Die Chinese Super League droht in sich zusammenzufallen. Nach den tatkräftigen Investitionen der letzten Jahre stockt nun der Finanzfluss. Wie konnte es soweit kommen?
Im April 2021 ging ein Aufschrei durch die Fußballwelt: zwölf europäische Vereine kündigten die Gründung einer sogenannten Super League an. Der Ausgang? Bekannt. Doch vor etwa zehn Jahren sorgte bereits eine andere Super League für Aufruhr: Die Chinese Super League. Aufgepumpt mit Millionengeldern von Investoren, schickte sich der chinesische Fußball an, die europäischen Top-Fünf Ligen anzugreifen. Sich also neben Premier League, La Liga, Bundesliga, Serie A und Ligue 1 zu etablieren. Bereits ein Jahrzehnt später scheint nicht mehr allzu viel davon übrig zu sein. Der Zerfall der Super League Part II.
Vor fünf Jahren, 2016, rieb man sich in Liverpool noch verwundert die Augen ob der Strahlkraft der chinesischen Liga. Wochenlang hatte sich Jürgen Klopp um den 26-jährigen Brasilianer Alex Teixeira bemüht, der bei Shakhtar Donezk unter Vertrag stand. Doch der wechselte nicht – wie erhofft – zu den Reds, sondern tauchte plötzlich im Reich der Mitte bei Jiangsu Suning FC auf. Der Brasilianer entschied sich gegen die Premier und für die Super League.
Bereits einige Jahre vor Teixeiras viel diskutiertem Wechsel, waren schon andere Spieler mit großen Namen in die Super League gewechselt. Didier Drogba schloss sich nach Chelseas Champions-League-Sieg 2012 Shanghai Shenhua an. Lucas Barrios wechselte im selben Jahr nach zwei Meisterschaften mit dem BVB zu Guangzhou Evergrande. Und auch Weltmeistertrainer Marcelo Lippi schloss sich damals Guangzhou an. Sie alle einte die Lust auf eine neue, spannende Aufgabe in einer neuen Kultur mit famosen Entwicklungsmöglichkeiten. Oder so ähnlich.
Geld war übrigens auch im Spiel. Die Super League lockte im vergangenen Jahrzehnt mit gigantischen Summen. Als Carlos Tevez 2017 von seinem Herzensklub Boca Juniors zu Shanghai Shenua ging, stieg er zum bestbezahlten Fußballer der Welt auf. Etwa 38 Millionen Euro soll er jährlich verdient haben. Ein hierzulande weitgehend unbekannter Darío Conca, der 2011 bei Guangzhou Evergrande spielte, verdiente damals bereits pro Saison mehr als Lionel Messi und Cristiano Ronaldo. Es sollen jährlich 10,6 Millionen Euro gewesen sein.
In China wurde der Fußball als Tor zur westlichen Welt gesehen. Machthaber Xi Jinping wollte sein Land unbedingt in die Weltspitze des Fußballs bringen. Der Sport galt als lukrativer Industriezweig. Bis 2050 sollte das Land zu den Top-Nationen gehören. „Die Wiederbelebung des Fußballs ist die aufrichtige Hoffnung des chinesischen Volkes“, ließ Xi Jinping als Kernaussage in seine Reformpläne schreiben. Und meinte mit dem chinesischen Volk wohl in erster Linie sich selbst.
Nachdem seine Pläne publik wurden, stiegen vermehrt chinesische Investoren ins Fußballgeschäft ein. Sie übernahmen große Teile der ansässigen Mannschaften.
Die Gleichung schien simpel: Biete hohe Gehälter an, locke große Spieler- und Trainernamen nach China, lasse die einheimischen Spieler durch die ausländischen Stars besser werden, generiere größeres Vermarktungspotenzial und erziele Gewinne.
Doch die Rechnung ging nicht auf. Vor vier Jahren führte die chinesische Regierung eine Transfersteuer ein: Chinesische Vereine mussten folglich hundert Prozent der Transfersumme für Spieler aus dem Ausland zusätzlich an den Staat bezahlen. Durch die Maßnahme erhoffte sich die Regierung, die teuren Transfers aus dem Ausland zu unterbinden, gleichzeitig sollten die Profivereine zu Investitionen in die Nachwuchsarbeit gezwungen werden.
Dass es mittlerweile obendrein eine vom Staat herausgegebene Gehaltsobergrenze für ausländische Spieler gibt, macht die Liga auch für Altstars kaum mehr interessant. Maximal drei Millionen Euro dürfen Legionäre jährlich noch verdienen. Die internationale Anziehungskraft der Chinese Super League verblasst somit immer weiter.