Michael Ballack hat seine Karriere vor einigen Wochen beendet. Nun hat der Capitano Zeit, sich anderen angenehmen Dingen zu widmen. Zum Beispiel seiner Leidenschaft für Wellness. In Schwäbisch Hall stellte er eine Sauna vor, die unter seinem Namen vertrieben wird. Ein Ortsbesuch.
Michael Ballack ist da. Und der Blick gilt seinem neuen Baby. Es ist ein Blick eines Kenners, in etwa so, als hätte ein Autoliebhaber die besten Teile aus Lamborghini, Ferrari und Porsche zusammengetragen und zu einer Monsterkarre modelieren lassen. Das Ergebnis soll nun feierlich in Empfang genommen werden. Die Presse ist da, weil Ballack da ist. Der Ex-Capitano lächelt, verschränkt die Hände staatsmännisch hinter dem Rücken und nickt. „Schön, hier zu sein. Schön, das Ganze zu sehen.“ Michael Ballack spricht über eine Sauna. Eine Sauna, die fortan seinen Namen trägt.
Schwäbisch Hall an einem kühlen Morgen. Das Städtchen im Ländle hat knapp 40.000 Einwohner und schöne Ecken im Zentrum. Im Westen gibt es Tankstellen, Fitness-Studios, Baustellen. Industrieromantik. Und es gibt die Erich-Klafs-Straße. Sie ist benannt nach dem Erfinder des Weltmarktführers im Bereich Sauna, Wellness und Spa. Ein erfolgreicher Mittelständler. Mehrere Niederlassungen weltweit, über 700 Mitarbeiter. Der Jahresumsatz bewegt sich an der 90-Millionen-Euro-Grenze. Ein Teil davon geht wohl demnächst auf das Konto von Michael Ballack.
Ballack sitzt in einer Saune und schwitzt
An diesem Morgen herrscht in der Klafs-Zentrale herrscht große Aufregung. Alles soll perfekt vorbereitet sein, wenn der Capitano kommt. Zwanzig Minuten zu spät betritt er schließlich den Ausstellungsraum. Fortan füllen zwei Ballacks den Raum aus. Der eine sitzt in einer Saune und schwitzt. Ein Tropfen geht zu Boden, er schnappt sich ein Handtuch, dann verschwindet er. Das war’s. Das ist der Werbespot der neuen Kampagne. Er läuft in Dauerschleife auf dem Flatscreen.
Der Ballack in Natura schwitzt nicht. Er wirkt entspannt und sagt brav: „Saunieren war für mich immer wichtig, um sportliche Höchstleistungen zu bringen.“ Ballack hat seine Karriere unlängst beendet, mit 36. Nun kümmert er sich vermehrt um andere Dingen. Zeit genug ist ja jetzt. Dass er nun für eine Sauna werben dürfe, sei eine gute Sache. „Damit kann ich mich richtig identifizieren“, sagt er, weil er noch immer ein Profi ist. Sauna und Ballack, das passt wie der Kleinwagen zu Jürgen Klopp, die Schmerzmittel zu Oliver Kahn oder Chips zu Bastian Schweinsteiger. Denn als Fußballer kann man wirklich für alles Werbung machen. Außer vielleicht für Kondome.
Als Stefan Schöllhammer, der Firmenchef, schließlich das Wort ergreift, lauscht der frühere Nationalspieler geduldig dem Fachmann. Man kann ja schießlich noch was lernen. Die „Sauna Edition Michael Ballack“ habe einen besonders großen Aufguss, das habe Ballack so befürwortet. „Der Dampf soll schließlich nicht zu schnell ausgehen.“ Außerdem bestehe die Sauna aus Ballacks Lieblingsholz, jenem der kanadischen Hemlock-Tanne. Eine Information, die so auch noch nicht bekannt war.
Aus Firmensicht sei die Zusammenarbeit perfekt: „Michael Ballack hat ein Fachwissen, da könnten sich wahrscheinlich sogar noch einige unserer Berater eine Scheibe von abschneiden“, sagt Schöllhammer. Als Beweis jonglieren die beiden Sauna-Freunde mit Temperaturmaximalwerten umher wie Mathefreaks mit Pi-Nachkommastellen. 90 Grad? Ideal. 110? Sehr, sehr hoch. „Aber nicht für Asiaten, dort betreiben sie das Saunieren ja extrem“, wirft Ballack ein. Und das Entmüdungsbecken? „Maximal elf Grad“, entgegnet Ballack mit dem gehobenen Zeigefinger eines Gastprofessors an der Sauna-Hochschule. Neben dem Ballack-Schwitzkasten steht heute zufälligerweise so ein Entmüdungsbecken. Es sieht aus wie ein Filmrequisit aus den Achtzigern, das eine Badewanne aus dem 22. Jahrhundert darstellen soll. „Hydrogalvanisches Bad“ oder „Vitarium“ nennt Schöllhammer es. Ballack nickt. Schöllhammer blickt expertig in die Runde. Der Rest schreibt mit: Hydrogalvanisch!
Das Saunieren als elementarer Bestandteil des Profifußballs
Welch elementare Rolle das Saunieren für den Profifußball spielen muss, wird spätestens deutlich, als Ballack den Blick in die Vergangenheit schweifen lässt. Seit er Profi ist, habe er kaum einen Spieler kennengelernt, der nicht gerne in die Sauna geht. Bei der Nationalmannschaft gab’s den ein oder anderen Spezialisten: Didi Hamann und Jens Jeremies waren Ballacks größte Sauna-Kumpels. „Wenn man nicht aufgepasst hat, wurde da auch mal die Temperatur hochgedreht“, sagt Ballack und lacht. Manche lachen mit. Andere gucken auf die Uhr. Aber auch das Team rund ums Team sei dem Entspannen auf großen Turnieren nie abgeneigt gewesen. „Den Harald (Pressesprecher Stenger, d. Red.) hat man zum Beispiel abends nach Feierabend noch öfters in der Sauna gesehen.“ Hamann, Jeremies, Stenger, Ballack in der Sauna. Ein Bild für die Fußballgötter. Sounds like 2002. Dank der Sauna ins Finale.
Als Ballack nach etwa 20 Minuten fertig ist, die Fotos geschossen, die Fragen beantwortet sind, drängt so langsam die Zeit. Ein lokales TV-Team möchte noch einen Beitrag mit ihm drehen, dazu geht es einen Stock weiter nach oben, wo es unter anderem eine Schneegrotte gibt. Ob die nach Kitzbühl-Initmus Franz Beckenbauer benannt ist, bleibt offen.
Eine Frage hätte ein Lokaljournalist noch. Was er denn von Schwäbisch Hall gesehen habe, möchte der eifrige Mann wissen. „Ihr habt hier breite Straßen“, sagt Ballack. „Das gibt es nicht überall.“ Braucht man ja auch nicht, ist man geneigt zu denken. Ansonsten habe die Zeit zum Stadtbummel gefehlt, gesteht Ballack. Aber seine Sauna, die hat er gesehen.