Peter Stöger heißt der neue Trainer von Borussia Dortmund. Was erhoffen sich die Dortmunder vom neuen Mann? Hier kommen die Dinge, die Stöger besser machen kann.
Am Ende ging es schnell. Bereits wenige Stunden nach der Dortmunder 1:2‑Niederlage gegen Werder Bremen meldeten Medien, Peter Bosz werde entlassen. Gerade einmal 19 Stunden nach dem Abpfiff präsentierte Dortmund seinen Nachfolger: Peter Stöger soll den BVB wieder in die Spur führen – und das, nachdem er selbst erst vor Wochenfrist in Köln entlassen wurde. Selbst im schnelllebigen Fußballgeschäft eine rasante Entwicklung.
Stöger bleibt keine lange Eingewöhnungsphase: Am Dienstag reist Dortmund nach Mainz, kommende Woche folgt die Partie gegen Hoffenheim, in neun Tagen steigt der Pokalkracher gegen Bayern München. Wie kann Stöger der Mannschaft in dieser kurzen Zeit helfen? Drei und eine halbe Qualität von Stöger, die Dortmunder Anhängern Anlass zur Hoffnung geben können.
Stöger, der Defensivpapst
24 Gegentore in den letzten 10 Pflichtspielen: Das größte Dortmunder Problem ist die Defensive. Bosz hielt lange Zeit an einem offensiv orientierten 4 – 3‑3-System fest, die Absicherung der eigenen Angriffe funktionierte nicht. Zuletzt kehrte er seinem System den Rücken, doch die defensive Stabilität verbesserte sich nicht, im Gegenteil.
Stöger hat aus seiner Zeit in Köln den Ruf eines defensiv denkenden Trainers. Nicht ganz zu Unrecht: Seine Mannschaft zeichnete mehrere Jahre eine ausgezeichnete Organisation aus, sie agierten fast immer aus einer soliden Defensive heraus. Selbst in dieser mauen Saison brachen Stögers Kölner nur selten auseinander. Er wird auch beim BVB zunächst versuchen, auf ein defensiv stabileres System umzustellen.
Stöger, der Taktikfuchs
Stöger ist nicht auf eine Formation festgelegt. In der vergangenen Saison, an deren Ende sich Köln für die Europa League qualifizierte, wechselte Stöger ständig die Formation. Ob Vierer- oder Fünferkette, ob Spiel über die Flügel oder durch die Mitte, ob schnelles Konterspiel oder geduldige Ballzirkulation: Stöger wählt seine eigene Spielidee anhand der vorhandenen Spieler und dem jeweiligen Gegner.
Das dürfte für viele BVB-Profis eine willkommene Abwechslung sein zu Peter Bosz, mit dessen starrer Spielidee manche Akteure merklich fremdelten. Julian Weigl beispielsweise kam nie mit Bosz‘ Anweisung zurecht, im Mittelfeld in einer höheren Position zu agieren. Stöger dürfte pragmatischer an die Sache herangehen und versucht sein, die Mannschaft zunächst mit simplen taktischen Anweisungen Sicherheit zu geben.
Stöger, der Konter-Trainer
Die größten Siege feierte Stöger in Köln, wenn seine Mannschaft die eigene Geschwindigkeit auf den Platz bringen konnte. Mit diagonalen Spielzügen vom Flügel ins Zentrum versuchte das Team, Stürmer Anthony Modeste einzubinden. Wenn sie Räume erhielten, waren Stögers Kölner kaum zu stoppen.
Insofern bietet der Dortmunder Kader viele Möglichkeiten für Stöger. Pierre-Emerick Aubameyangs Geschwindigkeit dürfte stärker forciert werden, auch schnelle Außenstürmer wie Andre Schürrle oder Christian Pulisic passen in solch eine Ausrichtung. Ein reines Konterspiel ist als Dortmunder Mannschaft natürlich kaum möglich, da viele gegnerische Teams nicht allzu offensiv agieren gegen den schwarzgelben Favoriten. Aber Stöger könnte versuchen, Ballgewinne im Mittelfeld stärker zu forcieren und die einzelnen Kontergelegenheiten besser auszuspielen.
Stöger, der Offensivtrainer?
Das große Fragezeichen steckt hinter Stögers Offensivplan. Stögers Kölner waren gewiss kein rein defensives Team. Doch ihr Ballbesitzspiel war immer etwas behäbig und stets auf Sicherheit bedacht. In Dortmund muss Stöger umdenken – die meisten Gegner lassen es gar nicht anders zu.
Dass Stöger auch anders kann, bewies er in seiner Zeit bei Austria Wien. In Österreich gewann er mit einem offensiven 4−3−3 die Meisterschaft, sein Team spielte die Gegner mit schönen Kombinationen aus. Vor allem das Spiel vom Flügel ins Zentrum überzeugte. Die Frage bleibt, ob diese Qualitäten aus der schwachen österreichischen Liga übertragbar sind auf die Bundesliga. Bei Bosz dachte man Ähnliches, als er nach seiner starken Zeit bei Ajax Amsterdam in die Bundesliga wechselte. Der Ausgang ist bekannt.
Insofern ist interessant, dass Stöger zunächst nur einen Vertrag bis zum Ende der Saison erhalten hat. Diverse Medien spekulieren, dass Julian Nagelsmann ab Sommer übernehmen soll – ein junger Trainer, der für ausgeklügelten Offensivfußball steht. Mit Stöger ein defensiver Stabilisator, mit Nagelsmann ein junges Trainertalent, das die Mannschaft offensiv weiterentwickelt.
Es klingt auf dem Papier nicht nach dem schlechtesten Plan.