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Seite 3: „1982 gab es eine extreme Cliquenbildung“

Legendär ist ein VfB-Trai­nings­lager im schwei­ze­ri­schen Lauch­ingen unter Coach Lothar Buch­mann im Jahr 1979.
Das kam auf Mayer-Vor­fel­ders Initia­tive zustande. Der kannte den Lauch­inger Bür­ger­meister und hatte ver­ab­redet, dass wir ins Trai­nings­lager dahin kämen. Leider stellten wir nach Ankunft fest, dass es völlig in der Einöde lag. Wir wohnten in einem Land­gasthof namens Krone“, neben­dran war ein Bau­ernhof mit Mist­haufen vor der Tür. Als wir nachts das Fenster auf­machten, kamen Tau­sende von Schnaken ins Zimmer. Die ganze Mann­schaft ist noch auf Mücken­jagd gegangen, aber am nächsten Morgen waren wir alle kom­plett zer­sto­chen.

Wie haben Sie die Zeit herum bekommen?
Abends saßen wir am Stamm­tisch in der Krone“ und hörten Schorsch Vol­kert zu, wie er uns auf dem Kla­vier vor­spielte. Manchmal haben wir mit­ge­sungen.

War Ihre Spie­ler­ge­nera­tion genüg­samer als die heu­tige?
Wir haben uns mehr mit dem Klub iden­ti­fi­ziert und des­halb auch mehr Ver­ant­wor­tung über­nommen. Ich bin auch mal zu Mayer-Vor­felder und habe Namen von Spie­lern genannt, die wir ver­pflichten sollten. Etwa Klaus Fischer, als er nach Bochum wech­selte, oder Cha Bum.

Aber die wurden nicht geholt?
Es herrschte stets eine schwä­bi­sche Ein­stel­lung vor, die wollten keine Ablöse für Spieler um die 30 bezahlen, von denen sie nicht wussten, ob sie alles für den Klub geben oder nur zum Kar­rie­re­ende absahnen wollen. Der VfB hätte nach der Meis­ter­schaft 1984 die Chance gehabt, lang­fristig ein Spit­zen­team auf­zu­bauen. Aber die Füh­rung hat weiter aufs Geld geguckt und schwä­chere Spieler ver­pflichtet. Ich bin 1986 unter anderem des­halb weg aus Stutt­gart, weil ich keine Per­spek­tive mehr sah.

Sie hatten vorher auch Ange­bote aus Mün­chen und vom HSV.
Die habe ich abge­lehnt, weil ich sehr hei­mat­ver­bunden war und glaubte, mit dem VfB zu den ganz Großen auf­schließen zu können. Aber 1986 war klar, dass sich wenig bewegt.

Waren Sie mit der Per­spek­tive Profi geworden, beim VfB alt zu werden?
Der VfB war mein Verein. 1981 kam Uli Hoeneß zu meinen Eltern nach Schwarzach. Er wollte Bernd und mich zum FC Bayern holen. Da war ich der­je­nige, der nicht weg wollte. Anfang der Acht­ziger hat mich Günter Netzer auch nach Ham­burg ein­ge­laden.

Haben Sie die Ein­la­dung ange­nommen?
Ja. Er hat mich sogar ein paar Runden mit seinem schwarzen Fer­rari an der Alster drehen lassen. Am Ende bin ich nach Hause, ohne unter­schrieben zu haben.

Die Ange­bote waren sicher lukrativ.
Natür­lich hätte ich dort besser ver­dient. Aber ich war zufrieden in Stutt­gart. Ich habe schon als junger Spieler immer die Ver­hand­lungen für meinen Bruder und mich geführt. 1978 hatte ich eine Betei­li­gung an den Zuschau­er­zahlen mit im Ver­trag – und damals kamen über 50 000 ins Neckar­sta­dion. Später habe ich die Infla­ti­ons­rate mit rein­ver­han­delt. Da gab es am Ende der Saison einen schönen Auf­schlag.

Unter Jupp Der­wall wurden Sie zur festen Größe im Natio­nal­team.
Aber nicht gleich. Ich werde nie ver­gessen, wie ich vor meinem vierten Län­der­spiel in der Türkei wäh­rend des Trai­nings auf die Toi­lette ging. Plötz­lich lehnt Der­wall in der Tür und spricht mich an, wäh­rend ich am Pis­soir stehe: Jung, du spielst mir zu viel mit dem Außen­rist.“ Da wusste ich, dass ich nicht von Anfang an spiele.

Er galt als Trainer, der seine Lieb­linge hatte.
Das stimmt. Felix Magath mochte er selt­sa­mer­weise nicht, obwohl der extrem ehr­geizig und tech­nisch beschlagen war. Ihm zog er Hansi Müller vor. Er sagte: Der Hansi ist ein Spieler wie ich früher.“

Der Rhein­länder stand also eher auf die kom­mu­ni­ka­tiven Typen?
Nicht unbe­dingt, sein abso­luter Lieb­ling war Manni Kaltz.

Warum hat es in zwei End­spielen für Sie nie zum WM-Titel gereicht?
Wissen Sie, wir hatten zu meiner Zeit sehr viele gute Ein­zel­spieler in der Natio­nalelf. Aber uns fehlte meist eine gute Kame­rad­schaft. Paul Breitner sagte: Elf Freunde, was soll der Schmarrn, jeder ist für sich ver­ant­wort­lich.“ Das sehe ich bis heute anders: Eine Mann­schaft, in der jeder für den anderen läuft, ist auch erfolg­reich.

Für eine intakte Mann­schaft ist ein Trainer ver­ant­wort­lich.
Jupp Der­wall hatte aber nicht den Mumm, bestimmte Quer­treiber nach Hause zu schi­cken, dadurch gab es gerade 1982 eine extreme Cli­quen­bil­dung. Ein wirk­li­ches Team hatte Deutsch­land erst wieder 1990 – und da wurden wir Welt­meister.