Auch für das Mittelfeld der Liga startet die Saison. Mit dabei: unruhige Zeiten in Wolfsburg, Kölner Merchandise-Alpträume und Hamburgs Balkan-Blitz.
FC Augsburg
Zugänge: Alfred Finnbogason (Real Sociedad), Takashi Usami (Gamba Osaka), Marvin Friedrich (Schalke 04) Gojko Kacar (Hamburger SV)
Abgänge: Jeong-Ho Hong (JS Suning), Ragnar Klavan (FC Liverpool), Tobias Werner (VfB Stuttgart)
Das ist außerdem neu:
Der Trainer: Dirk Schuster tritt die Nachfolge von Markus Weinzierl an. Dessen Jobprofil kennt Schuster schon aus Darmstadt: Großes aus einem kleinen Etat herauszuholen. Bei Darmstadt spielte er gegen Abstieg und hätte er den Klassenerhalt nicht geschafft – die Darmstädter Fans hätten ihm vermutlich trotzdem eine Statue gebaut. Jetzt, in Augsburg, wird er mit ganz anderen Erwartungen der Fans konfrontiert: Denn in diesem Jahr heißt es dort wieder Liga-Alltag statt Europa-Wahnsinn. Ochsentour nach Leipzig, Hoffenheim, Leverkusen statt Flutlicht in Liverpool oder Belgrad.
Wenn dieser Klub ein .gif wäre: Fußball-Deutschlands Reaktion, wenn in der Konferenz nach Augsburg geschaltet wird.
11FREUNDE-Prognose:
Es wird eine Saison im Konjunktiv. Wenn die Talente Dominik Kohr sowie Neuzugang Marvin Friedrich richtig durchstarten, wenn Halil Altintop sein Spätwerk veredelt und wenn Königstransfer Gojko Kacar einschlägt, könnte man eventuell … – Wahrscheinlicher ist aber: Augsburgs Saison ähnelt einer Kinderachterbahn in Südamerika: genauso weit entfernt von Europa wie von tiefen Abstürzen.
FC Ingolstadt 04
Zugänge: Florent Hadergjonaj (BSC Young Boys), Robert Leipertz (Schalke 04), Martin Hansen (ADO Den Haag), Sonny Kittel (Eintracht Frankfurt)
Abgänge: Benjamin Hübner (TSG Hoffenheim), Ramazan Özcan (Bayer Leverkusen), Danny Da Costa (Bayer Leverkusen)
Das ist außerdem neu:
Nachdem Ralph Hasenhüttl nach Leipzig abgewandert ist, heißt der neue Mann an der Seitenlinie: Markus Kauczinski. Ein Name, gemacht für einen Meisterbrief als Metallschmelzer im Tagebau. Dabei beförderte er als Trainer in Karlsruhe vielmehr Rohdiamanten wie Hakan Calhanoglu oder Grischa Prömel ans Licht.
Wenn dieser Klub ein .gif wäre: Arbeitsnachweis der Ingolstädter Stümer
11FREUNDE-Prognose:
Nur Absteiger Hannover schoss in der vergangenen Saison weniger Tore. Schlimmer noch, neun der gerade mal 33 Ingolstädter Saisontore waren verwandelte Elfmeter. Einen Knipser oder spielstarke Mittelfeldspieler hat Ingolstadt zur neuen Saison trotzdem nicht geholt. Entdeckt Späher Kauczinski keine Talente im Nachwuchs, wird’s mit dem Klassenerhalt schwerer, als zurzeit mit Audi-Aktien Dividenden zu erzielen.
Hamburger SV
Zugänge: Filip Kostic (VfB Stuttgart), Alen Halilovic (FC Barcelona), Bobby Wood (Union Berlin), Bakery Jatta (vereinslos)
Abgänge: Kerem Demirbay (TSG Hoffenheim), Zoltán Stieber (1. FC Kaiserslautern), Artjoms Rudnevs (1. FC Köln), Ivica Olic (1860 München), Ivo Ilicevic (vereinslos), Gojko Kacar (FC Augsburg)
Das ist außerdem neu:
Trotz neuer Kühne-Millionen, mit deren Hilfe die Rekordablösesumme von 15 Millionen Euro für Filip Kostic gestemmt wurde, erwartet keiner Wunder von der Mannschaft. Seit Bruno Labbadia im Amt ist, haben Pragmatismus und Demut wieder Einzug erhalten. Außer vielleicht bei berufsmäßigen Realitätsverdrängern wie Lotto King Karl.
Ansonsten wird sich zeigen, wie Neuzugang Bakery Jatta aus Gambia einschlägt. Der 18-Jährige kam im Sommer 2015 als Flüchtling von Gambia nach Deutschland. Nach einem Probetraining beim HSV bekam er tatsächlich einen Dreijahresvertrag. Die Voraussetzungen für ein astreines Fußballmärchen sind also vorhanden.
Wenn dieser Klub ein gif. wäre: „Dieses Jahr sind wir mal gaaanz vorsichtig mit den Saisonerwartungen. Ups.“
11FREUNDE-Prognose:
Der HSV hat den Kader sinnvoll entschlackt, die Neuzugänge sind namhaft und überlegt ausgewählt. Ein einstelliger Tabellenplatz sollte möglich sein – solange nicht nach den ersten Saisonsiege der typische HSV-Größenwahn Einzug hält und das Hamburger Boulevard ausrastet á la „Alen Ha-le-lu-ja-vic! Zaubert uns der Balkan-Blitz jetzt nach Europa?“ Nein, tut er nicht.
1. FC Köln
Zugänge: Sehrou Guirassy (OSC Lille), Marco Höger (Schalke 04), Artjoms Rudnevs (HSV), Konstantin Rausch (Darmstadt 98)
Abgänge: Yannick Gerhardt (VfL Wolfsburg), Kevin Vogt (TSG Hoffenheim)
Das ist außerdem neu:
Schwer zu sagen. Die Seriosität, die dank Trainer Peter Stöger auf die Mannschaft abstrahlt, wird mehr und mehr zum Grundton bei den Kölnern. Obwohl sie ständig von der neuentdeckten Kölsche-Frohnatur-Selbstironie-Vermarktungsprodukten sabotiert wird – wie durch einen kultigen Effzeh-Paillettenhut (blinkend dank LEDs in rot und weiß) oder das „Ganzkörperkostüm Hennes“. Aber: Merchandising-Umsatz ersetzt auch keine Liga-Dreier. Apropos Dreier: Davon hatte Köln in der letzten Saison gerade einmal zehn. Dem Remis als Punktelieferant (26 Unentschieden in zwei Jahren) wurde deshalb auf dem Transfermarkt entgegengesteuert. Dank der Neuzugänge kann Peter Stöger stürmischer aufstellen: Mit Rudnevs, Guirassy und Modeste sind nun drei klassische Neunen im Kader.
Wenn dieser Klub ein .gif wäre: Exklusiver Einblick in die Entwicklungsabteilung des Effzeh-Merch. Heute im Pitch: „Pappmaché-Nachbau des Rheinenergiestadions, Maßstab 1:1.“.
11FREUNDE-Prognose:
Der 1. FC Köln wird das Abo auf einen gesicherten Platz in der Tabellenmitte verlängern, die 40 Punkte werden wahrscheinlich schon vor Aschermittwoch 2017 erreicht. Lässt Stöger mehr auf Angriff spielen und geht dieser Plan auf, ist womöglich sogar die Europa League Qualifikation drin. Mit dem Abstieg wird der Effzeh ohnehin nichts zu tun haben – höchstens in die Niederungen des schlechten Geschmacks, in Form besagter Kölle-Alaaf-Vermarktung. Nur ein Schmankerl aus der letzten Saison…
VfL Wolfsburg
Zugänge: Yannick Gerhardt (1. FC Köln), Jeffrey Bruma (PSV Eindhoven), Mario Gomez (AC Florenz), Jakub Blaszczykowski (Borussia Dortmund), Daniel Didavi (VfB Stuttgart), Borja Mayoral (Leihe, Real Madrid)
Abgänge: André Schürrle (Borussia Dortmund), Max Kruse (Werder Bremen), Naldo (Schalke 04), Dante (OGC Nizza)
Das ist außerdem neu: Der VfL Wolfsburg ist kein ernstzunehmender Kandidat mehr für die oberen Ränge. In den vergangenen Jahren konnte man sich trotz schmerzhafter Abgänge immer wieder einen imposanten Kader zurecht puzzeln. Aber das entfaltet nun auch einen unangenehmen Effekt: Der VfL Wolfsburg ist zur Durchgangsstation geworden. Seit Julian Draxler vor einigen Wochen der „Bild“ Wolfsburgs Nachteile flüsterte (kein Nachtleben, keine sportliche Perspektive, keine halben Low-Carb-Hähnchen in der Knappenschmiede-Mensa) ist eines klar: Beim VfL wird es unruhig wie seit Zeiten von Felix Magath nicht mehr.
Wenn dieser Club ein gif. wäre: „Vertragsverlängerung?“
11FREUNDE-Prognose:
Manager Klaus Allofs und Trainer Dieter Hecking werden es schwer haben, den Verein wieder zu beruhigen. Einen Spieler-Exodus zu verhindern und gleichzeitig die Neuen zu integrieren, wird – nicht nur kurzfristig – den Ligaalltag belasten. Da kann man sich nur wünschen, dass Kronprinz Mario Gomez verhindert, dass der Klub im Niemandsland der Tabelle verödet – und man im kommenden Mai nicht über den ganzen Verein sagt, er müsse mal „gewendet werden“.
Hertha BSC
Zugänge: Ondrej Duda (Legia Warschau), Vedad Ibisevic (fest nach Leihe VfB Stuttgart), Allan (FC Liverpool U23)
Abgänge: Tolga Cigerci (Galatasaray Istanbul), Roy Beerens (FC Reading), Johannes van den Bergh (FC Getafe)
Das ist außerdem neu:
Hertha war in der vergangenen Saison die Überraschungmannschaft. Lange sah es aus, als könnte es sogar für die Champions League-Plätze reichen. Dann blieb jedem – selbst Marathonlunge Vladimír Darida – die Luft weg. Hertha keuchte sich durch den Saisonendspurt. Und setzte diesen Trend zu Beginn der neuen Saison fort. Vorläufiger Negativhöhepunkt: Das Ausscheiden in der Europa League-Quali Anfang August. Dárdai machte daraufhin Vedad Ibisevic zum neuen Kapitän, will Salomon Kalou in Zukunft als Spielmacher mehr in die Verantwortung nehmen.
Wenn dieser Club ein Gif wäre: „Pál Dárdai, kriegen Sie die Mannschaft wieder hin?“
11FREUNDE-Prognose: Pál Dárdai gelang es letztes Jahr, die alte Dame zu verwandeln: Hertha war plötzlich kraftvoll und dreckig wie ein Kirmisboxer in der Schlammgrube. Statt sich jedoch als hektischer Promoter zu inszenieren, blieb Dárdai unaufgeregter Verwalter. Er passt zu dieser Mannschaft. Deshalb wird ihm trotz schlechtem Start die Schubumkehr gelingen. Mit Sicherheit.
Viel spannender: Gelingt es Manager Michael Preetz, in diesem Jahr eine noch markantere Hornbrille aufzutragen? Wird er nach dem Weggang von Pep Guardiola zur Mode-Ikone der Liga und läuft in Oversize-Shirt und Nietenstiefeln zum Aufsichtsrat, um Altstyler Zecke Neuendorf zurück zu den Profis zu holen?