Mit strategischer Reife soll Lucas Tousart die Berliner nach Europa führen. In seiner Spielweise erinnert der Franzose an den jungen Sami Khedira.
Mit gerade mal 23 Jahren ist Tousart noch recht jung, aber doch schon vergleichsweise erfahren. Seit seinem Profidebüt 2015 hat er für Lyon 114 Meisterschaftsspiele (3 Tore/3 Assists), 15 Champions-League- (2÷1) und 16 Europa-League-Spiele (1÷1) absolviert. Bei Olympique beeindruckte mit er seiner Reife, seiner Handlungsschnelligkeit und seiner körperlichen Präsenz.
In Lyons 4 – 2‑3 – 1‑System spielte er meist in einem Sechser-Duo, er könne diese Rolle aber auch allein besetzen, wenn vor ihm zwei Achter spielen. In der Zentrale könne er alles spielen. „Lucas ist ein strategischer Spieler, der Bälle geschickt klauen und nach Ballgewinn schnell umschalten kann. Er macht Tore, ist stark bei Standards“, sagt Labbadia. „Wir glauben an seine Fähigkeiten, müssen ihm aber auch Zeit geben, er spielt das erste Mal im Ausland, und, er hat vier Monate nicht mehr auf dem Platz gestanden.“ Solange fiele sonst nur ein Spieler nach einer schweren Verletzung aus, „bei ihm sieht man, was Corona für Nebenwirkungen haben kann“.
Na ja, sagte Tousart, zwei Monate habe er „komplett“ zu Hause bleiben müssen, „zum Glück habe ich einen großen Garten“, in dem er sich fit halten konnte. Auch Hertha habe ihm immer wieder Aufgaben für die individuelle Trainingsarbeit übergeben. Labbadia berichtete sogar von „Live-Sessions“, die man in den zurückliegenden Wochen immer mal wieder durchgeführt habe.
Tatsächlich erinnert Tousart in seiner Spielweise und seiner Körperhaltung an den jungen Sami Khedira. Wie der spätere Weltmeister, der inzwischen 33 ist und mit Juventus Turin gerade zum fünften Mal in Folge Italienischer Meister wurde, ist Tousarts Spiel von körperlicher Robustheit, strategischer Reife sowie einem ausgeprägten Leadership gekennzeichnet.
Auch Khedira hatte beim VfB Stuttgart in jungen Jahren Führungsqualitäten nachgewiesen, wurde 2007 Deutscher Meister und führte die deutsche U‑21-Mannschaft 2009 als Kapitän zum EM-Titel. Tousart beispielsweise führte die französische U‑19-Nationalmannschaft 2016 als Kapitän zum EM-Titel. Vielleicht ist Tousart auch ein „Natural Born Leader“, wie es Khedira war. Auch der Franzose wird nicht unbedingt für die erregenden und auffälligen Momente eines Fußballspiels zuständig sein.
Spielertypen wie er werfen das große Bild eines Spiels auf den Rasen, sie bringen sich mit viel Verve ein, sie dienen dem Team. Ihr Spiel ist darauf angelegt, ihre Nebenleute zum Glänzen zu bringen und dabei alles in der Balance zu halten. Nun also Hertha. Um eine klare Zielvorgabe ist Lucas Tousart jedenfalls nicht verlegen. „Wir wollen eine gute Saison spielen. Dann können wir uns für den Europapokal qualifizieren.“ Aber erst einmal wolle er Deutsch lernen. „Es ist ein Minimum, die Sprache des Landes zu können, in dem man arbeitet und lebt.“
Dieser Text erscheint im Rahmen unserer Kooperation mit dem Tagesspiegel.