Nur acht Mannschaften sind noch übrig und noch immer ist unklar, wer denn nun der Top-Favorit bei dieser WM ist. Zum Glück gibt unser Power Ranking die Antwort.
Nur noch acht Spiele, dann ist die WM in Katar schon wieder Geschichte. Endlich, denn noch immer fühlt sich dieses Turnier komisch an. Und doch lässt sich festhalten: Lange war eine WM sportlich nicht mehr so spannend und unberechenbar wie in diesem Jahr. Denn unter den verbliebenen acht Teams den einen großen Favoriten auszumachen, ist quasi ein Ding der Unmöglichkeit. Zu oft blitzt die unverschämt hohe individuelle Qualität der Franzosen durch. Zu schön spielten die Brasilianer im Achtelfinale. Zu eindrücklich agierten die Portugiesen ohne CR7. Und dann spielt ja noch ein gewisser Lionel Messi mit oder die absurd tief besetzten Engländer.
Wir probieren, etwas Ordnung in dieses Chaos zu bringen. Und wagen in diesem Power Ranking den Versuch, uns auf einen Turnierfavoriten festzulegen. Im besten Wissen, dass uns diese Auflistung vermutlich schon nach den Viertelfinals um die Ohren fliegen wird.
Die Optimisten sagen: Diese abgezockten Kroaten machen nur so viel wie unbedingt nötig. Die Realität ist: Keine andere Truppe hat sich so sehr unter die letzten acht gemogelt wie der amtierende Vizeweltmeister. Klar ist, dass der kroatische Kader nach wie vor über fantastische Einzelspieler verfügt. Umso ernüchternder aber, was das Team daraus macht – oder, naja, eben nicht.
Der 4:1‑Sieg gegen die Greenhorns aus Kanada färbte eine sonst ziemlich maue Gruppenphase zwar noch positiv ein, doch sowohl beim 0:0 gegen Marokko, beim 0:0 gegen Belgien als auch während der 120 Achtelfinalminuten gegen Japan blieben Modric und Co. den Beweis schuldig, über ein schlüssiges Offensivkonzept zu verfügen, das unabhängig vom Gegner abgerufen werden kann. Die bisherigen Auftritte Kroatiens schmeckten bisher so zäh und uninspiriert wie ein Billig-Steak von einem Tankstellen-Diner. Im Kreise der Viertelfinalteilnehmer schossen nur Marokko und die Niederländer seltener aufs gegnerische Tor.
Die meisten Tacklings aller Turnierteilnehmer, die meisten abgeblockten Schüsse oder Pässe aller Viertelfinalisten, die zweitmeisten abgefangenen Bälle: Marokkos aggressiver und ultra-physischer Spielstil lässt sich wunderbar mit Fakten untermauern. Die „Adler vom Atlas“ gewannen gegen Spanien sicherlich keinen Schönheitspreis, machten das, was sie machen wollten – kompakt stehen, den Gegner entnerven, wenig zulassen – aber richtig gut. Nur ein Gegentor hat Marokko in den bisherigen vier Turnierspielen kassiert, trotz Partien gegen vermeintliche Favoriten wie Kroatien, Belgien (das mit 2:0 geschlagen wurde) und eben Spanien.
Hinzu kommt, dass die Nordafrikaner nicht nur verteidigen können. Spieler wie Zaubermaus Sofiane Boufal, Hakim Ziyech und natürlich Achraf Hakimi sind nie um einen Abschluss oder ein mutiges Dribbling verlegen. Und trotz des großen Kämpferherzes muss bezweifelt werden, ob die Gesamtqualität schlussendlich für mehr als das Viertelfinale ausreicht. Andererseits: Gegen Spanien war Marokko laut den meisten Experten auch schon vor Anpfiff ausgeschieden.
Tja, und ab jetzt wird’s knifflig. Denn mit der Anordnung dieser verbliebenen sechs Teams kann man eigentlich nur falsch liegen. Und doch scheinen die Niederländer bei dieser Massenschlägerei der höchstprominent besetzten Nationen noch der größte Außenseiter zu sein.
Während sich die Elftaal noch phasenweise behäbig durch die Gruppenphase schleppte, spielte sie im Achtelfinale gegen die USA allerdings schon wie ein klassischer Turnierfavorit. Den Gegner machen und sich dabei ein wenig selbst schlagen lassen, in den richtigen Momenten eiskalt vor dem Tor und mit Memphis Depay kommt einer der feinsten Einzelkönner des Turniers langsam in Form.
Die Holländer, so scheint es, wissen genau was sie tun. Sie verfügen über die nötigen Werkzeuge, um Weltmeister werden zu können. Doch was hilft das, wenn die Mitbewerber statt nur einem super ausgestatteten Werkzeugkoffer einfach drei davon mitbringen? Doch vielleicht reicht es ja trotzdem gegen…
Ja, es grenzt schon leicht an Blasphemie, doch trotz Lionel Messi reicht es für die Argentinier in diesem Ranking nicht fürs Treppchen. Das heißt nicht, dass die Albiceleste keine gute Mannschaft ist. Es heißt aber, dass ihr im Vergleich mit den folgenden Startruppen doch etwas Qualität abhanden geht.
Denn defensiv spielen die Südamerikaner nicht in der Weltspitze mit. Das ließ sich gegen Polen, das zum Ende der Gruppenphase nur noch auf Ergebnis spielte, und ein größtenteils einfallsloses Mexiko wunderbar kaschieren, wurde bei der Blamage gegen Saudi-Arabien und auch in Teilen der Schlussphase des Achtelfinals gegen Australien aber umso deutlicher. Dieses Argentinien ist durchaus verwundbar. Und im Vergleich zu Portugal oder Brasilien weiterhin noch stärker abhängig von einem Einzelspieler.
Was insofern okay ist, weil Lionel Messi noch immer Spiele im Alleingang entscheiden kann und die Argentinier im Vergleich zu vorherigen Turnieren zumindest in Ansätzen einen Plan B zu haben scheinen. Hinzu kommt der Heimvorteil, den die abertausenden Verrückten auf der Tribüne erzeugen. Und doch wirkt diese Truppe im Vergleich zur Konkurrenz unkompletter.