Heute vor 40 Jahren traf Real Madrid im Pokalfinale auf seine zweite Mannschaft. Für das Starensemble in der Anfangsformation: Uli Stielike. Und das, obwohl er noch 24 Stunden zuvor in Deutschland auf dem Platz gestanden hatte.
Lediglich 65.000 Fans kamen zum Finale ins damals noch 125.000 Zuschauer fassende Bernabéu. War die zweite Mannschaft als Gegner nicht attraktiv genug?
Sicherlich hätte ein Team von denen, die Castilla aus dem Weg geräumt hatte, als Finalgegner für ein ausverkauftes Stadion gesorgt. Allerdings wäre dann wohl auch nicht im Bernabéu gespielt worden, da die Pokalendspiele damals keinen festen Austragungsort hatten.
In den ersten 15 Minuten des Spiels hielt die Castilla gut mit und das Publikum feuerte mehrheitlich die zweite Mannschaft an. Wie haben Sie das in Erinnerung?
Dem vermeintlich Schwächeren der „Familie“ galten zunächst einmal die Sympathien, bis der Favorit das Zepter in die Hand nahm. Und dass ein Team, das im Pokalendspiel steht, gewisse Qualitäten haben muss und in 90 Minuten auch gute Momente hat, dürfte klar sein.
Letztendlich war das Spiel schnell entschieden. Zur Halbzeit stand es 2:0 für die erste Mannschaft und kurz vor Ihrer Auswechslung fiel das 4:0. Am Ende hieß es 6:1. Hatten Sie während des Spiels überhaupt zu irgendeinem Zeitpunkt das Gefühl, dass etwas schiefgehen könnte?
Als Spieler entwickelst du relativ schnell ein Gefühl für die Situation. Und das war bei mir vom Anpfiff an positiv, was das Gesamte anging. Für mich stellte sich nur die Frage, wie es mit meiner Substanz aussah, immerhin war es wie erwähnt das zweite Spiel innerhalb von 24 Stunden, und das in zwei Ländern!
Der Ehrentreffer der Castilla zum zwischenzeitlichen 4:1 ist wahrscheinlich das am meisten bejubelte Gegentor in der Geschichte des Bernabéu. Wie haben Sie es erlebt?
Ich war nach meiner Auswechslung stinkesauer. Das Spiel war entschieden, ich fühlte mich wohl und hätte liebend gerne das letzte Spiel der Saison zu Ende gespielt. Deshalb verfolgte ich das weitere Spielgeschehen nur noch trotzig von der Bank.
War Ihnen nach dem Spiel dann überhaupt zum Feiern zumute? Den Meistertitel hatten Sie ja zuvor auch bereits errungen, da bot sich ja eine größere Sause an. Durften die unterlegenen Jungs auch dabei sein?
Daran habe ich beim besten Willen keine Erinnerung mehr. Da es damals jedoch noch nicht Usus war, bei jedem Erfolg zum Cibeles-Brunnen (heute pflegt Real Madrid seine Triumphe auf der Plaza de Cibeles zu feiern, d. Red.) zu fahren, gehe ich davon aus, dass wir in irgendeiner Diskothek ausgekommen sind.
Die unglaubliche Leistung der Castilla von damals wird einem erst klar, wenn man sich vor Augen führt, dass in Spanien seitdem kein Zweitligist mehr im Pokalfinale stand. War das für Sie damals überraschend oder wussten Sie um die Stärke der Castilla?
Castilla war der Nährboden für viele spätere wertvolle Spieler der ersten Mannschaft. Dennoch bleibt der Einzug ins Pokalfinale eine einmalige Geschichte, die sich wohl auch nicht mehr wiederholen wird. Denn die eigentliche Größe der Leistung liegt darin, dass Castilla alle Hürden in zwei Spielen genommen hat. Jeder Erstligist hatte also die Möglichkeit eine vermeintlich schwächere Leistung zu korrigieren und hat es nicht geschafft.
Vor der laufenden Saison wurde der Pokalmodus dahingehend geändert, dass nur noch im Halbfinale ein Hin- und Rückspiel stattfindet und alle anderen Runden in einem einzigen Spiel entschieden werden, bei dem der klassentiefere Heimrecht genießt. Prompt stand mit dem CD Mirandés ein Zweitligist im Halbfinale, scheiterte aber an Real Sociedad. Wie stehen Sie zu der Regeländerung des spanischen Verbands?
Wenn du eine Liga mit 20 Teams ausrichtest, dann ist die Belastung der Spieler – vor allem derer, die noch in europäischen Wettbewerben antreten – enorm. Daher war es längst an der Zeit für eine Reduzierung des Spielkalenders.
Wie sehen Ihre persönlichen Zukunftspläne aus? Sie stehen in China bis Saisonende unter Vertrag. Das dürfte sich naturgemäß jetzt noch etwas hinziehen.
Ich würde gerne meinen Vertrag erfüllen, da ich mich den Spielern gegenüber trotz der momentanen Situation verpflichtet fühle. Eigentlich sollte es meine letzte Saison als Cheftrainer im Profifußball sein. Nun bleibt aber erst einmal abzuwarten, wann und wie es überhaupt weitergeht.