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John-Paul O’N­eill, wann haben Sie sich ent­schlossen, Red Issue“ ein­zu­stellen?
Wir tragen den Gedanken schon eine ganze Weile mit uns herum. Wir dachten bereits 2005, dass die Gla­zers uns nach der Über­nahme den Garaus machen, aber das pas­sierte nicht. Doch je länger ihre Eigen­tü­mer­schaft andauert, umso mehr wurde uns klar, dass wir das nicht mehr mit­tragen wollen. Hinzu kam der Deal mit Adidas im Sommer.

Warum?
Die haben für zehn Jahre Spon­so­ring eine Summe bezahlt, die nah an dem gesamten Wert des Klubs vor zehn Jahren lag. Bei sol­chen Geld­strömen begreifst du, wie egal dem Verein das Anliegen der Fans ist, wie wenig er für sie tut. Wir sind ein­fach müde geworden von all der Kom­mer­zia­li­sie­rung und dem Unsinn des modernen Fuß­balls.

Was genau meinen Sie?
Drei Bei­spiele: Ers­tens diese totale Durch­drin­gung des Geldes. Für die Fans hat ein Klub keinen mone­tären Wert, doch es ist schon so weit gekommen, dass manche Anhänger die Begriffe der Finanz­welt über­nommen haben. Der Ver­kauf eines Star­spie­lers ist mitt­ler­weile eine gute Ein­nah­me­quelle“ – so als würden sie zum Fuß­ball­platz gehen, um sich von Geld­bün­deln auf dem Rasen unter­halten zu lassen. Und da ist diese Kleb­rig­keit von Unter­nehmen, die sich ganz ober­fläch­lich an die Klubs ran­schmeißen, um die Lei­den­schaft der Leute für sich aus­zu­nutzen. Drit­tens nervt dieser bit­tere Ernst, mit dem über abso­lute Nich­tig­keiten des Fuß­balls wie Trans­fers und Schieds­richter debat­tiert wird, als ginge es dabei um wirk­lich wich­tige Themen wie die Ent­schlüs­se­lung des Gesund­heits­sys­tems oder die Armuts­zu­nahme in der Welt.

Was werfen Sie Ihrem Klub kon­kret vor?
Man­chester United ver­kauft alles an den Höchst­bie­tenden, es geht bloß um Ein­nahmen. Das wäre in Ord­nung, wenn sie dadurch die Ein­tritts­kar­ten­preise sub­ven­tio­nieren oder die Gemeinde unter­stützen würden. Die Preise sind schon derart in die Höhe getrieben, dass der Markt es gerade so erlaubt. Doch wer bekommt das Geld? Es wan­dert in die Tasche der Gla­zers, um deren Schulden zu bezahlen.

Manche Fans mut­maßten, der Abschied von Red Issue“ hänge mit finan­zi­ellen Pro­blemen zusammen.
Das stimmt nicht. Wir waren bis zuletzt das best­ver­kaufte Fan­zine am Old Traf­ford. Durch unsere Ein­nahmen konnten wir den Ver­käu­fern, Dru­ckern und Autoren ein anstän­diges Honorar zahlen. Wir hatten feste Schreiber und gele­gent­liche Mit­ar­beiter, alle wurden je nach Bei­trag bezahlt.

Mit­unter ver­spotten Sta­di­ongänger die Fan­zin­ever­käufer vor dem Ein­gang als Zeugen Jehovas“. Kannten Sie so etwas auch?
Sprüche sind normal, aber nicht in dieser Rich­tung. Eigent­lich bekamen wir immer posi­tives Feed­back. Das Red Issue“ wurde seit 1989 vorm Old Traf­ford ver­kauft. Die Fans sahen es als inte­gralen Bestand­teil des Spiel­tages.

In Deutsch­land gibt es immer weniger gedruckte Fan­zines. Wie sieht es in Eng­land aus?
Hier ist es ähn­lich. Das Internet hat dazu bei­getragen, dass viele Fan­zines nicht mehr so eine große Auf­lage ver­kaufen. Jeder kann heut­zu­tage mit ver­gleichs­weise wenig Auf­wand einen Blog starten. Nichts­des­to­trotz wird die Fan­zine-Kultur nicht sterben. Da draußen gibt es immer noch sehr gute Hefte – und die Leute werden immer bereit sein, für Qua­lität zu zahlen.

Als Liver­pools Suarez beschul­digt wurde, Man­ches­ters Patrice Evra ras­sis­tisch belei­digt zu haben, hat das Red Issue“ Ku-Klux-Klan-Masken für Liver­pool-Fans mit dem Auf­druck LFC – Suarez ist unschuldig“ gedruckt. Einige emp­fanden das als Grenz­über­tritt.
Ein Grenz­über­tritt war eher die Reak­tion der Greater Man­chester Police, die uns dafür ver­haften wollte. So weit ist der Fuß­ball also schon, wenn die Polizei ein sati­ri­sches Bild als auf­het­zend“ erachtet. Wenn man sich diese Reak­tion anschaut, war es im Nach­hinein richtig von uns, das Bild zu dru­cken. Wir würden es heute noch einmal so machen.

In der Kolumne The word on the street“ wurden Gerüchte und Spe­ku­la­tionen auf­ge­griffen – mit teil­weise sehr ver­läss­li­chen Quellen. Stimmt es, dass das Fan­zine bei man­chen Mel­dungen schneller war als die eng­li­sche Presse?
Ja, da gab es Unmengen an Sto­ries, die wir zuerst brachten. Wir hatten eben viele Quellen: Lang­jäh­rige Leser mit unter­schied­li­chen Berufen aus jeder Ecke des Landes und der Welt ver­sorgten uns mit Infor­ma­tionen. So berich­teten wir vor allen anderen über das Come­back von Paul Scholes vor dem Spiel gegen Man­chester City. Das war einer unserer größten Scoops.

Wie kam es damals dazu, dass Ihr ein United-Banner in den Fan­block von Man­chester City schmug­geln konntet?
Ich hatte die Idee und habe eine blaue Fahne gekauft. Mein Bruder und sein Kumpel haben sich dann Tickets für den City-Block geholt und sie mit rein­ge­nommen. Die Umste­henden schöpften auf­grund der Farbe keinen Ver­dacht. Doch auf dem Banner stand in roten Buch­staben geschrieben: Man­chester is red“. Das sah aber keiner der City-Fans und so wurde das Banner über die Köpfe durch den gesamten Fan­block wei­ter­ge­reicht.