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Seite 2: „Der Vorhang fällt und alle Fragen offen“

Ebene 4: Die Cool­ness des Sanie­rers.
An dieser Stelle machte Watzke viel mehr Ein­druck als das schei­dende Klub­boss-Role-Model von der Säbener Straße. Wie der Rächer in einem Italowes­tern täuscht er zunächst Barm­her­zig­keit und Nach­sicht mit seinem Gegen­über vor, um schluss­end­lich doch durch­zu­laden. Die BVB-Spitze soll nach dem Pader­born-Spiel nachts noch lange mit Lucien Favre über die Fort­füh­rung der Zusam­men­ar­beit dis­ku­tiert und der Coach am Ende eine Bewäh­rungs­frist von zwei wei­teren Spielen bekommen haben.

Auf der Jah­res­haupt­ver­samm­lung ließ Watzke nun kei­nerlei Miss­ver­ständ­nisse auf­kommen, dass seine Geduld arg stra­pa­ziert ist: Wenn wir uns auf dem Platz befinden, machen wir aktuell nicht den Ein­druck einer sta­bilen Ein­heit. Das ist in aller­erster Line die Auf­gabe von der Mann­schaft, Dir und Deinem Team, lieber Lucien. Und es ist auch unser gutes Recht, das ein­zu­for­dern. Du hast weiter unser Ver­trauen. Aber eines ist klar: Am Ende wird Fuß­ball immer über Ergeb­nisse defi­niert. Wir alle bei Borussia Dort­mund wün­schen uns, dass es Dir und der Mann­schaft gelingt, eine Wende zum Posi­tiven her­bei­zu­führen. Dafür hast Du alle Unter­stüt­zung, die wir Dir geben können.“ Brrrr. Da gefriert einem schon beim Lesen das Blut in den Adern. Ver­trauen ist gut, Kon­trolle ist besser. Ob Favre in diesem Moment wohl über­legt hat, warum er Watzke jemals das Du“ ange­boten hat? Wie unend­lich groß die Distanz zu einem Wort wie Lieber“ bei ent­spre­chender Rhe­torik doch werden kann.

Ebene 5: Die Beschwingt­heit des Poeten.
Uli Hoeneß gab zu, wenn er den FC Bayern der Gegen­wart betrachte, fiele ihm stets das Zitat von Fried­rich Schiller ein: Er stand auf seines Daches Zinnen und schaute mit ver­gnügten Sinnen.“ Nie hätte er sich bei seinem Amts­an­tritt vor­stellen können, was aus dem FCB für ein tolles Unter­nehmen werden könne. So abrupt wie der Bayern-Patri­arch Schnapp­at­mung bekam, wenn’s nicht lief, so über­zeu­gend konnte er auch stets seine Begeis­te­rung und Freude zum Aus­druck bringen. Hier muss Watzke noch an seiner Hal­tung feilen: Um den Saal am Ende der Rede nicht in Agonie zurück­zu­lassen, wählte er ein Zitat von Martin Luther. Er klang dabei nicht beschwö­rend oder gar auf­rüt­telnd, er ließ es eher bei­läufig fallen. Als über­lege er noch, es wirk­lich zu sagen.

Es war sein Appell, die Scheiß­stim­mung nicht Über­hand nehmen zu lassen. Die nächsten Spiele, sprich: die Gal­gen­frist für Favre, sollten unter dem Motto des spät­mit­tel­al­ter­li­chen Refor­ma­tors ange­gangen werden: Aus einem ver­zagten Arsch kommt kein fröh­li­cher Furz.“ Ob sich auf Knopf­druck die schief­sit­zende Blä­hung bei Borussia Dort­mund lockern lässt, muss sich nun zeigen. Jeden­falls war es eine sehr west­fä­li­sche Art, Auf­bruchs­stim­mung zu schüren. Ein Schluss­ak­kord der ganz beson­deren Art. Als die Mann­schaft kurz darauf den Saal ver­ließ, applau­dierten einige Fans wieder. Was mag den Spie­lern wohl durch den Kopf gegangen sein? Wir stehen selbst ent­täuscht und sehn betroffen. Den Vor­hang zu und alle Fragen offen.