Erst die 2:4‑Niederlage gegen die Niederlande, nun der 2:0‑Erfolg in Nordirland. Wo steht die deutsche Nationalmannschaft nach den Qualifikationsspielen? Und wo will sie überhaupt hin? Fünf Thesen.
Joachim Löw kam noch einmal mit einem blauen Auge davon. Nach der 2:4‑Niederlage gegen die Niederlande wetzten seine Kritiker bereits die Messer. Plötzlich war die Qualifikation für die Europameisterschaft in Gefahr, ein Sieg gegen Nordirland war Pflicht. Dank einer klaren Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit holte die deutsche Elf die wichtigen drei Punkte. Das 2:0 gegen Nordirland war ein großer Schritt Richtung Europameisterschaft und gibt Löw Zeit zum Atmen.
Genug zu tun gibt es für den Nationaltrainer trotzdem. Die beiden Qualifikationsspiele legten zahlreiche Schwachpunkte der DFB-Elf offen. Wir haben fünf Thesen zur Lage der deutschen Nationalmannschaft.
1. Die Defensive ist die größte Schwachstelle
Viermal traf die deutsche Nationalmannschaft in den vergangenen zwölf Monaten auf die Niederlande. In diesen vier Partien kassierte sie elf Gegentore. Fast drei Gegentore pro Spiel: Das ist eine ordentliche Hausmarke.
Egal, welche Variante Löw derzeit in der Defensive testet: Sie funktioniert nicht. Es überrascht, welch einfache Fehler die Abwehrspieler teilweise begehen. Gegen die Niederlande tummelten sich in einer Situation drei Verteidiger der Fünferkette auf einem Flügel, wodurch Deutschland nach der Flanke im Strafraum in Unterzahl geriet. Ein Anfängerfehler von gestandenen Abwehrkräften. Auch sonst wackelte die DFB-Abwehr bedrohlich.
Im Spielaufbau hat die deutsche Abwehrreihe ebenfalls an Qualität eingebüßt. Matthias Ginter jagte gegen Nordirland unter dem Druck des Gegners einen Ball nach dem Anderen ins Nichts – von Ruhe keine Spur. Angesichts dieser Leistungen droht Löw die Debatte, ob die Ausmusterung von Jerome Boateng und Mats Hummels tatsächlich richtig war.
2. Die Viererkette funktioniert besser als die Fünferkette
Immer wieder versuchte Löw in den vergangenen Jahren, die Fünferkette zu etablieren. Die Vorteile liegen auf der Hand: Deutschlands Kader bietet auf den Außenverteidiger-Positionen wenig Optionen, die vorhandenen Spieler wie der aktuell verletzte Niko Schulz oder Leipzigs Marcel Halstenberg und Lukas Klostermann sind eher offensiv orientiert.
In der Praxis funktionierte diese Variante jedoch selten. Deutschlands Verteidigern fehlt das Gefühl, wann sie aus der Fünferkette aufzurücken und wann sie die Position zu halten haben. Das liegt nicht zuletzt daran, dass viele der Verteidiger in ihren Klubs selten bis nie diese Variante praktizieren, so etwa Niklas Süle (Bayern München) oder Matthias Ginter (Borussia Mönchengladbach). Antonio Rüdiger, der mit seiner Erfahrung in einer Fünferkette stabilisierender Faktor sein kann, fehlt aktuell.
Gegen Nordirland stellte Löw auf eine Viererkette um – und die Defensive harmonierte besser. Aktuell scheint dies die Variante zu sein, auf die Löw setzen sollte.