Die deutsche Mannschaft steht wie 2004 vor einem Umbruch. Trotzdem wollen viele offenbar nicht aufhören. Muss jetzt einer wie Jürgen Klinsmann ran?
Die Konsequenzen, auf die sich DFB- Präsident Reinhard Grindel und die sportliche Leitung der Mannschaft fürs erste einigen konnten, hören sich schwer nach großer Rat- und Hilflosigkeit an. Während Teammanager Oliver Bierhoff immerhin eine „knallharte Analyse“ einforderte, sprach Löw zwar von „tiefgreifenden Veränderungen“, die nötig seien. Ob das aber auch für das Amt des Bundestrainers gelte, sagte er nicht. Grindel toppte die schwammigen Verlautbarungen noch einmal. Es komme jetzt darauf an, „dass wir nicht in Hektik oder Aktionismus verfallen“, sagte er.
Löw trägt die Verantwortung
Klar, den einen geeigneten Kandidaten für eine mögliche Nachfolge Löws gibt es derzeit nicht. Aber das allein darf kein Argument für eine Weiterbeschäftigung des 58-Jährigen Schwarzwälders sein. Für das krachende Scheitern trägt er die Hauptverantwortung. Zu der wolle er auch stehen, hatte Löw noch am Abend der Schmach gesagt.
Doch auch darüber hinaus muss sich einiges gewaltig ändern innerhalb der Mannschaft und um sie herum. Insofern wäre einer wie Klinsmann jetzt nicht als Trainer, sondern als radikaler Aufräumer gefragt. Man könnte den Wahlkalifornier in regelmäßigen Abständen einfliegen lassen – so, wie er es auch bis zur Heim-WM 2006 tat. Das hatte zwar damals die Hinterbänkler des Sportausschusses im Bundestag auf die Barrikaden gebracht, sie wollten ihn deshalb sogar ins Hohe Haus einbestellen. Doch Klinsmanns Wirken gilt bis heute als Erweckungserlebnis auf dem Weg zum vierten Stern.
Aufgeblähter Betreuerstab
Aus dieser Anfangszeit sind heute noch die führenden Köpfe übriggeblieben: Neben Löw und Bierhoff der Torwarttrainer Andreas Köpke sowie der Teampsychologe Hans-Dieter Hermann, der schweizerische Chefscout Urs Siegenthaler, die amerikanischen Fitnesstrainer Shad Forsythe und Mark Verstegen. Sie alle sind über die Jahre zum Establishment geworden beim DFB. Viel bedenklicher ist, dass sämtliche Bereiche rund um das Team auf ein schier nicht mehr verträgliches Maß angeschwollen sind. Auf jeden der 23 Spieler kamen bei dieser WM zwei Mitarbeiter im Betreuungsstab, also insgesamt 46 Mann. Die Reformergebnisse von Klinsmann sind über die Jahre schleichend einkassiert worden.