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Immer Ärger mit den Ultras. Es ist wirk­lich zum Ver­rückt­werden. Vor allem für Männer wie Dietmar Hopp (TSG), Fritz Keller (DFB) oder Karl-Heinz Rum­me­nigge (FCB), die sich das Fuß­ball­er­lebnis so vor­stellen wie den Besuch eines Bezirks­amtes. Denen ganz warm ums Herz wird bei der Vor­stel­lung, in einem Fuß­ball­sta­dion säßen statt Fans nur noch Zuschauer (externe Kom­mu­ni­ka­tion) und Kunden (interne Sprach­re­ge­lung), die den Umgang mit der Klatsch­pappe per­fekt beherr­schen und gemeinsam vor dem Spiel die Jingle-Melo­dien der Wer­be­partner singen. 

Es könnte alles so schön sein ohne auf­be­geh­rende Jugend­liche, die laut sind und wild und unge­horsam. Aber ist das rea­lis­tisch? Aber klar doch! Der Fort Wil­liam FC, ein kleiner Klub aus den schot­ti­schen High­lands, macht es vor. 

In den ver­gan­genen Jahren wurde der Fort Wil­liam FC bekannt, weil die Mann­schaft ständig verlor. Der Verein galt als der schlech­teste der Welt. Seit 1997 hat er die fünft­klas­sige High­land League, aus der man nicht absteigen kann, 16 Mal als Letzter abge­schlossen. Die​„Times“ beti­telte eine Geschichte über Fort mal mit​„These boots aren’t made for sco­ring“. Vor der Saison 2018/19 wurden dem Klub wegen des Ein­satzes eines nicht spiel­be­rech­tigten Spie­lers neun Punkte abge­zogen. Die Saison schloss die Mann­schaft mit minus sieben Punkten und 21:245 Toren ab. So mies war wirk­lich noch nie ein Pro­fi­verein. (Wir haben Fort Wil­liam in jener, nun ja, schwie­rigen Saison besucht. Hier geht’s zur Repor­tage »)

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Der Claggan Park im April 2019: Fort Wil­liam verlor 0:7 gegen den FC Fraser­burgh.

Andreas Bock

Zu den Heim­spielen kommen trotzdem recht viele Zuschauer. Oft sind es Ground­hopper, denn die Heim­spiel­stätte, der Claggan Park, liegt male­risch am Fuße des Ben Nevis, dem höchsten Berg Groß­bri­tan­niens. Hier wurden Filme wie High­lander“ und Brave Heart“ gedreht. Man trifft sich zum Nach­mit­tags­plausch, isst ein oder zwei Fleisch­küch­lein und schaut sich die eher sur­realen Dar­bie­tungen an: 0:11, 1:14, 2:12, und so weiter.

We don’t give a fuck whoever you may be. Because we are the famous Fort FC!“

Wirk­lich Stim­mung machten bis vorige Woche ein paar Dorf­ju­gend­liche – 20 bis 30 Kids im Alter von 12 bis 16 – mit ihrer Gruppe Yellow Order“. Sie nennen sich Ultras, und sie machen Ultra-Dinge: Sie zünden Pyro, stimmen Wech­sel­ge­sänge an, sie hängen Banner auf. Und manchmal wird es ein wenig unflätig. In einem Chant heißt es:

We are the famous Fort FC. We hate the clach and the Buckie. And we don’t give a fuck whoever you may be. Because we are the famous Fort FC!“

Zu viel hate, zu viel fuck. Jeden­falls für die Ohren der Älteren in Fort Wil­liam. Klub­vor­stand Peter Murphy spricht von einem unak­zep­ta­blen Ver­halten“, wes­halb er den Ultras nun ein Sta­di­on­verbot erteilte. Es sei denn, sie kommen in Beglei­tung ihrer Mutter oder ihres Vaters.

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Man muss dazu sagen, dass Fort Wil­liam ein sehr auf­ge­räumtes und ruhiges Städt­chen ist. Es gilt als das Out­door Capital of the UK“. Viele Men­schen ziehen hier für ihre Rente hin, und jeden Sommer kommen hun­dert­tau­sende Tou­risten zum Moun­tain­biken, Klet­tern oder Wan­dern. Tags­über fla­niert man über die Middle Street, abends trifft man sich in edlen Restau­rants. Als sub­versiv könnte man hier schon gelten, wenn man Nordic Wal­king in süd­li­cher Rich­tung macht und wäh­rend der Teatime einen Kaffee trinkt. 

Die Ultras von Fort Wil­liam sagen, sie wüssten nicht, was sie falsch gemacht haben. Wir warten immer noch auf kon­krete Vor­würfe“, schreiben sie via Twitter. Witzig, wie der Verein sich zum Affen gemacht hat und die ein­zigen echten Fans ver­loren hat.“ und auch ein semi­be­kannter You­tuber macht sich stark für sie: Ein paar lei­den­schaft­liche, fuß­ball­ver­rückte Kids werden ein­fach so von ihrem Verein aus­ge­schlossen.“

Ein Spieler des Ver­eins, der nament­lich nicht genannt werden möchte, erklärt auf Anfrage, dass es viele Beschwerden im Verein und auch von den Geg­nern gegeben hätte. Die Gesänge der Ultras waren oft voller Schimpf­worte!“ Der eh schon klamme Klub könne sich keine wei­teren Ver­bands­strafen leisten.

Immerhin: Über Fort Wil­liam spre­chen nun wieder sehr viele Leute, und sogar die BBC berichtet – auch wenn es wieder nicht um sport­liche Erfolge geht.

Nie­mand will sich vor seiner eigenen Mutter prü­geln!“

Übri­gens, so ganz neu ist die Idee nicht, die Rabauken unter elter­liche Auf­sicht zu stellen. Ein bra­si­lia­ni­scher Klub setzte mit­hilfe einer PR-Agentur vor fünf Jahren Mütter als Ordner ein, um die gewalt­be­reiten Hoo­li­gans zur Räson zu bringen. Nie­mand will sich vor seiner eigenen Mutter prü­geln!“, sagte der Ver­ant­wort­liche damals.

Und nie­mand will vor seiner Mutter oder seinem Vater Fuck“ sagen. Weil es sonst ohne Abend­essen ins Bett geht. Das hoffen sie offenbar bei Fort Wil­liam.

Ob die Herren Hopp, Keller und Rum­me­nigge schon Kon­takt zu Fort Wil­liams Eltern-Ultra-Pro­jekt­ver­ant­wort­li­chen auf­ge­nommen haben, wollte der schot­ti­sche Klub bis­lang nicht bestä­tigen. Ver­neint hat er es aber auch nicht.