Großmütter nach Granaten abtasten und nichtsahnende Anhänger anmotzen. Warum sind Stadionordner eigentlich immer so schrecklich unfreundlich?
Und nicht einmal dort, wo potenziell ein bisschen Aufregung und Action möglich wäre, kommen Ordner zu ihrem großen Auftritt. Etwa wenn die Auswärtsmannschaft im getönten Luxusliner am Stadion eintrifft. Da ist den Sicherheitsleuten stets die Enttäuschung anzusehen, wenn sich der Bus allzu gemächlich durch die gaffenden Massen pflügt. Wie gerne nämlich würden die Ordner mit der Hand am heißen Metall neben dem Bus herspurten wie einst Clint Eastwood in „In the line of fire“, um dann jeden verdächtigen Passanten zu neutralisieren, der es wagt, unflätige Grimassen zu schneiden oder die Bannmeile um den Außenspiegel zu durchbrechen.
Dass sich beim Anblick deutscher Stadionordner niemand an den Secret Service erinnert fühlt, liegt aber natürlich auch daran, dass Eastwood und seine Kollegen stets ausgesucht feinen Zwirn vom Washingtoner Herrenausstatter trugen, während das Sicherheitspersonal in deutschen Stadien vereinsübergreifend in zeltartig geschnittene Allzweckjacken gesteckt wird, die selbst gertenschlanke Ordner in unförmige Sumoringer verwandeln und die durch ihr beeindruckendes Eigengewicht gerade adipöse Sicherheitsleute vollends bewegungsunfähig machen. Eine allwöchentliche Tortur für die Ordner, die schon weit vor Öffnung der Stadiontore für eine beeindruckende Grundagressivität unter dem Personal sorgt.
Ordner irgendwann in bester Spec-Ops-Manier
In den wenigen Stadien, in denen auf diese tragbaren LKW-Planen verzichtet wurde, ist es allerdings nicht viel besser. In Leverkusen etwa trugen die Ordner lange Jahre jenen grünen Drillich, der sonst bevorzugt von wild entschlossenen Einsatzhundertschaften bei Bordellrazzien zum Einsatz kommt. Polizei und Sicherheitsleute waren also derart schwer zu unterscheiden, dass man sich nicht gewundert hätte, wenn sich die Ordner irgendwann in bester Spec-Ops-Manier unter kehligem „Hoho“-Gebrülle und dem Einsatz von Blendgranaten vom Stadiondach in den Gästeblock abgeseilt hätten.
Klar ist es oft auch Glücksache, an wen man als Zuschauer so gerät. Bisweilen verirrt sich auch der eine oder andere Menschenfreund in die neongelben Reihen. In der Regel aber wäre Franz von Assisi wohl eher nicht Ordner geworden. Beim 1. FC Köln zum Beispiel wird der Zuschauer hin und wieder von gemütlichen Senioren abgetastet, die in kölscher Mundart vor sich hin plaudern und ohne großes Akklimatisieren auch Triangel bei den Höhnern spielen könnten. Zwei Wochen später wartet dann aber wieder verlässlich ein grimmiger Vierkant mit ausrasiertem Nacken am Eingang, der den Zuschauern derart kräftig ins Geläut greift, als taste er auf dem samstäglichen Wochenmarkt Avocados ab.
„Na, was haben wir denn da?“
Dem gemeinen Fußballfan bleibt da nichts anderes übrig, als die schlechte Laune über sich ergehen zu lassen. Das bedeutet, stoisch dreinzublicken, wenn ein Ordner mal wieder triumphierend brüllt: „Na, was haben wir denn da?“, wenn er bei der Leibesvisitation ein Feuerzeug in der Hosentasche gefunden hat. Das bedeutet auch, dem Ordner im Innenraum freundlich zuzuwinken, der schon seit zwei Stunden stoisch einen imaginären Punkt auf der Haupttribüne fixiert. Das bedeutet schließlich, angestrengt wegzuhören, wenn ein Bereichsleiter in allerbester Kaufhausgeheimsprache in sein Funkgerät vermeldet, man habe „zwei Neunen gefünft“ (was übersetzt lediglich bedeutet, dass er zwei Bratwürstchen für sich und seinen Kollegen geordert hat). Und natürlich ist ganz besonders wichtig: Immer den Fluchtweg freihalten, Freundchen!