In Hoffenheim legte Julian Nagelsmann mit seinem Trainerteam zusammen die beste Saison aller Zeiten hin. Auch, weil die Truppe keine Angst vor zu viel Risiko hat.
Trainerteam der Saison: Julian Nagelsmann & Team
Das Team um Julian Nagelsmann fand in dieser Saison fast immer den richtigen Matchplan. Und das ist natürlich kein Zufall.
Vor gut einem Jahrzehnt, als Jürgen Klinsmann die deutsche Nationalelf übernahm, begann ein neues Wort in den Sprachgebrauch des Fußballs einzusickern: Trainerteam. Denn für eine Mannschaft waren nämlich nicht mehr allein große Zampanos an der Seitenlinie verantwortlich – bestenfalls assistiert von braven Helferlein –, sondern ein Team selbstbewusster Spezialisten. Dieses sorgte sich um die Fitness, versuchte die Spieler einzeln weiterzubringen und Mannschaften insgesamt, es analysierte die Spielweise des Gegners und entwickelte die eigene. So gehört es heute zu den wesentlichen Aufgaben eines Cheftrainers, die Vielzahl der Bemühungen zu bündeln und ihnen eine Richtung zu geben.
Aus diesem Grund, und nicht zuletzt auch deshalb, weil uns vorherige Preisträger wie Thomas Tuchel oder Jürgen Klopp vehement darauf hingewiesen haben, lassen wir ab sofort nicht mehr den „Trainer der Saison“ wählen, sondern das „Trainerteam der Saison“. Julian Nagelsmann ist für diese Premiere fast schon der ideale Preisträger, denn der immer 30-Jährige ist in eine Fußballwelt hineingeboren worden, in der er stets teil von Trainerteams gewesen ist.
Zum Glück wählte Nagelsmann oft die „Risikovariante“
Ob ganz zu Beginn als Scout für den damaligen Jugendtrainer Thomas Tuchel oder in verschiedenen Funktionen bei den Nachwuchsmannschaften in Hoffenheim. Wer Nagelsmann heute bei den Profis auf dem Trainingsplatz erlebt und bei der täglichen Arbeit drum herum, merkt sofort, dass er seinen Mitarbeitern aus der tiefen Überzeugung Raum gibt, dass es nur so richtig ist. Er verlässt sich auf Matthias Kaltenbach, mit dem Nagelsmann schon in der Jugend arbeitete, und auf den Holländer Alfred Schreuder, der mit Huub Stevens gekommen war.
Michael Rechner entwickelt für ihn erfolgreich die Torhüter weiter, und Benjamin Glück steht zwar nicht auf dem Trainingsplatz, aber seine Analysen sind zentral für die Erfolge der Mannschaft. in Hoffenheim haben sich diese Kräfte zur erfolgreichsten Saison der Vereinsgeschichte verbunden, die den Klub bis in die Qualifikation zur Champions League führte. Doch nicht nur das allein ist bemerkenswert, wichtig ist auch: Die Mannschaft hat einen Fußball gespielt, dessen offensiv-positive Ausrichtung zu den nicht eben vielen erfreulichen Erscheinungen der letzten Saison gehört hat.
Dem zugrunde liegt ein systematisches, fast baukastenartiges Verständnis von Fußball, zu dem Nagelsmann 31 Grundregeln fürs Verhalten auf dem Platz entwickelt hat. Auf dieser Basis entwickelt das Trainerteam von Spiel zu Spiel unterschiedliche Matchpläne. Diese gibt es stets in einer „Sicherheitsvariante“ und einer „Risikovariante“. Welche gewählt wird, entscheidet letztlich der Cheftrainer. Und weil Nagelsmann zum Glück jung und optimistisch ist, hat er sich oft genug für die riskante Version entschieden und das Publikum so mit manchem Spektakel belohnt. Und im Moment spricht zum Glück nichts dagegen, dass das in Zukunft so weitergeht.