Ein bisschen zu gut für die zweite, ein bisschen zu schlecht für die erste Liga: Simon Terodde war lange gefangen zwischen zwei Welten. Wichtig wird er auch bei Schalke sein. Zeit, sich bei ihm und seinen Artgenossen zu bedanken.
Lieber Simon Terodde, lieber Benjamin Auer, lieber Marius Ebbers, lieber Edmond Kapllani, lieber Lukas Hinterseer, lieber Zweitligatorjäger an sich,
wir hoffen, du darfst diesen Text lesen. Aber wir sind nicht naiv. Wir wissen, dass die Wahrscheinlichkeit sehr groß ist, dass du mit Turban zu Hause sitzt, weil du am vergangenen Wochenende mit einem Daniel Gordon zusammengeknallt bist. Und der Doc dir nun geraten hat, dich ein bisschen zu schonen. Nicht dauernd aufs Handy glotzen, nicht zocken, nicht lesen. Damit dein Schädel am Samstag wieder fit ist, wenn er auf den von Christopher Avevor trifft. Wir schreiben dir trotzdem.
Denn viel zu häufig wirst du übergangen. Sieben Tore in 33 Einsätzen (drei Elfmeter) in der ersten Liga sind okay, sorgen aber nicht für Schlagzeilen. Und 17 Tore in 31 Zweitligaspielen sorgen zwar für Schlagzeilen, aber eben „nur“ in Bochum oder in Regensburg oder in Karlsruhe oder wo auch immer du aktuell unter Vertrag stehst. Wir finden, dass dir das nicht ganz gerecht wird. Deswegen hier und jetzt, schwarz auf weiß: Schön, dass es dich gibt!
Deine ökologische Nische ist die zweite Liga, dein natürliches Habitat der Zweitligastrafraum, dort findest du alles, was du brauchst: holprigen Rasen, Hereingaben auf Oberschenkelhöhe, Torhüter, die den Ball nach vorne prallen lassen. In der Nahrungskette stehst du ganz oben, deine Gegenspieler frisst du auf, mit dem für die zweite Liga technisch eigentlich zu starken Zehner, der hinter dir wirbelt und dich mit Zuspielen versorgt, gehst du die perfekte Symbiose ein. Steilpass Federico, Tor Kapllani, so könnte es noch ewig weitergehen. Und trotzdem kommt irgendwann in deinem Leben der Moment, in dem du denkst: Soll es das jetzt gewesen sein? Oder wie du, lieber Simon Terodde es schon 2017 im Interview mit 11FREUNDE formuliert hast: „Ich bin stolz darauf, mehr als 200 Zweitligaspiele gemacht zu haben, mehr als 150 von Beginn an. Ist ja nicht irgendeine Liga. Aber ganz ehrlich: Es reicht!“ Und dann probierst du es eine Liga weiter oben.
Beziehungsweise sorgst du selber dafür, dass du endlich deine Chance in der ersten Liga bekommst. Wie hätte deine Mannschaft denn nicht aufsteigen sollen nach deiner 25-Tore-Saison? Du bist jetzt Ende 20, eher Anfang 30, du hast jahrelang die Knochen hingehalten, du hast dir diese Chance verdient, du darfst dich jetzt belohnen. Doch ist es das wirklich, eine Belohnung? Im Gegenteil, die erste Liga fühlt sich schon bald an wie eine Bestrafung. Die Ressourcen im Münchner Strafraum sind knapp, die Fressfeinde in Frankfurt aggressiver als die in Fürth, der für die erste Liga höchstens noch durchschnittlich begabte Zehner kommt in der lebensfeindlichen Umgebung noch schlechter zurecht als du selbst, seine überhastet abgefeuerten Steilpässe landen im Seitenaus, das ist keine Symbiose mehr, das ist Parasitismus.