Otto Addo war Nationalspieler Ghanas und Deutscher Meister mit dem BVB. Jetzt ist er bei Borussia Mönchengladbach als Übergangstrainer tätig. Und damit ein Pionier.
Otto Addo, Sie üben aktuell einen Job aus, den es so in der Bundesliga noch nicht gibt oder gab. Wie lautet Ihre genaue Berufsbezeichnung?
Das ist gar nicht so leicht, ich habe noch keine Visitenkarte. (Lacht.) Man könnte aber sagen: Ich bin hauptverantwortlich für den Übergangsbereich, die Toptalente bei Borussia Mönchengladbach. Das zieht sich von der U17 bis in den Lizenzspielerkader. Außerdem halte ich Kontakt zu den Spielern, die Gladbach für den Moment verliehen hat, besuche auch deren Spiele und geben ihnen Feedback.
Wie definieren Sie diesen Übergangsbereich? Wer zählt alles zu den Toptalenten?
Vor allem sind das die jungen Spieler der Profimannschaft, die noch nicht ganz ausgereift sind, mit denen die Trainer im Alltag nicht immer an allen Details arbeiten können, denen sie nicht permanent das ganz ausführliche Feedback geben können. Dieter Hecking hat etwa noch andere Aufgaben: Gegneranalyse, Trainingsvorbereitung, Gespräche mit den etablierten Spielern. Also ist es mein Job, den Jungs Feedback zu geben, ganz individuell. Und darüber hinaus machen wir noch ein spezifisches Extra-Training, um an den jeweiligen Schwächen zu arbeiten.
Was ist mit jungen Spielern gemeint? Gibt es da eine Altersgrenze?
Es geht um die Spielerfahrung, nicht um das reine Alter. Wir haben das vor der Saison mit Roland Virkus, dem Leiter der Nachwuchsabteilung, und Max Eberl besprochen und beschlossen, wer alles dazuzählt. Nico Elvedi zum Beispiel ist mit seinen 21 Jahren auch noch ein junger Spieler, hat aber schon über 50 Bundesligaspiele. Kwame Yeboah hingegen (Stürmer der U23, d. Red.) ist zwar schon 23 Jahre alt, hat aber noch keine Erstliga-Erfahrung. Also haben wir ihn mit reingenommen.
Wie sieht das Training im Detail aus?
Wir arbeiten vor allem positionsbezogen. Das heißt, wir ziehen die Abwehrspieler zusammen und schauen, dass wir im Verbund an einzelnen Punkten arbeiten. Da gehen wir auch darauf ein, was die jeweiligen Cheftrainer der Mannschaften uns mitgegeben haben: Was sind die Stärken, was sind die Schwächen?
Unterscheidet sich das denn vom üblichen Mannschaftstraining?
In meinen Übungsformen geht es viel um Wiederholungen, aber auch darum, Entscheidungen zu treffen. Wann rückt man raus als Abwehrspieler, wann bleibt man lieber hinten? Das sind Dinge, die man im Mannschaftsverbund selten übt. Im normalen Training geht es mehr um das große Ganze, um das taktische Verhalten für die gesamte Gruppe.
Also sind bei Ihnen die Grundlagen angesagt?
Mit Reece Oxford haben wir etwa daran gearbeitet, wie er Flanken zur Seite klärt. Da hatte er in der Saisonvorbereitung und in den Testspielen ein paar Probleme. Also versuchen wir, dass sich über stete Wiederholung Automatismen entwickeln. Wichtig ist aber auch, sich um die Jungs zu kümmern, mit ihnen zu sprechen, mit ihnen essen zu gehen. Um sie privat kennenzulernen, ihre Familien kennenzulernen und zu verstehen, wo vielleicht Probleme sind. Es ist wichtig, dass die Jungs das Vertrauen spüren. Nur auf dieser Basis kann man auf dem Platz vernünftig arbeiten.
Sie haben genau diesen Job bereits beim FC Nordsjælland ausgeübt. Wie sind Sie in Dänemark gelandet?
Der Präsident des Klubs ist Engländer und hat eine Akademie in Ghana. Er suchte jemanden, der sich mit der europäischen, aber auch mit der afrikanischen Kultur auskennt. Über einen Scout von Manchester City, den ich kenne, ist der Verein dann auf mich gekommen.
Bei Nordsjælland spielte zu Ihrer Zeit auch ein gewisser Emre Mor.
Emre war anfangs kaum integriert und stand kurz vor dem Rausschmiss. Mit ihm habe ich mich zwei, drei Mal die Woche getroffen, auch mal einen Döner gegessen. Am Ende hat sich das total ausgezahlt. Emre hat sich sehr gut entwickelt, vor allem auch innerhalb der Mannschaft an Akzeptanz gewonnen und einen guten Zugang zu seinen Mitspielern gefunden. Danach konnte er die Leistung abrufen, die wir von ihm erwartet haben, weshalb ihn der Klub am Ende für neun Millionen Euro nach Dortmund verkaufen konnte. Das ist für mich das beste Beispiel, was man neben dem Platz bewirken kann, um am Ende für den Jungen, aber auch für den Verein, das Beste zu erreichen.
Und wieso dann der Wechsel zu Borussia Mönchengladbach?
Ich wollte wieder nach Deutschland. Der Fußball hier ist doch einfach bedeutender, die Strukturen sind besser. Also hat mein Berater sich umgeschaut und mit mehreren Vereinen unterhalten. Und einer davon war Gladbach.
War Max Eberl ein harter Verhandlungspartner?
Es war auszuhalten. (Lacht.) Es waren sehr gute Gespräche, auch mit Dieter Hecking. Ich bin vor allem dankbar und froh, dass ich jetzt für den Verein arbeiten darf.
Und irgendwann sehen wir Sie als Cheftrainer, der die Früchte seiner Arbeit erntet?
Jeder Trainer ist ambitioniert. Ich fühle mich aber in meiner Rolle wohl und bin mir sicher, dass ich das die nächsten Jahre mache. Was dann kommt, muss man sehen.