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Und hüpfen wild herum auf der Tri­büne des Sport­fo­rums Hohen­schön­hausen, wo der BFC Dynamo spielt, und singen gemeinsam: Uffta, uffta, uffta – Tätärä!“ Und kein Sicher­heits­ordner bremst den Mob.

Beim BFC Dynamo machen sie also mal wieder Theater – aller­dings echtes. Der Klub, der von so vielen wegen seines Ossi-Stasi-Nazi-Hoo­ligan-Images ver­achtet und dessen Umtriebe streng ver­folgt werden von der Polizei, spielt die Haupt­rolle im Thea­ter­stück Dyna­mo­land“, das am kom­menden Montag Urauf­füh­rung hat. Jene Szene, die sich da im Sport­forum abspielte, war Teil einer Video­se­quenz für die Thea­ter­bühne: Die 30 Fans waren Kinder aus der Nach­wuchs­ab­tei­lung. Und der Vor­sänger hieß Andreas Gläser, 42, ist Schrift­steller („Der BFC war schuld am Mau­erbau“) und Fan des DDR-Rekord­meis­ters.

Wir zeigen ein hoch­po­li­ti­sches Stück“, sagt die Regis­seurin Gudrun Herr­bold. Im Mit­tel­punkt stehen junge Nach­wuchs­fuß­baller – Julius, Philipp und Nick, alle 1990 oder 1991 geboren – , die als BFC-Spieler das aus­baden dürfen, was sie nicht ver­bro­chen haben: Egal, wo sie antreten, werden sie als Nazi­kinder“ beschimpft oder ein­fach nur als Hoch­haus­prolls“; sie sind Stasi-Schweine“, obwohl sie erst nach der Wende auf die Welt kamen. Es ist ein schmaler Grat, weil der BFC kei­nes­wegs unschuldig ist an diesem miesen Image und viele Fans mit ihrer unbe­liebten Außen­sei­ter­rolle gern koket­tieren und auch pro­vo­zieren. Im Sta­dion, nahe den joh­lenden Kinder, hängt eine Wer­be­bande von Hoo­ly­wood“.

Der Sze­ne­laden gehört Sven Fried­rich. Er spielt neben Schrift­steller Andreas Gläser die zweite Rolle des erwach­senen Fans, der den Jugend­li­chen erklärt, wie das Image des Ver­eins zustande kam. Fried­rich ist 43, er trägt einen wein­roten Wickel­rock, ein Hawaii­hemd und auf dem Kopf den Ansatz eines Iro­ke­sen­haar­schnitts. Auch er hat sich früher, sagen wir, ener­gisch für seinen BFC ein­ge­setzt und ständig gestän­kert, schon gegen die Vopos und die Stasi („Der Name des Ladens ist auch nur pure Pro­vo­ka­tion – auf den braven H&M‑Style hatte ich keine Lust“). Mit Nazis will er nichts zu tun haben, sagt er. Der kommt eher, so wie ich, aus dem alter­na­tiven Spek­trum“, sagt Schrift­steller Gläser, der seinen Klub gern mit einer Indierock­band“ ver­gleicht. Auch das ist der BFC.

Ums Ver­herr­li­chen des Klubs gehe es ihr nicht, sagt die Regis­seurin Herr­bold, viel­mehr um neue Per­spek­tiven, über die man streiten darf. Theater sollte nie lang­weilig sein, son­dern auf­re­gend, thea­tra­lisch – und Fuß­ball ist genauso.“ Herr­bold hat Poli­to­logie stu­diert, war in New York, hat zuvor mit inhaf­tierten Frauen, mit Boxe­rinnen und alten Artis­tinnen Thea­ter­stücke insze­niert. Man kann sagen: Sie hat ein Faible für Rand­gruppen.

Allein ist sie damit nicht. An den Fuß­ball und seine Pro­test­kultur traut sich das Feuil­leton immer öfter heran. Schon bevor der Welt­ver­band Fifa zur WM 2006 ein spek­ta­ku­läres Kul­tur­pro­gramm orga­ni­sierte, kam das kleine Theater mit Sub­kultur von unten. Längst gibt es Thea­ter­stücke über den Ham­burger SV, über Schalke, auch über den 1. FC Union, dem Erz­ri­valen des BFC Dynamo.

In Dyna­mo­land“ spielt übri­gens auch die Polizei mit: Der rang­höchste Hoo­lig­an­fahnder der Stadt hat vorab die Rolle der Polizei erklärt – auf der Bühne wird er von einem Schau­spieler gespielt. So viel Ver­trauen war selten zwi­schen Dynamo auf der einen Seite und den Hoo­lig­an­fahn­dern auf der anderen.


Dyna­mo­land läuft bis zum 29. November im Theater an der Parkaue“ in Lich­ten­berg. Der Pre­mie­ren­abend ist aus­ver­kauft. Wei­tere Infos: www​.parkaue​.de