Das man das als Werder-Fan noch erleben darf: Bremen gewinnt gegen Borussia Dortmund und steht überraschend im Pokal-Viertelfinale. Für unseren Autor ist der Winter damit vorbei.
Dann pikte Milot Rashica eine Freistoßflanke von Max Kruse zur frühen Führung ins Tor und man verschluckte sich erstmals an seinem Getränk, das man in weiser Voraussicht eines Pokalausscheidens zur allgemeinen Betäubung in sich reinzuschütten gedachte, während man sich in Gedanken wieder traurig Kaffee trinkend vor dem sonnenlosen Balkon stehen sah. Hoppla!
Und weil es dann 45 Minuten lang so aussah, als könne der SV Werder heute wirklich mit dem designierten Deutschen Meister mithalten, als man sich schon, auch dank der Getränke, schon der Illusion hingeben wollte, Werder Bremen im Viertelfinale zu sehen, als man kurz den grauen Balkon aus den Gedanken verbannte und lieber an vergangene Wunder der daran ja nicht gerade armen Vereinshistorie dachte, zwirbelte Marco Reus in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit einen Freistoß so easy wie kunstvoll ins Bremer Tor, dass kurz der fürchterliche Verdacht aufkam, die Hochbegabten aus Dortmund würden nur ein grausames Spiel mit den hoffenden Bremern spielen.
1000 Jahre her, mindestens
Weil dann 45 Minuten lang tatsächlich kein Tor mehr fiel, was vielleicht auch damit zu tun hatte, dass Marco Reus´ Oberschenkel zugemacht hatte und man ihn deshalb nur in eine gigantische Jacke gehüllt auf der Ersatzbank sitzen sah, statt weiterhin sein grausames Spiel mit den Bremern zu spielen, befand man sich auf einmal in der Verlängerung. Weshalb man an Leverkusen 2018 dachte. An Saarbrücken 2013. An Preußen Münster 2012. An Pirmasens 2006. Schalke 2005. Uerdingen 2001.
Und ganz zum Schluss erst, als die erste Hälfte der Verlängerung schon fast wieder vorbei war, an das Endspiel im Sommer 1999, als Werder eine ähnlich dramatische Verlängerung im DFB-Pokal für sich entscheiden konnte und das wunderbarerweise auch noch gegen die kurz zuvor im Champions-League-Finale abgestraften Bayern. Frank Rost vs. Stefan Effenberg vs. Lothar Matthäus vs. Rest der Welt. 1000 Jahre her, mindestens.
Dann schoss Christian Pulisic das 2:1 für Dortmund und der Traum war vorbei. Geradezu lächerlich, dass man sich nach Getränk Nummer 7 doch tatsächlich dazu hatte hinreißen lassen, dass hier und heute ein kleines Wunder passieren würde. Nicht gegen diese jungen, frischen, ballstreichelnden Dauerläufer aus Dortmund. Nicht mit Klaassen, Augustinsson, Eggestein, nicht mal mit Claudio Pizarro (der in jenem Pokalwundersommer 1999 übrigens das erste Mal nach Bremen gewechselt war). Aus die Maus, Drops gelutscht, ab nach Hause, Scheißspiel.