzt, kann es per Live-Stream trotzdem seine Stimme abgeben.

Wie wert­voll ist solch eine moderne“ und mit­glie­der­freund­liche“ Sat­zung für den nor­malen Ver­eins­alltag?
Mit dieser Sat­zung sind wir für kom­mende Kri­sen­zeiten gewappnet. Einen finan­zi­ellen Bei­nahe-Kol­laps wie im ver­gan­genen Jahr wird es damit in Zukunft hof­fent­lich nicht mehr geben. Dafür sorgen jetzt die Mit­glieder im Mit­glie­derrat. Und weil die Sat­zung auch eine knall­harte 50+1‑Klausel ent­hält, sind unse­riöse Inves­toren, die den Verein als Spiel­ball ihrer finan­zi­ellen Mög­lich­keiten aus­nutzen wollen, in Köln quasi unmög­lich.

Seriöse Ver­eins­ar­beit mit der Basis, ein boden­stän­diger Prä­si­dent, eine solide wirt­schaf­tende Klub­füh­rung – mein Gott, Herr Müller-Römer, wird der 1. FC Köln jetzt etwa ver­nünftig?
Das hoffe ich sehr. Ver­nünftig, seriös, solide. Auf das Image des nicht ernst zu neh­menden Kar­ne­vals­ver­eins würden wir in Zukunft gerne ver­zichten.