Vor dem Pokalspiel gegen Bielefeld hat der VfB Stuttgart weiter keinen neuen Cheftrainer. Die aussichtsreichsten Kandidaten sprechen zumindest dafür, dass hinter den Kulissen wieder Einigkeit herrscht.
Eigentlich hätte Alfred Schreuder am Sonntagnachmittag bester Laune sein können. Gerade hatte seine Mannschaft, Ajax Amsterdam, in der niederländischen Eredivisie Excelsior Rotterdam mit 7:1 vermöbelt, perfekte Voraussetzungen also für eine entspannte Pressekonferenz. Nur war der Kantersieg in der Liga relativ schnell egal. Stattdessen drehte sich die Fragerunde um Ajax-Stürmer Brian Brobbey, der vor der Saison für 16,5 Millionen Euro aus Leipzig nach Amsterdam zurückgekehrt war und dort Sebastien Hallers Abgang zu Borussia Dortmund auffangen sollte. Brobbey hatte gegen Excelsior stark gespielt und zwei Tore erzielt. Allerdings stand er erst zum fünften Mal in dieser Saison in der Startelf, war in den Wochen zuvor fast immer von der Bank gekommen. Und Ajax hatte nicht die besten Wochen hinter sich, hatte in der Champions League drei Mal in Folge verloren und die Tabellenführung in der Liga abgeben müssen. Warum startete der Millioneneinkauf nicht öfter, das Tor schien er ja zu treffen?
„Brian entwickelt sich gut, ist ein großes Talent, muss aber ein noch besserer Spieler werden. Dann kann er ein Top-Stürmer in Europa werden. Aber ich entscheide, wann er spielt. Und nicht die Presse“, polterte Schreuder sichtlich verärgert. Und weil er grade schon dabei war, beklagte er sich auch noch über die Kritik nach den jüngsten Misserfolgen, schließlich brauche die Mannschaft noch Zeit, sich einzuspielen. „Und wenn ich die Zeit nicht bekomme, interessiert mich das auch nicht. Dann sollen sie mich feuern.“ Interessant ist der letzte Satz vor allem deshalb, weil Schreuder tatsächlich schon bei einem anderen Verein gehandelt wird. Wie der Kicker berichtet, soll der VfB Stuttgart an ihm interessiert sein.
Die Schwaben suchen weiter nach einem Nachfolger für Pellegrino Matarazzo, der Anfang vergangener Woche nach über tausend Tagen und exakt 100 Spielen als VfB-Coach seinen Spind räumen musste. „Wir werden zwei Gespräche führen mit den beiden Kandidaten, von denen wir überzeugt sind, dass sie die Situation annehmen und den VfB weiterentwickeln“, hatte Stuttgarts Vorstandsvorsitzender Alexander Wehrle vor dem Heimspiel gegen Bochum am vergangenen Wochenende angekündigt. Einer dieser Kandidaten ist dem Vernehmen nach Alfred Schreuder, der andere Jess Thorup, zuletzt Trainer des FC Kopenhagen. Zumindest dementierte der VfB beide Namen nicht, ganz im Gegensatz zu einigen anderen Gerüchten, die in der vergangenen Woche aufgekommen waren. Domenico Tedesco, Sebastian Hoeneß, Hannes Wolf, zuletzt sogar Markus Gisdol kursierten als mögliche Matarazzo-Nachfolger. „Nehmt das bitte nicht als zu heftige Kritik. Aber was für ein Name-Dropping da am Ende des Tages stattfand…“, hatte Sportdirektor Sven Mislintat dazu dem Kicker gesagt. Nur über einen der gehandelten Kandidaten sei tatsächlich diskutiert worden.
Der VfB will als neuen Cheftrainer keinen Feuerwehrmann, sondern einen Trainer, der den Stuttgarter Weg weitergeht, junge Spieler entwickelt und nebenbei die Klasse hält. Die Stuttgarter suchen also im wahrsten Sinne des Wortes einen Nachfolger für Matarazzo. Das kommt auch bei den Fans gut an. „Die beiden Kandidaten haben fußballerisch eine ähnliche Ausrichtung, das spricht aus meiner Sicht dafür, dass in der Trainersuche viel weniger Machtkampf steckt als befürchtet“, sagt Sebastian Rose vom VfB-Blog Vertikalpass. Von einem solchen Machtkampf zwischen Vorstandschef Wehrle und Sportdirektor Mislintat war zuletzt häufig die Rede.