Heute wird Pelé 80 Jahre alt. Der größte Spieler aller Zeiten war nie besser als bei der WM 1970. Im großen Karriereinterview sprachen wir mit ihm über rauchende Mitspieler, das wahre Finale in Mexiko und den Platzsturm nach dem Titelgewinn.
Hat es der brasilianischen Mannschaft im Endspiel Ihrer Ansicht nach geholfen, dass die Italiener vorher dieses wahnsinnig schwere Halbfinale gegen Deutschland hatten?
Nein, ich glaube, das hat keine Rolle gespielt.
Haben Sie das Halbfinale Italien gegen Deutschland denn gesehen?
Ja, im Fernsehen zusammen mit der Mannschaft, und anschließend haben wir natürlich darüber gesprochen.
War dabei auch ein Thema, dass Sie im Finale lieber gegen Deutschland gespielt hätten oder froh waren, dass es nicht gegen Deutschland ging?
Nein, weder das eine noch das andere war für uns ein Thema. Mario Zagallo hat immer gesagt: „Um den Titel zu gewinnen, müssen wir nicht an den jetzigen Gegner denken, sondern alle besiegen. Egal wen.“ Das Finale hat bei uns sehr viele Emotionen geweckt. Aber 1970 war nicht nur mein bestes Jahr, sondern auch unserer Mannschaft insgesamt. Die FIFA hatte später nicht zu Unrecht gesagt, dass die damalige brasilianische Nationalmannschaft die beste des Jahrhunderts gewesen sei. Mit Tostao, Jairzinho und all den anderen, das ist eingebrannt in meinem Gehirn.
Gab es Mitspieler, mit denen Sie sich auf dem Platz besonders gut verstanden haben?
Wir waren insgesamt sehr gut organisiert. Gerson und Tostao, das waren die beiden Spielmacher, und ich war Torjäger. Deshalb denken viele immer, dass ich nur vorne gespielt hätte. Aber das stimmt nicht, denn ich war das Bindeglied zwischen Gerson und Tostao, habe mich immer wieder zurückfallen lassen und mit ihnen die Positionen getauscht, das war sehr wichtig.
„Als wir in Mexiko City ankamen, waren wir längst akklimatisiert“
Es war überhaupt eine aus heutiger Sicht unglaublich offensiv besetzte Mannschaft.
Auch aus damaliger Sicht. Schauen Sie: Gerson hat bei Botafogo die Nummer zehn getragen. Tostao war die Zehn bei Cruzeiro. Ich war die Zehn bei Santos und Rivelino bei Corinthians. Nur Jairzinho hatte bei seinem Verein eine andere Nummer.
Letztlich haben Sie im Finale 1970 mit fünf Stürmern gespielt.
Ja, und viele Journalisten haben gesagt, mit so vielen Stürmern, das werde nie funktionieren. Aber es war wirklich die beste Mannschaft, die Brasilien je hatte.
War es auch ein Team, in der die Freundschaft wichtig war oder war das Verhältnis rein professionell?
Nein, nein. Freundschaft war sehr wichtig und sie war auch sehr tief. Als die Zeit kam, in der wir dann aus Brasilien weggegangen sind, hat sie weiter gehalten.
Von Torhüter Felix , der 2012 gestorben ist, wurde immer erzählt, dass er stets eine Zigarette brennen hatte. Stimmt es wirklich, dass er sogar in der Halbzeitpause geraucht hat?
Ja, das stimmt. Er war oft sehr nervös, da musste man manchmal wirklich schimpfen, damit er nicht raucht. Aber es war nicht nur Felix, sondern auch Gerson, die beiden haben immer Zigaretten versteckt, damit sie eine anstecken konnten. Gerson hatte sogar noch größere Schwierigkeiten als Felix.
Generationen von ausländischen Spielern haben darüber gestöhnt, wie schwer es ist, im Aztekenstadion zu spielen, weil dort oben in Mexiko City die Luft so dünn ist. Wie haben Sie das beim Finale empfunden?
Es gehörte zu den weisen Entscheidungen von Zagallo und den anderen Betreuern, dass wir schon 20 Tage vor Beginn der WM nach Guadalajara gereist sind, das ähnlich hoch lag. Dort haben wir dann auch unsere Vorrundenspiele absolviert und waren längst akklimatisiert, als wir in Mexico City ankamen. Deshalb habe ich die Bedingungen nicht mehr als schwierig empfunden.