Borussia Dortmund verpflichtet Anthony Modeste. Der Transfer erhitzt die Gemüter. Dabei ergibt er für alle drei Parteien Sinn.
Ganz Fußball-Deutschland schrie auf. Da machte doch tatsächlich kurz vor Anpfiff des ersten Kölner Saisonspiels die Nachricht die Runde, dass Anthony Modeste, bester Stürmer der Kölner, zu Borussia Dortmund wechseln wird. Steffen Baumgart durfte vor den Kameras seinen vorhersehbaren Wutausbruch ausleben und moralisierende Sportkolumnisten echauffierten sich über den „gierigen Egoisten“, der den kleinen FC im Stich lässt. Dabei ist doch eigentlich vollkommen klar: Der Wechsel ist eine Win-Win-Win-Situation.
Zunächst einmal für Dortmund. Nach der Hodenkrebs-Diagnose von Sebastien Haller wurden in den vergangenen Wochen viele große Namen mit der Borussia in Verbindung gebracht. Doch weder Edinson Cavani noch Memphis Depay oder Edin Džeko landeten schlussendlich beim Vizemeister, sondern Anthony Modeste. Und das aus guten Gründen. Der Ex-Kölner ist mit Sicherheit die günstige Option im Vergleich zu den internationalen Superstars. Weiterhin scheint es für Dortmund sinnvoll — auch als Zeichen an Haller — keinen Stürmer zu verpflichten, der über Jahre hinweg einen Stammplatz beansprucht. Modeste wird lediglich mit einem Einjahres-Vertrag ausgestattet und erhält die klare Aufgabe das Leder über die Linie zu drücken, bis der eigentliche Wunschspieler genesen ist.
Und das kann er nunmal. 20 Tore schoss er in der vergangenen Saison. Nur Haaland, Schick und Lewandowski trafen häufiger. Der kopfballstarke Modeste ermöglicht der BVB-Offensive mehr Variabilität. Die für Haller vorgesehenen Flanken werden plötzlich wieder zur Option. Für Dortmund war die Verpflichtung deshalb naheliegend, auch wenn die Mannschaft von Edin Terzić dadurch keinen großen Qualitätssprung machen wird. Anthony Modeste reiht sich bei den Dortmundern in eine lange Liste von Transfers ein, die „einfach Sinn ergeben“. Thorgan Hazard, Julian Brandt, Niklas Süle — der BVB kauft zum wiederholten Male Leistungsträger der Bundesliga-Konkurrenz.
Für Modeste selbst ist der Wechsel ein no-brainer. Mit 34 nochmal einen lukrativen Vertrag bei einem Champions-League-Verein angeboten zu bekommen, lehnen wohl die wenigsten ab. Besonders wenn das Gehalt wie berichtet bei rund fünf Millionen Euro liegt. Sollte er sich in dieser Saison gut schlagen, winkt womöglich auch eine Verlängerung. In Dortmund verletzte sich auch einst der bis dahin gesetzte Lucas Barrios. Sein Vertreter nutzte die Chance und legte eine ganz ordentliche Karriere hin. Gut, ein Lewandowski-Vergleich ist womöglich etwas übertrieben, aber Anthony Modeste geht mit dem Wechsel absolut kein Risiko ein.
Mittlerweile hat sich der Stürmer auch selbst zu seinem Wechsel geäußert. Das Angebot des BVB sei für ihn eine „einmalige Chance, Champions League zu spielen und mich auf höchstem Niveau beweisen zu können“, schreibt Modeste in einem Statement an die Kölner Fans. Die Bezahlung sei dabei nebensächlich gewesen, denn er „habe große Angebote aus den Golfländern abgelehnt“, so Modeste. Ob das so stimmt, sei mal dahingestellt. Zumal der Franzose in diesem Sommer einen Wechsel auch provozierte. „Ich habe nur eine Karriere, um Titel zu holen, aber auch, um Geld zu verdienen“, sagte Modeste noch im Trainingslager der Kölner.
Der 1. FC Köln wird in der Debatte um den Wechsel am ehesten als Verlierer gesehen. Dabei hatte der Verein den Wechsel bitter nötig. Der Klub steckt in einer verheerenden finanziellen Lage und ist dringend darauf angewiesen, das Gehaltsniveau zu senken. Der 1. FC Köln müsse künftig „jeden Euro fünfmal umdrehen“, sagte der neue Finanzchef des Vereins, Philipp Türoff, kürzlich in einem Gespräch mit dem Kölner Express.
Da kommt der Abgang von Anthony Modeste dem Verein ganz gelegen. Circa Dreieinhalb Millionen Euro Jahresgehalt spart der FC durch den Abgang des Top-Verdieners nun ein. Und weitere fünf Millionen Euro Ablöse kommen oben drauf. Die Enttäuschung bei den Kölner Fans ist verständlich, die Empörung in der breiteren Öffentlichkeit hingegen weniger. Denn eigentlich war schon seit längerem klar: Der 1. FC Köln kann sich die Dienste von Anthony Modeste nicht länger leisten.