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Seite 4: Der Kampf beginnt

Aus­ge­stattet mit diesen Fähig­keiten, tut Salo Muller, was er denkt tun zu müssen, uner­müd­lich. Dabei lässt er sich aus­beuten von dem Klub, an dem sein Herz hängt. Es braucht einen Buch­halter, der ihn eines Tages darauf hin­weist, dass er bei einem Pensum von achtzig Wochen­stunden einen Stun­den­lohn von zwei­ein­halb Gulden bekommt. Als er 1972 um eine Ver­bes­se­rung seiner Bezüge bittet, setzt man ihn kur­zer­hand vor die Tür. Muller hei­ratet, gründet eine Familie und baut eine gut­ge­hende Praxis auf, die zahl­reiche bekannte Sportler und Künstler regel­mäßig auf­su­chen.

Ent­schlossen und hart­nä­ckig bleibt er auch hier. Und genau diese Eigen­schaften zeichnen ihn fast ein halbes Jahr­hun­dert später aus, als er in den Kampf gegen die nie­der­län­di­sche Bahn zieht. Seine Arbeits­weise war die gleiche wie als Mas­seur bei Ajax“, schreibt das NRC Han­dels­blad“, als das erfolg­reiche Ende im letzten November ver­meldet wird. Sanft, wo es mög­lich ist, drän­gend und drü­ckend, wenn nötig.“

Mit Fuß­ball hat Salo Muller nicht mehr allzu viel zu tun, als die Sache beginnt. Natür­lich nicht so wenig wie als Kind, als er in den Ver­ste­cken so gut wie kein Spiel­zeug, keinen Ball und erst recht keine Freunde hatte. Doch außer dem regel­mä­ßigen Besuch der Ajax-Heim­spiele mit seiner Frau ist da nicht mehr viel. Statt­dessen erzählt Muller lieber auf Lesungen von seinen Erleb­nissen wäh­rend der deut­schen Besat­zung. Ich bin weiter infi­ziert“, nennt er das selbst. Das Schicksal seiner Eltern, und auch der Schwie­ger­el­tern, die in Sobibor ermordet wurden, treibt ihn noch immer an.

Ein Anstoß von außen bringt Bewe­gung in die Sache

Auch das mit den Zügen kommt immer wieder hoch. Rund 107 000 Juden haben die Neder­landse Spo­or­wegen depor­tiert. Pro Person hat die Bahn den deut­schen Besat­zern dafür fünf Gulden in Rech­nung gestellt, später sogar sieben Gulden und fünfzig Cent. Umge­rechnet drei Mil­lionen Euro hat sie damit ver­dient. Ich finde, wenn jemand etwas stiehlt und dabei erwischt wird, muss er es zurück­zahlen“, sagt Muller. Die Bahn wurde sozu­sagen geschnappt. Alle sagen bloß, das hätte sie aber nicht tun dürfen. Ich sage: Das Geld muss zurück!‘“

Jah­re­lang trägt er diesen Gedanken mit sich herum, bis Ende 2014 ein Anstoß von außen Bewe­gung in die Sache bringt. Muller liest in der Zei­tung von der Ent­schei­dung der fran­zö­si­schen Bahn, über­le­benden Juden und ihren Nach­kommen in den USA sechzig Mil­lionen Dollar zu zahlen. Wenn das in Frank­reich geht, warum nicht auch in den Nie­der­landen, denkt er sich – und schreibt einen Brief an die Bahn­di­rek­tion, in dem er seine ganze Geschichte erzählt.

Die Ant­wort lässt auf sich warten. Es ist 2016, als Salo Muller Post von einem PR-Mann des Unter­neh­mens bekommt: Man hat meinen Brief zur Kenntnis genommen, bedauert alles außer­or­dent­lich, doch von Ent­schä­di­gungen kann keine Rede sein.“ Ganz offenbar hat der Schreiber dieser Zeilen keine Ahnung, mit wem er es zu tun hat. Salo Muller, dieser freund­liche, char­mante und all­seits beliebte Zeit­ge­nosse, nennt sich selbst einen Pit­bull“. Und der gibt nun nicht etwa auf, son­dern ver­beißt sich in die Sache. So leicht kommen Sie nicht davon“, schreibt er zurück. Ich will ein Gespräch.“