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Dr. Uwe Hart­tgen, Dr. Michael Wel­ling, wir ver­ein­baren, dass jeg­liche Ver­wen­dung des Begriffs schla­fender Riese“ in diesem Inter­view eine Runde Pommes Rot-Weiß kostet?
Wel­ling: Ein­ver­standen. Den Begriff würde ich ohnehin nur spöt­tisch-iro­nisch benutzen. Um ihn noch ernst­haft auf Rot-Weiss Essen anzu­wenden, warten wir hier schon zu lange darauf, wach­ge­küsst zu werden. Wir sind längst kein Dorn­rös­chen mehr.

Gibt es Begriffe, die sich für Rot-Weiss Essen besser eignen …
Hart­tgen: … als?

Genau, als …
H.: (Lacht.)
W.: Mein Dok­tor­vater hat gesagt: Wer immer nur von rie­sigen Poten­tialen spricht, ohne dass sich was ändert, macht viel falsch.“
H.: Fans sollen träumen. Träume sind gut und wichtig. Aber unsere Rea­lität heißt vierte Liga, damit müssen wir uns aus­ein­an­der­setzen.

Ist es ein Vor­teil, dass nach der Insol­venz 2010 und Jahren, in denen das Geschäfts­ge­baren von RWE nicht immer seriös war, nun zwei Pro­mo­vierte den Klub reprä­sen­tieren?
W.: Wir rennen beide nicht mit dicker Hose rum, nur weil wir pro­mo­viert sind.
H.: Dafür habe ich den Doktor bestimmt nicht gemacht.
W.: Aber mög­li­cher­weise sorgt ein Titel über drei­zehn Ecken bei dem ein oder anderen unter­be­wusst dafür, dass er denkt: Da hat sich in der Füh­rungs­etage von Rot-Weiss Essen wohl etwas getan.“

Rot-Weiss Essen ist der viel­leicht pro­le­ta­rischste Klub, den es in Deutsch­land gibt. Wie kommen die Dok­toren in der West­kurve an?
W.: Aka­de­mi­sche Titel werden hier seit Anfang der Neun­ziger eher skep­tisch gesehen. Damals ver­an­schlagte ein RWE-Prä­si­dent einen Doktor-Titel für sich, den er sich eher gut­ten­berg­artig erschli­chen hatte. Ein Pro­blem, das sich ergab, als nun Uwe hier anfing, war, dass mich viele Fans Doc“ riefen. Nun fragten einige, wie sie wei­ter­ver­fahren sollten: Doc wi“ und Doc spo“?

RWE ver­steht sich als Tra­di­ti­ons­klub, doch die letzten Dekaden sind geprägt von Pleiten, Pech und Pannen. 2006 spielte der Klub das letzte Mal in der zweiten Liga. 2010 war RWE insol­vent. 2012 gab es einen Wett­skandal. 2013 wurde die Eröff­nung des neuen Sta­dions von einem Was­ser­schaden über­schattet. Aktuell steht ein Spieler wegen Dopings vor dem Sport­ge­richt. Es scheint, als sei der Klub ein stän­diges Pro­vi­so­rium?
W.: Ich würde nicht von einem Pro­vi­so­rium spre­chen. Die Rea­lität ist: Wir sind ein Verein in einem unfassbar schönen Sta­dion, der sich in der vierten Liga mit einem aktu­ellen Zuschau­er­schnitt von über 9000 behaupten will.
H.: Wir sind zwei­fellos ein ambi­va­lenter Klub: Fuß­ball­lei­den­schaft und deutsch­land­weite Bekannt­heit stehen im Gegen­satz zu Insol­venz und der Rea­lität in der Regio­nal­liga. Der Verein lebt ständig mit dem Han­dicap. Aber gerade das macht es so span­nend, hier zu arbeiten.

Sie sind Herbst­meister in der Regio­nal­liga. Sie behaupten sich ganz gut.
H.: Ich kann aber nicht ein­fach in den großen Topf langen und aus­wählen, welche Spieler ich haben will. Ich muss kreativ sein, um den Klub vor­an­zu­bringen.
W.: Wir hatten Spieler aus den U23-Teams der Bun­des­li­gisten zum Vor­stel­lungs­ge­spräch hier, denen blieben die Münder offen stehen, als sie hörten, wie wenig sie in Essen ver­dienen können.
H.: Wegen des Geldes kommt keiner hierher. Den­noch ist es uns gelungen, cha­rak­ter­starke Spieler mit unseren Mög­lich­keiten als Verein über­zeugen.

Wie hoch ist der aktu­elle Spie­ler­etat?
W.: Beim Gesamt­etat sind wir in der Regio­nal­liga West – abge­sehen von den Ama­teur­teams der Bun­des­li­gisten – in der Spit­zen­gruppe. Bei den Auf­wen­dungen für die erste Mann­schaft aber liegen wir deut­lich hinter den U23-Teams und ali­men­tierten Klubs wie Vik­toria Köln.