Ein französischer Sechstligist scheidet im Pokal aus, weil der Busfahrer das falsche Ziel ins Navigationsgerät eintippt. Ausgerechnet der Gastgeber hat es vorausgesehen.
Carpi ist eine wunderschöne Stadt. Inmitten der Emilia-Romagna besteht noch immer eine Altstadt aus Bauten der Renaissance, Baldassare Peruzzi und Ugo da Carpi konnten hier frei schaffen, noch heute findet hier eine der bedeutendsten philosophischen Kongresse jährlich statt. Außerdem unterhält die Stadt eine Partnerschaft mit Wernigerode, das ja gemeinhin als einer der schöneren Orte im Harz gilt und immerhin. Hier lässt es sich also aushalten, wenn es einem nicht gerade nach Strandurlaub dünkt. Und also waren vor wenigen Jahren zwei schwedische Touristen völlig verkehrt, weil sie ja eigentlich zur süditalienischen Insel Capri wollten, aber sich bei der Suche im Navigationsgerät ein Tippfehler eingeschlichen hatte. Eine Verwechslung über 900 Kilometer, die sich beheben ließ.
Ganz so schlimm traf es die Spieler des französischen Sechstligisten Tarbes Pyrénées Foot zwar nicht, die Folgen des Navigationsfehlers waren aber weitaus gravierender. Schließlich ging die Mannschaft aus dem Südwesten Frankreichs als eindeutiger Favorit in die vierte Runde des Coupe de France. Jener Wettbewerb, der in den ersten Runden traditionell bis hinunter in die Amateurligen und auch in den Übersee-Départements gespielt wird, ehe die Profiteams im Hunderachtundzwanzigstelfinale oder eben im Vierundsechzigstelfinale hinzustoßen. Runden, die die Mannschaft von Tarbes Pyrénées Foot in dieser Saison nicht mehr erreichen wird.
„Es ist eine Verkettung von Umständen“, erklärte ein Vereinsmitglied dem französischen Fußballportal footamateur.fr das vorschnelle Aus aufgrund einer misslichen Situation: Alles hatte damit begonnen, dass der Busfahrer sein Navigationsgerät nicht nach Vabres führen ließ, sondern in die Stadt Vabre – eben ohne S am Ende. Ein Ort, der zwar auch klein ist und im Südwesten Frankreichs liegt, aber nun einmal drei Fahrtstunden vom eigentlichen Ziel entfernt liegt. Nachdem der Mannschaft das Missgeschick auf halber Strecke aufgefallen sei, habe man den Bus zwar sofort gewendet, der Albtraum begann aber erst gerade.
„Sie riefen zum ersten Mal an, um zu sagen, dass sie gegen 18:15 Uhr ankommen würden, dann um 18:25 Uhr, aber sie kamen nicht“, erklärte Johan Mourao, der gegnerische Trainer, während sein Team in Vabres wartete. Was auch daran lag, dass der Bus auf halber Strecke in einem Dorf anhalten musste, weil gerade eben dort ein Radrennen stattfand. Später dann konnte das schwere Vehikel aufgrund des Gewichts eine alte Brücke nicht überqueren und musste eine Umleitung suchen – letztlich zum Vorteil für die Hausherren. Die hatten nämlich seit 18 Uhr pflichtbewusst auf dem Platz gestanden und auf den Anstoß gewartet. Als die Gäste schließlich mit einer knappen Stunde Verspätung ankamen, war das Pokalspiel längst entschieden.
„Wir können schon jetzt nur hoffen, dass sie den Weg ins Stadion nicht finden“
Das Reglement des Coupe de France ist in dieser Angelegenheit nämlich eindeutig. Nach Artikel 10.1.3. des Regelbuchs wartet der Schiedsrichter eine Viertelstunde, danach wird das Spiel zugunsten der anwesenden Mannschaft entschieden. Eine Bestimmung, an die sich der anwesende Referee hielt, sodass der Amateurverein aus Vabres kampflos in die nächste Runde einzog. Und die Gäste aus Tarbes? Stiegen nur fünf Minuten nach ihrer Ankunft wieder in den Bus ein und fuhren heim – der Fahrer kannte ja nun den Weg.
Übrigens: In einem Interview vor dem Spiel hatte Vabres glücklicher Vereinspräsident Alexandre Cambon noch davon gesprochen, dass seine Mannschaft als absoluter Außenseiter und das Pokalspiel ohnehin ein Highlight sei, weil die Mannschaft einen neuen Trikotsatz präsentieren könne. Die einzige Chance für den Dorfklub gegen den Sechstligisten? „Wir können schon jetzt nur hoffen, dass sie den Weg ins Stadion nicht finden“, hatte Cambon gescherzt. Und damit Recht behalten. Immerhin: Am heutigen Abend befindet sich Vabres‑l’Abbaye erneut als ärgster Außenseiter im Lostopf zur nächsten Runde. Als offiziell niederklassigster Verein dürfte der Dorfklub wiederum den Spielort stellen. Ungeahnte Heimvorteile sind da nicht ausgeschlossen.